Testierfähig trotz Parkinson-Erkrankung

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Mit nunmehr veröffentlichtem Beschluss vom 09.05.2023 hat das Kammergericht (Aktenzeichen: 6 W 48/22) entschieden, dass der bereits seit 6 Jahren an Parkinson leidende Erblassers trotz ersichtlicher motorischer Störungen testierfähig war. 

Die Parkinson-Erkrankung ist dem Kammergericht zufolge kein einheitliches Krankheitsbild, sondern ein typischer Symptomkomplex aus vorwiegend motorischen Symptomen. Sie ist eine chronisch progressive neurodegenerative Erkrankung, die durch vorwiegend motorische Symptomatik charakterisiert ist. Solche wurde bei dem Erblasser beschrieben, nämlich Gangunsicherheit, Stürze, Rigor, Zittern, Verlangsamung der Denkabläufe, Sprechstörungen. Danach geht mit einer Parkinson-Erkrankung eine Einschränkung der freien Willensbestimmung gerade nicht automatisch einher, sondern diese kann nur dann angenommen werden, wenn sie sich aufgrund der konkret feststellbaren Symptomatik im Verhalten des Erblassers manifestiert hätte. Dies war nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht hinreichend sicher der Fall. 

Der Beschluss setzte sich aber noch mit einer zweiten interessanten erbrechtlichen Frage auseinander: Kann ein Testament wirksam auf die Rückseite einer Speisekarte geschrieben werden?

Hierzu führte das Kammergericht aus:

Darüber hinaus besteht auch trotz des verwendeten Papiers – der blanko Rückseite eines Ausdrucks des Speiseplanes eines Cafés – kein ernstlicher Zweifel daran, dass der Erblasser das Schriftstück mit dem Datum 05.09.2020/04.11.2020 mit ernstlichem Testierwillen errichtet hat. Es spricht aus Sicht des Senats auch nichts dafür, dass es sich lediglich um einen Entwurf handeln könnte. Ob ein solcher ernstlicher Testierwille vorgelegen hat, ist dabei im Wege der Auslegung gem. § 133 BGB unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilen. Dabei sind, sofern die Form des Schriftstücks nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten entspricht, an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen. Andererseits schreibt das Gesetz zur Errichtung eines eigenhändigen Testaments nicht die Verwendung eines bestimmten Schriftträgers vor. Für die Ermittlung des Testierwillens bei Verwendung eines solchen Schriftträgers ist nicht die Wahl des Schreibmaterials maßgeblich, sondern die Frage, ob sich das Papier zur Fixierung der Schriftzüge eignet und nicht etwa aus der Wahl des Schreibmaterials erkennbar wird, dass der Erblasser seine Verfügung ernstlich gar nicht hat treffen wollen. Daran besteht aber hier kein durchgreifender Zweifel, weil das Dokument mit „Mein Testament“ überschrieben, mit dem vollen Namen und Geburtsdatum des Erblassers sowie des Begünstigten in einem für Testamente üblichen Wortlaut geschrieben, mit Ort und Datum versehen und von dem Erblasser unterschrieben ist. In diesem Fall spricht schon die inhaltliche Gestaltung und Ausdrucksform für eine mit Testierwillen verfasste Erklärung. Gegen das Vorliegen lediglich eines Entwurfs spricht auch, dass der Erblasser am [...] auf demselben Blatt, welches in die besondere amtliche Verwahrung bei dem Nachlassgericht gegeben wurde, eine Ergänzung angebracht hat, womit die Verfügung vom 05.09.2020 zugleich bestätigt wurde.

Die Entscheidung im Volltext können sie auf der Homepage der Kanzlei Stenz & Rogoz nachlesen.

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Foto(s): Carolin Rogoz

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