Trotz Restschuldbefreiung: Negativeintrag bei Wirtschafts-Auskunftei

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Ärger für den redlichen Insolvenzschuldner: Nach erfolgreichem Insolvenzverfahren und nachfolgender Wohlverhaltensphase wurde ihm durch das Insolvenzgericht bereits die Restschuldbefreiung erteilt. Diese wurde in dem Online-Portal insolvenzbekanntmachungen.de veröffentlicht.

Nach einiger Zeit stellt der ehemalige Insolvenzschuldner fest, dass eine Wirtschafts-Auskunftei – das wohl bekannteste derartige Unternehmen ist die Schufa – die Restschuldbefreiung als Negativmerkmal gespeichert hält, obwohl die Bekanntmachung wegen Zeitablaufs bereits wieder aus dem Portal insolvenzbekanntmachungen.de gelöscht ist.

Negativ-Eintrag trotz Restschuldbefreiung

Wie bemerkt der betroffene ehemalige Insolvenzschuldner den Negativeintrag? Weil ihm unter Hinweis auf den Negativeintrag beispielsweise der Dispo-Kredit oder der Handy-Vertrag verweigert wird. Oder weil er eine Selbstauskunft einholt.

Wirtschafts-Auskunfteien vertreten regelmäßig den Standpunkt, die Restschuldbefreiung nach erfolgreichem Insolvenzverfahren mindestens 3 Jahre speichern zu dürfen, auch wenn die Bekanntmachung in dem Online-Portal insolvenzbekanntmachungen.de bereits gelöscht wurde – und zwar als Negativmerkmal („Vorsicht! Zahlungsausfall droht!“) und nicht als Positivmerkmal („Redlicher Kunde; alles in Ordnung.“).

Zu Recht? Nach derzeitiger Rechtslage wohl in Übereinstimmung mit dem Gesetz.

Gerichte entscheiden zugunsten Negativeintrags

Bereits das Amtsgericht Wiesbaden entschied zu dieser Rechtsfrage an der Schnittstelle von Insolvenzrecht und Datenschutzrecht mit Beschluss vom 13.01.2011, Az. 93 C 107/11:

„Der Umstand, dass dem Antragsteller durch die Speicherung der Restschuldbefreiung für den Zeitraum von drei Jahren nicht in unbeschränkter Weise der Weg zu neuen Kreditverträgen öffnet wird, ist insofern hinzunehmen. Zweck der Restschuldbefreiung ist nicht, einem Schuldner einen Neuanfang ohne Überprüfung seiner Kreditfähigkeit zu ermöglichen.“

Auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied mit Urteil vom 17.12.2015, Az. 1 U 128/15, zugunsten der Wirtschafts-Auskunftei.

§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG setze nicht voraus, dass die Daten auch noch während der gesamten Speicherdauer allgemein zugänglich seien. Nach dem Gesetzeswortlaut komme es nur darauf an, dass die Daten öffentlichen Quellen entnommen werden konnten. Deswegen sei alleine der Zeitpunkt der Speicherung maßgeblich für die Frage, ob die Daten einer öffentlichen Quelle entnommen wurden. Eine zeitliche Einschränkung für die weitere Speicherdauer sei nicht enthalten.

Die Wirtschafts-Auskunftei habe auch keine Abwägung mit den Interessen des betroffenen ehemaligen Insolvenzschuldners vornehmen müssen.

Negativeintrag über Restschuldbefreiung: Zusätzliche Bewährungszeit für den redlichen Insolvenzschuldner

Nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 InsO kann das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung seit der Reform des Insolvenzrecht durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 im günstigsten Fall jederzeit vor Ablauf der Abtretungsfrist erteilen oder auch die Wohlverhaltensperiode von 5 auf 3 Jahre verkürzen. Das Datenschutzrecht aber legt dem ehemaligen Insolvenzschuldner außerhalb des Insolvenzrechts eine zusätzliche Bewährungszeit auf, die innerhalb der Insolvenzordnung keine Wiederhall findet.

Hier besteht Diskussions- und wohl auch Nachbesserungsbedarf – eine flexiblere Lösung, beispielsweise mit einer maximalen Speicherfrist, die abhängig ist von der Dauer der Wohlverhaltensphase oder dem Gesamtbetrag der Schulden, die von der Restschuldbefreiung erfasst sind, sollte möglich sein.


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