Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB
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Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB ist keine „Strafe“, sondern eine sogenannte Maßregel der Besserung und Sicherung, die vorrangig auf die Therapie von Straftätern abzielt, welche unter einer schweren Suchtproblematik leiden. Hierbei geht es zum einen darum, sowohl den Schutz der Allgemeinheit zu gewährleisten als auch den betroffenen verurteilten Personen die Möglichkeit zu geben, ihre Sucht zu überwinden und so zukünftig straffrei zu leben.
Voraussetzungen
Damit eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB angeordnet werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln: Der Verurteilte muss einen Hang zum übermäßigen Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen Suchtmitteln haben. Dieser Hang zeigt sich häufig in einem tief verwurzelten Bedürfnis nach Konsum, welches die Fähigkeit zur Selbstkontrolle erheblich einschränkt. Eine Feststellung eines Hangs erfolgt in der Regel durch eine Begutachtung im Strafverfahren.
- Hangbedingte rechtswidrige Tat: Die begangene Straftat muss auf diesen Hang zurückzuführen sein. Das bedeutet, dass der Verurteilte aufgrund seines übermäßigen Konsums eine rechtswidrige Handlung begangen hat, die ohne den Suchtmittelkonsum möglicherweise nicht erfolgt wäre.
- Gefahrenprognose: Es muss die erhebliche Wahrscheinlichkeit bestehen, dass der Verurteilte ohne Therapie erneut straffällig wird. Diese Prognose bezieht sich darauf, dass der Hang zum Suchtmittelkonsum in der Zukunft weitere Straftaten nach sich ziehen könnte.
- Erfolgsaussicht: Schließlich muss die hinreichende Aussicht bestehen, dass die Behandlung in der Entziehungsanstalt erfolgreich sein wird. Das bedeutet, dass der Verurteilte eine realistische Chance hat, durch die Therapie seine Suchtproblematik zu überwinden und dadurch zukünftig ein straffreies Leben zu führen.
Dauer der Unterbringung
Die Dauer der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beträgt in der Regel nicht länger als zwei Jahre. Sie kann jedoch um maximal zwei Drittel einer gleichzeitig verhängten Haftstrafe verlängert werden, wenn dies aufgrund des Therapieerfolgs notwendig erscheint. Die maximale Dauer des Aufenthalts ergibt sich somit aus zwei Dritteln der Haftstrafe zuzüglich zwei Jahren.
Beispiel: Ein Angeklagter wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist angeordnet worden. Die Maximaldauer beträgt für ihn daher sechs Jahre (2/3 von 6 Jahren = 4 Jahre + 2 Jahre Therapie).

Reihenfolge der Vollstreckung und Vorwegvollzug
Ein häufiges Problem bei langen Freiheitsstrafen ist die Reihenfolge der Vollstreckung. Im Normalfall erfolgt die Unterbringung in der Entziehungsanstalt vor der eigentlichen Haftstrafe. Das bedeutet, dass der Verurteilte zunächst seine Therapie absolviert und danach den Rest seiner Freiheitsstrafe verbüßt. Bei sehr langen Haftstrafen kann dies jedoch problematisch werden, da die Zeit in der Entziehungsanstalt möglicherweise nicht ausreicht, um eine vollständige Resozialisierung zu gewährleisten.
Ein Beispiel hierfür wäre ein Verurteilter, der zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt wurde. Sollte die Therapie in der Entziehungsanstalt zwei Jahre dauern, müsste der Verurteilte danach noch acht Jahre Haft verbüßen. Dies könnte die positiven Effekte der Therapie wieder zunichtemachen, da die lange Haftzeit den Resozialisierungsprozess stören kann.
Aus diesem Grund soll der Verurteilte bei langen Freiheitsstrafen – von mehr als drei Jahren – zunächst einen Teil dieser Strafe in Haft verbüßen. Dieser Vorwegvollzug soll dafür sorgen, dass der Rest der Freiheitsstrafe nach der möglichst erfolgreichen Therapie zur Bewährung ausgesetzt werden kann und der Verurteilte nicht mehr in Haft muss.
Vorteile der Unterbringung
Für Verurteilte mit Drogen- oder Alkoholproblemen bietet die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erhebliche Vorteile:
- Chance auf Therapie: Die Unterbringung ermöglicht es den Betroffenen, ihre Suchtproblematik unter professioneller Betreuung zu behandeln. Dies bietet die Möglichkeit, ein straffreies Leben zu führen und die Rückfallquote zu minimieren.
- Vorzeitige Entlassung: Bei erfolgreicher Therapie besteht die Möglichkeit, dass die Reststrafe nach der Hälfte der Gesamtdauer zur Bewährung ausgesetzt wird. Dies bedeutet, dass ein Verurteilter, der seine Sucht erfolgreich überwunden hat, frühzeitig in die Gesellschaft zurückkehren kann.
Für die Betroffenen ist die Chance auf Therapie oft der einzige Weg, aus dem Teufelskreis von Sucht und Kriminalität auszubrechen. Durch die intensive Betreuung in der Entziehungsanstalt erhalten sie die notwendige Unterstützung, um ihre Lebenssituation langfristig zu verbessern.
Hilfe von einem Experten
Es ist von großer Bedeutung, bei der Anordnung und Berechnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen. Fehler bei der Anrechnung der Unterbringungsdauer oder bei der Festlegung der Vollstreckungsreihenfolge können schwerwiegende Folgen haben.

Es ist von großer Bedeutung, bei der Anordnung und Berechnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt einen spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen. Fehler bei der Anrechnung der Unterbringungsdauer oder bei der Festlegung der Vollstreckungsreihenfolge können schwerwiegende Folgen haben.
Wir als erfahrene Anwälte können sicherstellen, dass die Rechte des Betroffenen gewahrt bleiben und dass die bestmöglichen Bedingungen für eine erfolgreiche Therapie geschaffen werden.
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