Testierfähig trotz schwerer Erkrankung

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Eine schwere Erkrankung bedeutet nicht automatisch Testierunfähigkeit. Das zeigt auch ein Urteil des Kammergerichts Berlin vom 9. Mai 2023. Es entschied, dass ein Testament gültig ist, auch wenn der Erblasser seit Jahren schwer an Parkinson erkrankt war und unter motorischen Störungen litt (Az.: 6 W 48/22).

Der Erblasser hatte zunächst ein gemeinschaftliches Testament mit seiner Ehefrau errichtet, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben und eine Nichte zur Schlusserbin einsetzten. Dabei behielten sie sich das Recht vor, nach dem Tod eines Ehepartners die Einsetzung des Schlusserben zu ändern. Die Ehefrau verstarb zuerst und der seit Jahren schwer an Parkinson erkrankte Mann änderte das Testament. Statt der Nichte setzte er seinen Nachbarn in einen handschriftlich verfassten Testament als Alleinerben ein.

Nach dem Tod des Erblassers beantragte der Nachbar den Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist. Dagegen ging die Nichte vor. Sie erklärte die Anfechtung des Testaments. Sie stellte die Echtheit des Dokuments in Frage und bezweifelte, dass der Erblasser aufgrund seiner Erkrankung noch testierfähig war.

Das Nachlassgericht hat durch Einschätzungen der behandelnden Ärzte der Erblassers, des Pflegepersonals und durch die Einholung einen Sachverständigengutachtens festgestellt, dass der Erblasser testierfähig war und das Testament wirksam erstellt wurde. Der Nachbar sei zum Alleinerben geworden.

Die Nichte wandte sich gegen diesen Beschluss, scheiterte jedoch vor dem Kammergericht Berlin. Das KG bestätigte die Einschätzung, dass der Erblasser seinen Nachbarn wirksam zum Alleinerben eingesetzt hat.

Durch die Parkinson-Erkrankung habe der Erblasser zwar unter Störungen der Feinmotorik gelitten, sie habe ihn aber nicht an der Erstellung handschriftlicher Texte gehindert. Er habe z.B. immer noch Einkaufslisten geschrieben und Unterschriften geleistet. Auch der Vergleich des Schriftbildes zeige, dass das handschriftliche Testament vom Erblasser verfasst worden sei, so das KG Berlin.

Der Erblasser habe zwar durch seine Parkinson-Erkrankung motorische Störungen gezeigt. Es gebe aber keine Hinweise auf eine sog. Parkinson-Demenz, die sich deutlich einschränkend auf eine freie Willensübung auswirken kann. Davon sei beim Erblasser nach dem Sachverständigengutachten nicht auszugehen, so dass auch keine Testierunfähigkeit vorliege, führte das Gericht weiter aus.

Das Testament sei zwar auf der Rückseite eines Speiseplans erstellt worden. Daraus lasse sich aber nicht auf einen fehlenden Testierwillen schließen, so das KG Berlin. Dagegen spreche schon, dass die letztwillige Verfügung mit „Mein Testament“ überschrieben ist und auch im Wortlaut den Nachbarn unmissverständlich zum Alleinerben einsetzt. Zudem habe der Erblasser einige Tage später noch einen Zusatz erstellt, mit dem er die getroffene Verfügung ergänzt und nochmals bestätigt hat. Auch das spreche für den Testierwillen, machte das KG Berlin deutlich.

„Ein entscheidender Punkt für die Testierfähigkeit ist, dass der Testierende eine ausreichende Einsichts- und Willensbildungsfähigkeit hat. Die Testierfähigkeit geht somit mit einer schweren Erkrankung nicht automatisch verloren. Um Erbstreitigkeiten zu vermeiden, sollte ein Testament aber möglichst frühzeitig erstellt werden“, sagt Rechtsanwalt Hansjörg Looser, BRÜLLMANN Rechtsanwälte.

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