Tiny Houses (Minihäuser) – die Hürden im Straßenverkehrsrecht (Teil 2 1/2)

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Die Fragen, was unter den sogenannten „Tiny Houses“ zu verstehen ist und welche baurechtlichen Vorschriften die Freiheiten, die ein „Tiny House“ mit sich bringt, einschränken, wurden bereits im ersten Teil: „Tiny Houses (Minihäuser) – Die Freiheit von baurechtlichen Vorgaben?“, behandelt. In diesem Beitrag soll es um die mobilen „Tiny Houses“ auf Anhängern und Wägen gehen, die im öffentlichen Straßenverkehr unterwegs sind, wo sie nicht mehr dem Baurecht, sondern dem Straßenverkehrsrecht unterliegen.

Braucht ein mobiles „Tiny House“ eine Straßenverkehrszulassung?

Auf deutschen Straßen gelten das Straßenverkehrsgesetz (StVG), die Straßenverkehrsordnung (StVO), die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) und die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO).

Grundsätzlich müssen Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger, die auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden sollen, von der zuständigen Behörde zum Verkehr zugelassen sein, § 1 Abs. 1 StVG. Das Zulassungsverfahren ist durch die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) geregelt. Der Zulassungspflicht im Straßenverkehr unterliegen Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als sechs km/h und ihre Anhänger, § 1 FZV. Konkretisiert werden die Anforderungen für die Zulassung durch § 3 Abs. 1 FZV: Fahrzeuge dürfen auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind. Die Zulassung wird auf Antrag erteilt, wenn das Fahrzeug einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist und eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung besteht. Die Zulassung erfolgt durch Zuteilung eines Kennzeichens, Abstempelung der Kennzeichenschilder und Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung.

Typengenehmigung oder Einzelgenehmigung?

Es gibt zum einen die allgemeine Betriebserlaubnis für Typen (abgekürzt: ABE). Die Betriebserlaubnis belegt die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs. Für reihenweise zu fertigende oder gefertigte Fahrzeuge kann die Betriebserlaubnis einem Hersteller nach einer auf seine Kosten vorgenommenen Prüfung allgemein erteilt werden, wenn er die Gewähr für zuverlässige Ausübung der dadurch verliehenen Befugnisse bietet, § 20 Abs. 1 StVZO. Über eine solche allgemeine Betriebserlaubnis entscheidet das Kraftfahrt-Bundesamt, das unter anderem einen amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr mit der Begutachtung beauftragen kann, § 20 Abs. 2 StVZO. Meist wird dieses Gutachten von einem Prüfer des TÜV oder alternativ der DEKRA erstellt. Auf das Vorhandensein einer solchen Betriebserlaubnis sollte geachtet werden, wenn das mobile „Tiny House“ als ein in Serie gefertigtes Modell vom Hersteller gekauft wird.

Zum anderen gibt es die Einzelgenehmigung. Das ist die behördliche Bestätigung, dass das betreffende Fahrzeug den geltenden Bauvorschriften entspricht. Sie ist eine Betriebserlaubnis und eine Einzelbetriebserlaubnis (abgekürzt: EBE), § 2 Nr. 6 FZV. Eine Einzelgenehmigung ist immer dann erforderlich, wenn das Fahrzeug nicht zu einem genehmigten Typ gehört. Der Verfügungsberechtigte des Fahrzeugs muss den Antrag auf Erteilung der Betriebserlaubnis bei der zuständigen Behörde beantragen, § 21 Abs. 1 StVZO. Mit diesem Antrag ist das Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr vorzulegen. Die Anforderungen an ein solches Gutachten finden sich in § 21 StVZO. Eine solche Einzelgenehmigung ist auf jeden Fall dann einzuholen, wenn das mobile „Tiny House“ selbstgebaut ist.

Die Betriebserlaubnis bleibt bis zur endgültigen Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs gültig, sofern sie nicht entzogen wird, § 19 Abs. 2 S. 1 StVZO. Sie erlischt allerdings, wenn die in der Betriebserlaubnis genehmigte Fahrzeugart geändert wird, eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist oder das Abgas- oder Geräuschverhalten verschlechtert wird, § 19 Abs. 2 S. 2 StVZO.

Wer mit seinem mobilen „Tiny House“ andere Länder bereisen möchte, sollte sich vorher über die geltenden Vorschriften informieren, da gegebenenfalls eine Sondergenehmigung für das jeweilige Land beantragt werden muss. Handelt es sich um ein EU-Land, ist eine Typengenehmigung gemäß der europäischen Rahmenrichtlinie 70/156/EWG (EG-Typgenehmigung) nötig.

Wie funktioniert das Zulassungsverfahren? Was wird benötigt?

Zu beantragen ist die Zulassung gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 FZV bei der nach § 46 FZV örtlich zuständigen Zulassungsbehörde. Örtlich zuständig ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, gemäß § 46 Abs. 2 FZV die Behörde des Wohnorts, bei mehreren Wohnungen des Ortes der Hauptwohnung im Sinne des Bundesmeldegesetz. Bei juristischen Personen, Gewerbetreibenden und Selbständigen mit festem Betriebssitz oder Behörden ist die Behörde des Sitzes oder des Ortes der beteiligten Niederlassung oder Dienststelle zuständig.

Gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 FZV ist mit dem Antrag die Zulassungsbescheinigung Teil II vorzulegen, mit der unter anderem die Verfügungsberechtigung über das Fahrzeug belegt wird (§ 12 Abs. 1 S. 1 FZV). Zusätzlich ist gemäß § 6 Abs. 3 FZV bei erstmaliger Zulassung der Nachweis zu erbringen, dass das Fahrzeug einem bestimmten Typ entspricht. Liegt eine EG-Typengenehmigung vor, ist der Nachweis durch Vorlage der Übereinstimmungsbescheinigung zu führen. Liegt eine nationale Typengenehmigung vor, ist der Nachweis durch Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II, in der eine Typ- sowie Varianten-/Versionsschlüsselnummer (§ 20 Abs. 3a S. 6 StVZO) eingetragen ist, oder durch die vorgeschriebene Datenbestätigung (§ 20 Abs. 3a S. 1 StVZO) zu führen. Liegt eine Einzelgenehmigung vor, ist der Nachweis durch Vorlage der entsprechenden Bescheinigung zu führen.

Das Bestehen einer dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechenden Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ist gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 FZV durch eine Versicherungsbestätigung anzuzeigen.

Seit Ende 2017 besteht die Möglichkeit, die Fahrzeugzulassung im Internet durchzuführen, indem der Antrag auf Zulassung elektronisch über das hierfür eingerichtete Portal der Zulassungsbehörde gestellt wird (§§ 15a ff. FZV).

Wenn das mobile „Tiny House“ nur gelegentlich vom einen an den anderen Ort gebracht werden muss, ist gemäß § 16a Abs. 1 S. 1 FZV auch eine Kurzzeitzulassung zu Probe- und Überführungsfahrten möglich. Eine der Voraussetzungen dafür ist ebenfalls, dass das Fahrzeug einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist. Ferner müssen gültige Nachweise für eine bestandene Hauptuntersuchung und Sicherheitsprüfung vorliegen (falls gemäß § 29 StVZO erforderlich), eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung bestehen und das Fahrzeug muss ein Kurzzeitkennzeichen tragen. Mit Erhalt des Kurzzeitkennzeichens gilt es für maximal fünf Tage und darf nur an einem Fahrzeug verwendet werden.

Ausnahmen, also Anhänger, die ohne Zulassungsverfahren auf den Straßen kursieren dürfen, sind gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 FZV unter anderem Anhänger im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, Wohn- und Packwagen im Schaustellergewerbe und fahrbare Baubuden, das heißt Bauwagen, die auch tatsächlich auf Baustellen als Geräte- oder Personalwagen genutzt werden. Die mobilen „Tiny Houses“ sind demnach nicht von der Zulassungsfreiheit umfasst.

Welche Anforderungen muss ein mobiles „Tiny House“ erfüllen, um zulassungsfähig zu sein?

Die zu erfüllenden Anforderungen finden sich in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Einige der Anforderungen sollen nun hier dargestellt werden.

Was die zulässigen Maße des „Tiny Houses“ angeht, darf es gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 StVZO eine Breite von 2,55 m, gemäß § 32 Abs. 2 StVZO eine Höhe von 4,00 m und gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 1 StVZO eine Länge von 12,00 m nicht überschreiten. Vorbauten und Überstände des „Tiny Houses“ müssen bei den Messungen mitberücksichtigt werden, § 32 Abs. 5 StVZO.

Das zulässige Gewicht des mobilen „Tiny Houses“ ist abhängig von der zulässigen Anhängelast, die bei „normalen“ Pkw gemäß § 42 Abs. 1 StVZO maximal 3,5 t betragen darf. Das Eigengewicht des Anhängers plus das der Ladung darf in der Summe das zulässige Anhängegewicht nicht überschreiten. Diese Anhängelast wiederum darf nicht die zulässige Gesamtmasse des Kraftfahrzeuges überschreiten.

An die Bauart des mobilen „Tiny Houses“ werden auch einige Anforderungen gestellt. Zum Beispiel ist in alle Fenstern und gegebenenfalls Türen Sicherheitsglas und Folien für Scheiben aus Sicherheitsglas einzusetzen oder es sind alternativ fest verschließbare Fensterläden anzubringen, §§ 22a Abs. 1 Nr. 3, 40 Abs. 1 StVZO. Türen und Türverschlüsse müssen so beschaffen sein, dass sie beim Schließen keine vermeidbaren störenden Geräusche verursachen und ein unbeabsichtigtes Öffnen der Türen nicht zu erwarten ist, § 35e Abs. 1, 2 StVZO. Abgesehen von den Türen, darf die Geräuschentwicklung des Kraftfahrzeugs und des Anhängers das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigen, § 49 Abs. 1 StVZO. Ferner dürfen keine Teile hervorragen, die andere gefährden können, oder scharfen Kanten vorhanden sein, § 30c StVZO.

Der Anhänger oder Trailer, auf dem das „Tiny House“ angebracht ist, muss für eine Geschwindigkeit von mindestens 100 km/h gebaut und ausgerüstet sein. Sollte er für eine niedrigere Geschwindigkeit gemacht sein, muss er gemäß § 30a Abs. 2, 58 Abs. 3 Nr. 2 StVZO durch ein Schild für diese Geschwindigkeit gekennzeichnet sein. Das Schild ist an beiden Längsseiten und an der Rückseite des Anhängers anzubringen.

Bei Verstößen gegen Bestimmungen der StVZO liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 69a Abs. 3 StVZO in Verbindung mit § 24 Abs. 1 StVG vor, die mit einem Bußgeld bis zu einer Höhe von 2.000,00 € geahndet werden kann, § 24 Abs. 2 StVG.


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