Truppendienstgerichte
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Seit Ende des Zweiten Weltkrieges gibt es in Deutschland weder Kriegs-, noch Militärgericht. Eine Ausnahme stellen Truppendienstgerichte dar. Sie stellen für Soldatinnen und Soldaten eine Ergänzung zur ordentlichen Gerichtsbarkeit dar. Verfahren aufgrund schwerwiegender Dienstpflichtverletzungen durch Soldaten und Soldatinnen werden vor Truppendienstgerichten geführt.
Wofür sind Truppendienstgerichte zuständig?
Truppendienstgerichte sind zuständig für die Beurteilung von Disziplinarverfahren gegen Soldatinnen und Soldaten, sowie für Beschwerden nach der Wehrbeschwerdeordnung (WBO). Disziplinarverstöße sowie Fälle schuldhafter Verletzungen soldatischer Pflichten werden nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) beurteilt und können zu disziplinaren Konsequenzen führen. Die Beschwerden aus der WBO kommen aus der Truppe. Aus der WBO ergibt sich, dass Soldaten und Soldatinnen ein Beschwerderecht zusteht, wenn sie glauben, von Vorgesetzten oder Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt oder durch pflichtwidriges Verhalten von Kameraden oder Kameradinnen verletzt worden zu sein.
Nach einem erfolglosen Beschwerdeverfahren kann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden.
Weiter sind die Truppendienstgerichte zuständig für alle sich aus dem Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG) und dem Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz (SGleiG) folgenden Streitigkeiten.
Truppendienstgerichte sind zuständig für Verfahren gegen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, unabhängig von ihrem Einsatzort. Der Einsatz im Ausland steht einem wehrdisziplinarrechtlichen Verfahren nicht entgegen. Auch können Truppendienstgerichte für ehemalige Soldaten und Soldatinnen zuständig sein.
Wo befinden sich die Truppendienstgerichte und wie sind sie aufgebaut?
Neben dem Truppendienstgericht Nord in Münster gibt es das Truppendienstgericht Süd in München. Bundesweit gibt es pro Truppengericht zehn Truppendienstkammern.
Die Verhandlungen der Truppendienstgerichte werden von einer zivilen Berufsrichterin oder einem zivilen Berufsrichter und zwei beisitzenden, ehrenamtliche Richter*innen, bei welchen es sich um Soldat*innen handelt, durchgeführt.
Dabei gehört einer der Beisitzenden der Dienstgradgruppe des Soldaten oder der Soldatin an, in deren Sache verhandelt wird. Der oder die andere ehrenamtliche Richter*in muss Stabsoffizier*in sein und im Dienstgrad über dem oder der Angeschuldigten sein.
Wie gestaltet sich ein Verfahren vor den Truppendienstgerichten?
Die Truppendienstgerichte entscheiden bei schwerwiegenden Dienstpflichtverletzungen im Rahmen gerichtlicher Disziplinarverfahren. Zunächst ist eine Anschuldigung durch die Wehrdisziplinaranwaltschaft der Bundeswehr erforderlich. Danach kann eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme im schriftlichen Verfahren durch Disziplinargerichtsbescheid verhängt werden. Auch kann sie nach Durchführung einer Hauptverhandlung durch Urteil ergehen.
Voraussetzung für ein Verfahren durch Disziplinargerichtsbescheid ist, dass kein Verfahrensbeteiligter widerspricht.
Auch ohne Widerspruch muss eine Hauptverhandlung dann stattfinden, wenn Folge des Verfahrens eine Dienstgradherabsetzung sein kann.
Die Verteidigung durch einen Anwalt oder eine Anwältin ist nicht zwingend vorgeschrieben. Die Soldat*innen können sich zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens eines Pflichtverteidigers bedienen. Steht die Höchstmaßnahme im Raum, so kann durch den oder die Vorsitzende ein oder eine Pflichtverteidiger*in bestellt werden.
Welche Sanktionen drohen durch das Truppendienstgericht?
Von gerichtlicher Seite ist neben einer Dienstgradherabsetzung und dem Verlust der mit dem Dienstgrad einhergehenden Rechte auch die Kürzung der Bezüge, sowie der Herabsetzung in der Besoldungsgruppe möglich. Auch kann es zu einem Beförderungsverbot kommen. Die härteste Disziplinarmaßnahme ist die Entfernung aus dem Dienst. Dieser folgt der Verlust des Anspruchs auf Dienstbezüge, Berufsförderung und Dienstzeitversorgung.
Zu der Entfernung aus dem Dienst können unter anderem auch die Urteile von zivilen Strafgerichten, bei welchen eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verhängt wird, führen.
Das hinter den Sanktionen stehende Ziel ist der Gedanke der Erziehung, hinter welchem die Funktionstüchtigkeit der Truppe steht.
Außerdem kommt auch der Erlass einfacher Disziplinarmaßnahmen in Betracht. Diese werden ebenfalls gegen Dienstvergehen verhängt, werden aber durch den Disziplinarvorgesetzten erlassen. Als Sanktionsmöglichkeit besteht neben einem Verweis ein Disziplinararrest. Hierbei handelt es sich um einen Freiheitsentzug von mindestens drei Tagen bis zu drei Wochen.
Was sind schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen als Soldat?
Dienstpflichtverletzungen sowie Dienstvergehen liegen vor bei der schuldhaften Verletzung einer soldatischen Pflicht gem. §§ 7-21 Soldatengesetz (SG).
Hierzu gehört die Grundpflicht der Soldaten, Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes zu verteidigen. Auch müssen sie für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten und diese anerkennen. Sie sind außerdem zum Gehorsam und zur Kameradschaft verpflichtet. Sie müssen die Würde, die Ehre und die Rechte anderer Kameraden achten und ihnen in Not und Gefahr beistehen. Erforderlich hierfür sind gegenseitige Anerkennung, Rücksicht und Achtung fremder Anschauungen.
Darüber hinaus liegen Dienstvergehen vor, wenn ein Soldat nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst seine Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt oder gegen das Verbot verstößt, Belohnungen oder Geschenke anzunehmen oder eine Tätigkeit gem. § 20a SG nicht anzeigt oder entgegen einem Verbot ausübt. Von einem Dienstvergehen wird auch dann gesprochen, wenn sich ein Offizier oder Unteroffizier nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigt oder durch unwürdiges Verhalten nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die für seine Wiederverwendung als Vorgesetzter erforderlich sind. Weiter handelt es sich um ein Dienstvergehen, wenn ein Berufssoldat nach Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand einer erneuten Berufung in das Dienstverhältnis nicht nachkommt.
Zu einer Entfernung aus dem Dienst können Verstöße gegen die politische Treuepflicht führen, sowie schwere entwürdigende Behandlungen oder Misshandlungen von Untergebenen. Auch Delikte im Sexualbereich kann eine Entfernung aus dem Dienst folgen.
Welche Gerichte sind für Wehrstraftaten zuständig?
Grundsätzlich besteht gem. Art. 96 Abs. 2 S. 1 GG die Befugnis, ein Wehrstrafgericht einzurichten. Ein solches Gericht wurde jedoch nicht eingerichtet. Daher sind für Wehrstraftaten nach dem Wehrstrafgesetz die ordentlichen Gerichte, somit die Strafgerichte zuständig.
Kann gegen ein Urteil eines Truppendienstgerichtes vorgegangen werden?
Ein Vorgehen gegen ein Urteil eines Truppendienstgerichtes ist möglich. Gegen Urteile der Truppendienstgerichte ist die Berufung zulässig. Zuständig hierfür ist der zweite Wehrdienstsenat beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dieser gehört auch zu den Wehrdienstgerichten.
Abschließend entscheidet das Bundesverwaltungsgericht.
Vorwurf Dienstvergehen als Soldat – kann mir ein Anwalt helfen?
Bei Anschuldigungsschriften zum Truppengericht oder Vorladungen sowie Vernehmungen durch den Disziplinarvorgesetzten oder den Wehrdisziplinaranwalt mit dem Vorwurf eines Dienstvergehens ist anwaltlicher Rat zu empfehlen. Auch können Anwälte und Anwältinnen bei Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen, vorläufigen Festnahmen, sowie Anschuldigungen des Wehrdisziplinaranwaltes und Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Truppendienstgerichtes helfen.
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