Umgehung der Zahlung des Pflichtteils

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Schließt der Erblasser einen nahen Verwandten durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge aus, so steht dem Enterbten ein gesetzlicher Pflichtteilsanspruch zu, §§ 2303 ff. BGB. Die Zahlung des Pflichtteils wird nach § 2317 BGB mit dem Erbfall fällig.  Manchmal kann es jedoch für den Erben schwierig sein, den Pflichtteil an den Pflichtteilsberechtigten auszubezahlen. Das ist häufig der Fall, wenn der Erblasser dem Erben lediglich das Familienheim hinterlassen hat, der Erbe die Immobilie weiterhin zu Wohnzwecken nutzen möchte und er ansonsten nicht über ausreichend Barmittel verfügt. Die Zahlung des Pflichtteils würde zur Aufgabe des Familienheims oder zu Veräußerung eines Wirtschaftsguts, das für den Erben und seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet, führen.

In solchen Fällen,  bei denen die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs eine unbillige Härte darstellt, kann der Erbe Stundung des Pflichtteils nach § 2331 a Abs. 1 BGB verlangen. Soweit genügend eigene Mittel oder solche aus der Erbschaft vorhanden sind, um den Pflichtteil zu erfüllen, liegt keine unbillige Härte vor.

Eine Stundung bedeutet, dass die Fälligkeit des Pflichtteilsanspruchs nach hinten verlagert wird. Der Erbe kann sich somit nicht gegen den Pflichtteilsanspruch an sich wehren, aber er kann mithilfe der Stundung erreichen, dass der Pflichtteil erst später gezahlt werden muss.

Die Stundung muss jedoch auch für den Pflichtteilsberechtigten zumutbar sein. Ist dieser selbst dringlich auf finanzielle Mittel angewiesen, muss eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände durchgeführt werden. So besteht beispielsweise nach § 2331 a Abs. 2 S. 2 iVm. § 1382 Abs. 3 BGB für den Pflichtteilsberechtigten die Möglichkeit, den Pflichtteil nur gegen Sicherheitsleistung zu stunden (z.B. gegen eine grundbuchliche Sicherung des Pflichtteilsanspruchs). Ein entsprechender Antrag des Pflichtteilsberechtigten ist erforderlich.

Die Stundung wird mit gerichtlicher Hilfe erreicht. Wird über die Höhe oder den Grund des Pflichtteilsanspruchs gestritten, ist je nach Höhe des Streitwertes das Amts- oder Landgericht als Prozessgericht für die Entscheidung über die Stundung zuständig.

Soweit der Pflichtteilsanspruch unstreitig zwischen den Beteiligten ist, entscheidet das Nachlassgericht über die Stundung, § 2331 a Abs. 2 S. 1 BGB. Für einen zulässigen Antrag beim Nachlassgericht darf der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil noch nicht beim Prozessgericht eingeklagt haben, § 2332 a Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 1382 Abs. 5 BGB. Örtlich ist das Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, § 353 Abs. 1 FamFG.

Für einen Antrag beim Nachlassgericht ist der Rechtspfleger zuständig. Dieser kann Erben und Pflichtteilsberechtigte zu einem Termin laden oder auch im schriftlichen Verfahren entscheiden. Das Nachlassgericht kann einen in der Zukunft liegenden Termin bestimmen, an dem der Pflichtteil bezahlt werden soll oder der Erbe kann ratenweise seine Schuld begleichen.

Wird die Stundung gewährt, kann der Pflichtteilsberechtigte sodann für die Zeit der Stundung eine Sicherheit verlangen.

Die Stundung schiebt zwar die Fälligkeit des Pflichtteilsanspruchs hinaus, dennoch ist der Anspruch zu verzinsen. Das Gericht entscheidet über die Höhe und Fälligkeit der Zinsen gem. § 2331 a Abs. 2 S. 2 i.V.m. 1382 Abs. 4 BGB nach billigem Ermessen. Das Gericht ist nicht an den gesetzlichen Zinssatz gebunden, sondern kann sich stattdessen auch an den marktüblichen Zinsen orientieren.

Die Stundungsentscheidung kann auch nachträglich geändert werden, wenn sich die zugrundeliegenden Verhältnisse nach der Entscheidung wesentlich verändert haben, § 2331 a Abs. 2 S. 2 iVm. § 1382 Abs. 6 BGB.

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