Thema Strafrecht: Gang/Kosten des Strafverfahrens und Verhaltensweisen im Ermittlungsverfahren

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Auch sonst "unbescholtene" Bürger können einer Straftat verdächtig sein. Ein Beispiel aus der Praxis: Der Mandant passt hinterm Steuer kurz nicht auf und fährt einen Radfahrer an. Der Radler wird dadurch verletzt.  Der Tatbestand der "fahrlässigen Körperverletzung" ist erfüllt. Normiert in § 229 StGB. Hierfür können Sie bis zu drei Jahre ins Gefängnis gehen. 

Sie merken schon: Um einer Straftat verdächtig zu sein oder gar verurteilt zu werden, braucht es manchmal nicht notwendig eine besondere kriminelle Energie. Oben genanntes Szenario kann so gut wie jedem Widerfahren. Daher möchte ich Ihnen kurz die Stadien des Strafverfahrens erläutern und in Kenntnis setzen, was es hier möglichst zu beachten gilt.


A. Ermittlungsverfahren

Das erste Stadium eines Strafverfahrens nennt sich Ermittlungsverfahren. Dieses wird eröffnet, sobald ein Anfangsverdacht gegen Sie besteht, die Polizei oder Staatsanwaltschaft also Wind von einer Straftat bekommt. In diesem Stadium sind Sie bereits "Beschuldigter". Unabhängig davon, ob Sie die Tat begangen haben oder nicht. Wie der Name schon sagt, wird in diesem Stadium der Sachverhalt von Amts wegen ermittelt.

Von der Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens werden Sie in der Regel dadurch in Kenntnis gesetzt, dass Sie einen Brief der Polizei bekommen, in dem Sie eingeladen werden, an einem bestimmten Termin bei der Polizei zu erscheinen und eine Aussage zu den Vorwürfen zu machen. Diese Schreiben sind oft so gestaltet, dass sie suggerieren, Sie seien zu einer Aussage oder zum Erscheinen verpflichtet, indem Ihnen z.B. aufgegeben wird, sich bei Verhinderung abzumelden. 

Sie haben per Gesetz das Recht zu schweigen! Auch wenn diese Schreiben erstmal ziemlich einschüchternd daherkommen, sind Sie weder verpflichtet zu dem Termin zu erscheinen, noch diesen abzusagen. 

Mein Tipp: Holen Sie sich bereits in diesem Verfahren einen rechtlichen Beistand. Dieser hat im Gegensatz zu Ihnen ein vollumfängliches Recht auf Akteneinsicht und kann herausfinden, warum sich der Tatverdacht gegen Sie richtet. Außerdem ist es dem Anwalt in diesem Stadium bei kleineren Delikten, die mit Geldstrafe oder geringer Freiheitsstrafe geahndet werden, oftmals schon möglich das Verfahren gegen Sie komplett (ggf. gegen Geldauflage, Sozialstunden oder ähnlichen Sanktionen) einstellen zu lassen. 

Was Sie auf keinen Fall machen sollten: Machen Sie keine Einlassung bei der Polizei. Egal, für wie unschuldig Sie sich halten oder wie ungerecht Sie sich behandelt fühlen. Oft kommen die Mandanten erst zu mir, wenn Sie die Sache durch eine umfangreiche Einlassung bei der Polizei selber aus der Welt schaffen wollten, sich jetzt aber mit einer Anklage (dazu später) konfrontiert sehen. Mit einer Einlassung schneiden Sie Ihrem Anwalt einige Handlungsmöglichkeiten ab. Sind Sie vermeintlich "auf frischer Tat" ertappt worden, sollten Sie ebenfalls keine Erklärungsversuche starten. Dies bringt Ihnen keine Vorteile im späteren Verfahren.

B. Zwischenverfahren

An das Ermittlungsverfahren schließt sich das Zwischenverfahren an. 

Hat sich der Verdacht nach Aktenlage gegen Sie erhärtet, besteht also ein hinreichender Tatverdacht, erhebt die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen Sie. 

In dieser steht, welches Delikt und warum Ihnen dieses  vorgeworfen wird. Sie sind nun nicht "Beschuldigter", sondern "Angeschuldigter".

Einwände gegen die Zulassung der Anklage sind zwar möglich, spielen in der Praxis aber kaum eine Rolle. In der Regel wird die Anklage durch das Gericht zugelassen. 

C. Hauptverfahren

Dem Zwischenverfahren folgt das Hauptverfahren. 

Sie müssen sich nun offiziell "Angeklagter" nennen lassen. In diesem Stadium kommt es zur Gerichtsverhandlung, bei der Sie persönlich anwesend sein müssen. Dort werden ggf. Zeugen gehört oder andere Beweismittel gesichtet. Ob Sie sich in der Verhandlung zu den Vorwürfen äußern sollten, ist von Fall zu Fall unterschiedlich und sollte im Vorfeld mit Ihrem Anwalt besprochen werden. 

Auch in diesem Stadium des Verfahrens kann Ihnen ein erfahrener Verteidiger bei kleineren Delikten auch bei eindeutiger Beweislage gegen Sie noch zu einer Einstellung des Verfahrens verhelfen. Diese hat den Vorteil, dass Sie weiterhin als nicht vorbestraft gelten. 

D. Kosten

Ich kann Ihnen nur eindringlich raten, sofort bei Kenntnis eines Ermittlungsverfahrens gegen Sie, einen Anwalt zu beauftragen, der Sie vertritt. Hier gilt aber auch der Grundsatz "besser spät als nie". Selbst die Hinzuziehung eines Verteidigers erst im Hauptverfahren kann Ihnen noch erhebliche Vorteile bringen. Stellen Sie sich der Staatsmacht auf keinen Fall alleine. 

Sollten Sie sich keinen Beistand leisten können, so wird Ihnen nicht automatisch (wie oft in Filmen dargestellt) ein Anwalt gestellt. Ob eine Pflichtverteidigung in Betracht kommt, hängt in Deutschland von verschiedenen Voraussetzungen (z.B. Straferwartung) ab. Mittellosigkeit ist keine davon. Lassen Sie sich diesbezüglich im Vorfeld von Ihrem Anwalt beraten. 

Verschiedene Anwälte nehmen verschiedene Gebühren, daher kann ich hier nur für mich sprechen: 

Ich rechne streng nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ab. Das heißt, ich nehme nur das, was der Gesetzgeber als angemessen erachtet. Je nach Aufwand und Verfahrensstadium nehme ich in der Regel 700,00 - 1.000,00 € für eine Verteidigung (je nachdem in welchem Stadium des Verfahrens ich beauftragt werde auch mal weniger). Meiner Kenntnis nach, liegt diese Summe im Durchschnitt, wenn nicht sogar etwas darunter. 

Es gibt Anwälte (grade in größeren und vermeintlich renommierten Kanzleien), die sogenannte Gebührenvereinbarungen mit den Mandanten abschließen. Das heißt, diese nehmen zusätzlich zu den Gebühren nach RVG noch eine Extra Gebühr. Diese kann bis zu 2.000,00 € betragen oder darüber liegen. 

Verkauft wird den Mandanten das in der Form, dass gesagt wird, die Gebühren nach RVG würden den Aufwand nicht abdecken. Grade bei kleineren Delikten kann ich diese Argumentation aber ins Reich der Märchen verabschieden. Sollten Sie auf so eine Kanzlei stoßen, können Sie natürlich im Rahmen Ihrer Vertragsfreiheit darauf eingehen und frei nach dem Motto "Was viel kostet, ist auch viel Wert" agieren. 

Informieren Sie sich aber am Besten im Vorfeld bei 2-3 Kanzleien darüber, was eine Verteidigung kostet. Seriöse Kollegen werden nicht zögern, Ihnen zumindest eine ungefähre Summe zu nennen. 

Haben Sie noch Fragen zum Strafverfahren oder werden selber beschuldigt eine Straftat begangen zu haben? Dann können Sie sich gerne an mich und mein Team telefonisch, per Mail oder Fax wenden. 


Mit freundlichen Grüßen


Andreas Nieweg

Rechtsanwalt




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