Unbeabsichtigte Scheinselbständigkeit: Ein unterschätztes Risiko

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Die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt hebt die Wichtigkeit einer genauen Unterscheidung zwischen festen Angestelltenverhältnissen und freiberuflicher Arbeit hervor. Die Entscheidung, ob eine Tätigkeit als sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu werten ist, stellt selbst für die sorgfältigsten Arbeit- oder Auftraggeber eine Herausforderung dar. Nicht selten erfolgen Fehleinschätzungen unabsichtlich, wobei die Beteiligten oftmals erst durch eine Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung von ihrem Irrtum erfahren, bis dahin aber von der Richtigkeit ihrer Einschätzung ausgegangen sind.

Die juristischen Folgen einer inkorrekten Einstufung

Die Abgrenzung zwischen einem Freiberufler und einem sozialversicherungspflichtigen Angestellten ist weit mehr als eine theoretische Übung und kann bei einer Fehleinschätzung ernsthafte finanzielle sowie juristische Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit sich bringen. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass ein angenommenes freies Mitarbeitsverhältnis tatsächlich ein festes Arbeitsverhältnis war, ist der Arbeitgeber zur Nachzahlung der gesamten Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet, einschließlich des Anteils, der vom Arbeitnehmer hätte getragen werden sollen. Die Möglichkeit, diese Beiträge vom Arbeitnehmer zurückzufordern, ist stark begrenzt, was den Arbeitgeber finanziell belasten kann.

Noch schwerwiegender ist, dass das verspätete Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen als Straftat angesehen wird und somit strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen im Unternehmen nach sich ziehen kann, einschließlich des Vorwurfs der Veruntreuung und des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und der Steuerhinterziehung (§§ 266a StGB, 370 AO).

Zudem ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB eine persönliche Haftung der Organmitglieder gegenüber der Sozialversicherungseinrichtung.

Das Risiko der Scheinselbstständigkeit

Scheinselbstständigkeit beschreibt die Situation, in der jemand formal als selbstständig geführt wird, jedoch faktisch in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Die Folgen einer solchen falschen Einstufung sind - wie gezeigt - sehr weitgehend und umfassen auch die Anwendung sämtlicher Arbeitnehmerschutzgesetze, inklusive Kündigungsschutz.

Eine akkurate Bestimmung des Beschäftigungsstatus ist daher von größter Bedeutung und basiert auf mehreren Faktoren, darunter:

  • Persönliche Abhängigkeit, die über eine wirtschaftliche Beziehung hinausgeht.
  • Weisungsgebundenheit bezüglich Arbeitszeit, -ort und -dauer sowie Art der Tätigkeit.
  • Einbindung in die Unternehmensstruktur, erkennbar an der Nutzung unternehmenseigener Ressourcen.
  • Abwesenheitsvertretung durch Unternehmensmitarbeiter.
  • Beschränkung der Tätigkeit auf einen Auftraggeber.
  • Erhalt von Leistungen, die typischerweise Angestellten vorbehalten sind (z.B. festes Gehalt).
  • Fehlendes Unternehmerrisiko und mangelnde Selbstständigkeit in der Arbeitsorganisation.
  • Notwendigkeit der persönlichen Leistungserbringung.
  • Abhängigkeit von Betriebsmitteln des Auftraggebers.

Im Einzelfall wird stets die Gesamtschau aller Umstände ausschlaggebend sein für die Festlegung des Status, wobei es auf die faktische Ausführung der Arbeit und nicht die vertragliche Bezeichnung derselben ankommen wird.

Vorteile der Compliance-Bemühungen

Eine frühzeitige rechtliche Beratung bei Unklarheiten hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung kann erhebliche Vorteile bieten und möglicherweise sogar strafrechtliche Konsequenzen abwenden. Die rechtzeitige Überprüfung und Anpassung der Beschäftigungsverhältnisse kann Unternehmen vor Nachzahlungen und Strafen schützen. Dies kann zu erheblichen finanziellen Einsparungen führen.

Die aktive Klärung des Beschäftigungsstatus zeigt zudem eine Compliance-Bereitschaft, die in eventuellen Auseinandersetzungen mit den Sozialversicherungsträgern oder Finanzbehörden positiv gewertet werden kann. So können sich sogar nachträglich getroffene Compliance-Maßnahmen des Unternehmens positiv auf ein anhängiges Straf- oder Bußgeldverfahren auswirken.

Für eine sichere Bewertung Ihrer Vertragsverhältnisse und die effektive Vertretung Ihrer Interessen gegenüber Behörden und Gerichten stehe ich Ihnen zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich bei Bedarf.

Foto(s): unsplash.com

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