Thema Erbrecht: Aussetzung des Erbschaftsprozesses wegen eines laufenden Erbscheinsverfahren
- 2 Minuten Lesezeit
Laut Entscheidung des OLGs Rostock (Beschluss vom 30.03.2023, Az. 3 W 30/23) kann das Gericht gemäß § 148 ZPO anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist.
Die Aussetzung setzt also voraus, dass ein anderer anhängiger Rechtsstreit vorgreiflich ist. Vorgreiflichkeit liegt vor, wenn in einem anderen Prozessverfahren eine Entscheidung ergeht, die für das auszusetzende Verfahren entscheidungsrelevant ist.
Im vorliegenden Fall bekam ein Sohn von seiner Mutter ein Darlehen in Höhe von 41.800,00 €. Die Mutter verstarb später. Die Tochter geht davon aus, dass sie und ihre weitere Schwester von ihrer Mutter gemäß einem notariellen Testament Erbe geworden sind.
Daher verklagte die Schwester ihren Bruder beim Landgericht auf Rückzahlung des Darlehens.
Der Sohn geht davon aus, dass er Alleinerbe nach einem früheren Testament geworden ist und zweifelt wegen Testierunfähigkeit der Mutter das notarielle Testament an.
Bruder und Schwester beantragten beide einen Erbschein.
Das Landgericht setzt bis zur Entscheidung des Nachlassgerichts, wer Erbe geworden ist, den Rechtsstreit aus.
Um ein Prozessverfahren auszusetzen, wird vorausgesetzt, dass das andere Verfahren vorgreiflich ist. Wie oben bereits beschrieben, liegt Vorgreiflichkeit vor, wenn in einem anderen Verfahren eine Entscheidung ergeht, die für das auszusetzende Verfahren entscheidungsrelevant ist. Das Landgericht ist nicht an die Feststellung des Nachlassgerichts gebunden. Der Erbschein enthält lediglich die formelle Bescheinigung des Erbrechts, nicht aber eine inhaltliche Entscheidung. Eine Aussetzung des Erbschaftsprozesses ist bis zur Entscheidung des Erbscheinsverfahrens unzulässig.
Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Oliver Thieler, LL.M. von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH erstellt.
Rechtsanwalt Oliver Thieler, LL.M. ist seit Jahren u.a. im Bereich des internationalen länderübergreifenden Erbrechts tätig und Autor der Publikation: "Richtig Erben und Vererben".
Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertritt Sie deutschlandweit und spezialisiert insbesondere in folgenden Rechtsgebieten: Betreuungsrecht, Erbrecht, Immobilien- und Mietrecht, Schenkungsrecht und Steuerrecht.
Sollten Sie einem ähnlichen Erbrechtsfall ausgesetzt sein und/oder benötigen Sie rechtlichen Rat zum Thema Erbrecht, so zögern Sie bitte nicht und melden Sie sich bei der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. Thieler – Prof. Dr. Böh – Thieler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Sie können uns entweder unter 089/44 232 990 anrufen oder per E-Mail muenchen@rechtsanwalt-thieler.de erreichen oder das Kontaktformular verwenden.
Weitere Informationen finden Sie unter www.rechtsanwalt-thieler.de
Artikel teilen: