TEURE STURMFOLGEN: WANN ZAHLT DIE VERSICHERUNG?

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Antonia, Ylenia und Zeynep: Gerade nach den Sturmtiefs der letzten beiden Wochen stehen viele Versicherungsnehmer nun vor hohen Schadensbeseitigungskosten. Von einem Sturm – auch im Sinne der meisten Versicherungsbedingungen – spricht man bei Windgeschwindigkeiten ab 62 km/h. Dann ist die Windstärke 8 auf der Beaufort-Skala erreicht. Doch wann ist ein Schaden auch als Sturmschaden von der Wohngebäudeversicherung umfasst? 

Mit dieser Frage haben sich die Gerichte schon mehrfach befasst. 

Der Nachweis eines Sturmschadens

So hat beispielsweise das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken sich mit Urteil vom 09.10.2020 (Az: 5 U 61/19) zu der Frage geäußert, wann der Nachweis eines versicherten Sturmschadens erbracht ist. 

In dem entschiedenen Fall machte die Versicherungsnehmerin Schäden an der Verkleidung von drei Kaminen als Sturmschäden geltend. Der Wohngebäudeversicherer war jedoch der Auffassung, dass die Schäden aufgrund des maroden Zustands schon bei geringeren Windstärken hätten entstehen können. Die Ursächlichkeit eines Sturms für den Schaden wurde damit in Abrede gestellt. Das Landgericht hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Die Klägerin verfolgte ihr Klagebegehren mit Einlegung der Berufung weiter. 

Mindestens Windstärke 8 am Versicherungsort

Nach Ansicht des Gerichts muss für den Nachweis eines Versicherungsfalls bewiesen werden, dass zu dem konkreten Zeitpunkt tatsächlich wetterbedingte Luftbewegungen der Windstärke 8 Bft. am Versicherungsort geherrscht haben. Dies kann durch den Verweis auf gemessene Windstärken an umliegenden Wetterstationen erfolgen. Diese Messungen müssen aber den Schluss auf die Verhältnisse am Schadensort und zum Schadenszeitpunkt mit der notwendigen Gewissheit zulassen. Dieser Nachweis kann jedoch nur selten mit der erforderlichen Gewissheit geführt werden. So lag es auch in diesem Fall. An vier umliegenden Messstationen wurde zwar kurzfristig der erforderliche Grenzwert knapp überschritten. Die Messstationen befanden sich allerdings in exponierter Höhenlage. Da das versicherte Grundstück in einem Talkessel liegt, konnte nicht mit der erforderlichen Gewissheit auf ein Sturmereignis am Schadensort geschlossen werden. 

Beweiserleichterungen zum Nachweis eines Sturms

Deswegen gewährten die zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen Beweiserleichterungen. Einerseits wird ein Sturm auch dann unterstellt, wenn in der Umgebung des Versicherungsgrundstücke durch Luftbewegung Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand entstehen. Andererseits reicht es auch aus, wenn die Schäden aufgrund des einwandfreien Zustands des versicherten Gebäudes nur durch einen Sturm entstanden sein können. In dem entschiedenen Fall konnte die Versicherungsnehmerin weder das Vorliegen eines Sturms noch die Voraussetzungen für eine der Beweiserleichterungen nachweisen. Die Berufung der Klägerin hatte daher keinen Erfolg – der Versicherer musste die Schäden nicht ersetzen. 

Schaden durch „unmittelbare Einwirkung“ des Sturms

Das OLG Zweibrücken hatte unter anderem über die Frage zu entscheiden, wann ein Schaden durch die „unmittelbare Einwirkung“ eines Sturms entstanden ist. Konkret ging es um Ansprüche gegen den Wohngebäudeversicherer wegen eines umgestürzten Zauns. Der Zaun war als Einfriedung von den zugrundeliegenden AVB umfasst. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2020 (Az: 1 U 181/19) wies das OLG die vom Kläger eingelegte Berufung gegen das klageabweisende Urteil der Vorinstanz zurück. 

Mitursächlichkeit grundsätzlich ausreichend

Das OLG bestätigte die Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts dahingehend, dass für die „unmittelbare Einwirkung“ eine Mitursächlichkeit des Sturms ausreicht. Es genüge, wenn der Sturm als zeitlich letzte Schadensursache neben anderen den „Anstoß“ für den Schadenseintritt gegeben habe. In dem streitigen Fall hatte es unstreitig Luftbewegungen der Windstärke 8 und damit einen Sturm gegeben. Der Versicherer war jedoch nicht einstandspflichtig, weil er beweisen konnte, dass der Schaden schon bei einer niedrigeren Windstärke eingetreten ist. Dies folgte hier aus einem Sachverständigengutachten. Aufgrund des maroden Zustands des Zauns sei schon ein Sturm der Windstärke 7 geeignet gewesen, die eingetretenen Beschädigungen hervorzurufen.

Ausschlaggebend: Sturm als zeitlich letzte Ursache

Auch das OLG Hamm hatte in einem Fall über die Frage der Unmittelbarkeit zwischen Sturm und entstandenem Schaden zu entscheiden. Mit Urteil vom 25. September 2017 (Az: I-6 U 191/15) entschied es, dass auch ein Baum, der erst Tage nach einem Sturm umstürzt, noch einen versicherten Sturmschaden an dem Versicherungsobjekt verursachen kann.

In dem Fall war durch einen Sturm ein Baum entwurzelt worden, dieser kippte jedoch erst sechs Tage nach dem Sturm auf das versicherte Gebäude. Das OLG entschied, dass eine zeitliche Unmittelbarkeit zwischen Sturm und Schadenseintritt nicht unbedingt erforderlich ist. Ausschlaggebend sei, dass zwischen die Ursache „Sturm“ und dem Eintritt des Versicherungsfalls keine weitere Ursache tritt. Der Sturm müsse die zeitlich letzte Ursache des versicherten Ereignisses sein. In diesem Fall traf den Versicherer demnach die Pflicht zur Leistung.

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