Uneidliche Falschaussage gemäß § 153 StGB - vom Zeugen zum Beschuldigten geht schnell!
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Wer vor Gericht als Zeuge oder Sachverständiger aussagt, dem sollte bewusst sein, dass eine falsche Aussage mit Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird. Sollten nun beschuldigt werden, eine solche Falschaussage getätigt zu haben, wird Ihnen Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (nahe Stadtlohn, Rheine, Steinfurt) im Folgenden erläutert, was genau unter Strafe steht und wie Ihr weiteres Vorgehen aussehen sollte.
Was ist eine falsche uneidliche Aussage?
Grundsätzlich ist eine Aussage ein Bericht dessen, was man über einen Sachverhalt wahrgenommen hat sowie die Antwort auf Fragen des Gerichts. Jedoch kann auch das Verschweigen relevanter Umstände eine „Falschaussage“ darstellen.
Ein Sachverständiger oder Zeuge hat eine Wahrheitspflicht. Gibt ein Zeuge nun Tatsachen, die für die Vernehmung erheblich sind, falsch wieder oder verschweigt diese, dann verletzt er diese Wahrheitspflicht. Dabei müssen alle erheblichen Tatsachen dem Gericht mitgeteilt werden, selbst wenn danach nicht ausdrücklich gefragt wird. Erscheint etwas im Zusammenhang mit der Tat als wesentlich, dann ist es dem Gericht preiszugeben.
Wer entscheidet ob eine Aussage „falsch“ ist?
Eine Aussage hat immer etwas mit der persönlichen Wahrnehmung der Umstände zu tun. Folglich stellt sich die Frage, wann eine Aussage falsch ist.
Zugrunde gelegt wird ein objektiver Wahrheitsbegriff. Die bedeutet, eine Aussage ist unwahr, wenn sie nicht mit dem tatsächlich erfolgten Geschehen übereinstimmt. Jedoch ist dabei zu berücksichtigen, dass wenn nach der eigenen Wahrnehmung des Zeugen gefragt wird, eine Tatsache für tatsächlich geschehen gehalten werden kann, ohne dass sie wirklich so geschehen ist. Hier muss der Zeuge oder Sachverständige nur seinen inneren Eindruck wahrheitsgemäß wiedergeben.
Richtig katastrophal ist das Verfahren für Sie, wenn Sie vor Gericht wirklich nicht gelogen haben, aber sich das Gericht im Urteil für die abweichenden Angaben anderer Zeugen entschieden hat. Bereits dadurch, dass das Gericht im Urteil sagt, "wir glauben nicht den Zeugen A und B, sondern den Zeugen X und Z" droht nun den Zeugen A und B ein Strafverfahren wegen Falschaussage. Es wird Sie nicht wundern: Diese Strafverfolgung trifft vor allem sogenannte Entlastungszeugen, denen nicht geglaubt wurde.
Was bedeutet uneidlich?
Dies bedeutet lediglich, dass vor der Aussage die Person keinen Eid abgelegt hat. Ist dies vorgenommen worden, dann richtet sich die Strafbarkeit nach § 154 StGB.
Gegenüber wem kann ich eine Falschaussage äußern?
Vor allem zu nennen und der praktisch häufigste Fall ist das Gericht bzw. die Zeugenbefragung im Gerichtstermin insgesamt. Dazu gehört die Zeugenbefragung durch den Richter ebenso wie durch den Staatsanwalt und Verteidiger. Es ist also nicht etwa so, dass dem Verteidiger mit unwahren Schilderungen geantwortet werden dürfte.
Falsche uneidliche Aussagen sind aber auch vor anderen Stellen möglich, wie zum Beispiel Prüfungsstellen des Patentamts, Wahlprüfungsausschüsse oder in bestimmten Fälle sogar Notare gemeint.
Nicht gemeint sind die Staatsanwaltschaft oder die Polizei. Achtung: Falschangaben vor der Polizei / Staatsanwaltschaft könnten allerdings je nach Umständen des Einzelfalls zum Beispiel als (versuchte) Strafvereitelung oder falsche Verdächtigung gewertet werden. Also auch dort, außerhalb des Gerichts, darf man nicht lügen...
Vorsätzliches Handeln
Strafbar ist eine Falschaussage nur, wenn sie vorsätzlich vorgenommen wurde. Dabei muss man sowohl Vorsatz bezüglich der Unwahrheit der Aussage und bezüglich dessen, sie vor der zuständigen Stelle abgegeben zu haben, haben. Erforderlich ist zumindest bedingter Vorsatz. Dies bedeutet man macht sich strafbar, sobald man es für möglich hält, dass die Aussage unrichtig ist und man es zumindest für möglich hält, dass man vor einer zuständigen Stelle falsch aussagt.
Letztlich macht es für die Strafbarkeit einen Unterschied, ob man also sagt, "es war so, ich bin mir sicher" oder "es könnte so gewesen sein, ich bin mir nicht sicher".
Wann ist die Tat vollendet?
Vollendet ist die Tat mit Abschluss der Aussage - in der Praxis am häufigsten also mit Ende der Zeugenvernehmung vor Gericht. Dies liegt vor, wenn erkennbar ist, dass zu dem besagten Umstand keine Frage mehr folgen. Wird die Aussage vor Abschluss der Befragung berichtigt, dann liegt nur ein strafloser Versuch vor.
Wichtiges Beispiel für unter Druck geratene Zeugen: Ein Zeuge darf sich in jeder Lage des Verfahrens eines Zeugenbeistands bedienen. Genaueres zum Zeugenbeistand finden Sie hier. Sollten Sie das verpennt haben und sich als Zeuge nun in der laufenden gerichtlichen Vernehmung unsicher fühlen, ob Sie überhaupt aussagen müssen und ob das, was Sie da gerade sagen, nicht noch Ärger für Sie bringt, dürfen Sie auch in dieser Situation nach einem Zeugenbeistand (in der Regel auf Ihre Kosten!) verlangen. Das wird nicht gerne gesehen werden und zum Teil auch laute Verärgerung hervorrufen. Gleichwohl muß man Ihnen dieses Recht einräumen. Bestehen Sie sodann darauf, nicht als Zeuge entlassen zu werden, sondern dass Ihre Vernehmung nur unterbrochen wird. Werden Sie nämlich als Zeuge entlassen, können Sie sich nicht mehr im nächsten Termin oder später am Prozeßtag mit Ihrem Zeugenbeistand korrigieren und straflos bleiben. Wird Ihre Vernehmung jedoch nur unterbrochen (und sei es, dass Sie erst in bis zu drei Wochen später wieder erneut zum Gericht müssen) können Sie auch im nächsten Vernehmungstermin Ihre Angaben verbessern und bleiben straflos.
Aussagenotstand gem. § 157 StGB
Eine Strafmilderung oder ein Absehen von der Strafe durch das Gericht ist gem. § 157 Abs. 1 StGB möglich. Dies erfolgt, wenn der Täter die Unwahrheit nur gesagt hat, um von einem Angehörigen oder sich selbst die Gefahr abzuwenden, bestraft zu werden.
Ist eine Berichtigung möglich?
Man kann eine falsche Aussage - abgesehen vom oben genannten Fall der laufenden Vernehmung - gemäß § 158 StGB auch nach Vollendung der Tat berichtigen.
Grundsätzlich kann das Gericht dann die Strafe wegen falscher uneidlicher Aussage mildern oder von der Strafe absehen, sollte eine rechtzeitige Berichtigung erfolgt sein. Ein Widerruf der falschen Aussage genügt nicht. Erforderlich ist die Offenbarung der Falschheit der früheren Aussage und die Mitteilung der Wahrheit. Dabei muss die Aussage umfassend korrigiert werden. Punktuelle Korrekturen einzelner Unwahrheiten genügt nicht.
Kann die Berichtigung bei der Entscheidung nicht mehr verwertet werden oder ist aufgrund der falschen Aussage schon einer anderen Person ein Nachteil entstanden, dann ist die Berichtigung verspätet und eine Strafmilderung ist nicht möglich. Dies ist der Fall, wenn bspw. durch die Aussage schon ein Ermittlungsverfahren gegen andere eingeleitet wurde.
Die Möglichkeit der Berichtigung einer Falschaussage gemäß § 158 StGB wirkt einladend, jedoch sollte dabei bedacht werden, dass das Gericht nach seinem Ermessen entscheiden kann ob überhaupt eine Strafmilderung oder ein Absehen von der Strafe erfolgt. Ebenso genügt eine teilweise Berichtigung der Aussage nicht, um dies zu erlangen, sodass Sie diese Möglichkeit zunächst mit einem Strafverteidiger hinsichtlich ihrer Effizienz besprechen sollten. Ansonsten könnte Sie durch eine unvollständige Berichtigung ein Geständnis für die Begehung der Straftat liefern und sich somit schaden.
Wenn es bis hierhin schon schief gelaufen ist - wenigstens ab jetzt nur noch mit Anwalt!
Sollte Sie beschuldigt werden eine Falschaussage gemacht zu haben, dann wenden Sie sich an einen erfahrenen Strafverteidiger. Sie sollten unter keinen Umständen (weitere) unbedachte Aussagen gegenüber der Polizei tätigen, um diese nun doch noch von Ihrer Unschuld zu überzeugen. Solche unbedachten Aussagen können Ihnen später negativ angelastet werden - Sie haben es ja nun schon einmal erlebt, dass es ohne Anwalt richtig schlecht gelaufen ist.
In Deutschland gibt es Gerichte, die sperren Sie für eine uneidliche Falschaussage ohne Bewährung weg, selbst wenn Sie nicht vorbestraft sind. Ein Sprichwort besagt, die Justiz hasst es, belogen zu werden.
Besprechen Sie Ihre Situation mit einem versierten Strafverteidiger. Rechtsanwalt Urbanzyk mit Sitz in Coesfeld ist als Fachanwalt für Strafrecht und seit vielen Jahren theoretisch und praktisch im Umgang mit solchen Vorwürfen erfahren. Er hilft Ihnen bundesweit aufgrund seiner Erfahrung, fordert schnelle Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft und wird mit Ihnen besprechen, welche Vorgehensweise am besten für Ihre Verteidigung ist.
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