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Risiko Scheinselbständigkeit - Fitnesstrainer

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Das Risiko Scheinselbständigkeit 

Freie Mitarbeit ist nach wie vor in vielen Branchen weit verbreitet. Jedoch werden die sozialrechtlichen Risiken einer freien Mitarbeit oft unterschätzt. Zum Beispiel sind die Höhe der Säumniskosten (12 % pro Jahr) oder das Risiko einer Nettolohnhochrechnung regelmäßig unbekannt. Darüber hinaus besteht die Gefahr einer Strafbarkeit nach §266a StGB.

Der aktuelle Fall zu Scheinselbständigkeit:

Mit Beitragsbescheid vom 14.12.2020 forderte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Sozialversicherungsbeiträge von insgesamt 59.107,76 € nach. Verschiedene Personen hätten gegen Rechnung als Trainer bzw. Kursleiter gearbeitet. Diese Personen wurden nachträglich als Beschäftigte eingestuft.

Das Fitnessstudio legte dar, dass die Kursleiter und Trainer in der Fitnessbranche selbständige Tätigkeiten ausführten. Die wichtigsten Argumente waren:

Vielfältige Auftraggeber: Die Mitarbeiter arbeiteten für verschiedene Auftraggeber in der Fitnessbranche und anderen Bereichen, was auf Selbständigkeit hinweist.

Hauptaufgaben: Die Kursleiter und Trainer waren hauptsächlich für die sportliche Betreuung von Kunden, Durchführung von Training an Geräten und Fitnesskursen sowie die Anwerbung neuer Mitglieder verantwortlich.

Keine Weisungsgebundenheit: Die Mitarbeiter waren nicht an Weisungen gebunden und hatten die Freiheit, Aufträge abzulehnen.

Flexible Arbeitszeiten und eigenes Equipment: Die Arbeitszeit wurde im Rahmen eines Kursplans festgelegt und nur in Absprache mit den Mitarbeitern getroffen. Sie verwendeten ihre eigenen PCs und waren frei in der Auswahl ihrer Arbeitsmittel.

Werbung und Kundengewinnung: Die Mitarbeiter waren selbstständig für ihre Werbung und Kundengewinnung verantwortlich. Sie führten außerhalb des Unternehmens Promotionsveranstaltungen durch.

Flexible Vergütungsmodelle: Die Vergütung erfolgte auf Basis von erbrachten Leistungen wie Training, Kursleitung und erfolgreicher Kundengewinnung, nicht als festes Gehalt.

Mit Schriftsatz vom 12.3.2023 stellte das Fitnessstudio Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Es bestünden ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides. Der Sofortvollzug bedeute eine unbillige Härte. Das Fitnessstudio wäre zur Anmeldung der Insolvenz gezwungen.

Das Sozialgericht München und das Landessozialgericht Bayern (Beschluss vom 18.08.2023, - L 7 BA 72/23 B ER -) gaben der DRV Recht.

(…)

Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten sind auch die Kursleiter allesamt nach Annahme des Kursleitungsauftrages in die betriebliche Organisation der Bf eingebunden. Die Kursleiter hatten faktisch keine unternehmerischen Gestaltungsfreiheiten, ob und wo sie den Kurs anbieten. Dies gilt umso mehr, als sie auch über keine eigenen alternativen Räumlichkeiten verfügt haben.

(…)

Umstände, die die Annahme einer unbilligen Härte vorliegend rechtfertigen würden, sind nicht erkennbar. Allein die mit der Zahlung einer Beitragsforderung für die Bf verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Vielmehr wird das Interesse der Bg bzw. Einzugsstelle an einer zeitnahen Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung gerade dann hoch sein, wenn von Seiten des Unternehmens behauptet wird, dass Zahlungsunfähigkeit droht.

(…)“

Hinweis des Anwalts für Sozialversicherungsrecht:

Der Beschluss des LSG bestätigt die aktuelle Tendenz der Sozialgerichte zur Bewertung von freier Mitarbeit und Scheinselbständigkeit. Danach ist seit Jahren zu verzeichnen, dass die Anforderungen für die Akzeptanz als Selbständigkeit steigen. Die Gesamtabwägung muss ergeben, dass die Indizien der Selbständigkeit klar und eindeutig überwiegen. 

Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten. 

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Foto(s): ETL RA GmbH

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