Unternehmensnachfolge – Gesellschaftsrechtliche, steuerliche und erbrechtliche Aspekte
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Die Unternehmens- bzw. Betriebsnachfolge erfordert eine umfassende Planung, um steuerliche Belastungen und Streitigkeiten zu minimieren und sollte sowohl gesellschaftsrechtliche, steuerliche als auch erbrechtliche Faktoren berücksichtigen. Gesellschaftsrechtlich sind klare Regelungen im Gesellschaftsvertrag essenziell, um Unsicherheiten zu vermeiden.
Die Unternehmens- bzw. Betriebsnachfolge erfordert eine frühzeitige und umfassende Planung, um Streitigkeiten und steuerliche Belastungen zu vermeiden. Sie kann entweder zu Lebzeiten des Unternehmers durch Verträge oder im Todesfall durch testamentarische Regelungen erfolgen. In beiden Fällen sind gesellschaftsrechtliche Strukturen, steuerliche Konsequenzen und erbrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen.
1. Gesellschaftsrechtliche Herausforderungen
Ein zentrales Problem ist die Nachfolgeregelung im Gesellschaftsvertrag. Fehlen klare Bestimmungen, kann dies zu Unsicherheiten und Streitigkeiten zwischen Erben und Mitgesellschaftern führen. Besonders relevant sind sogenannte Vinkulierungsklauseln, die eine Zustimmung der übrigen Gesellschafter für die Übertragung von Anteilen vorsehen.
Urteil des OLG Hamm vom 19. Juni 2023 (Az. 8 U 177/22)
Das OLG Hamm entschied dazu aktuell, dass Vinkulierungsklauseln weit auszulegen sind und nicht nur direkte Anteilsübertragungen, sondern auch mittelbare Übertragungen erfassen. Dies bedeutet, dass eine Umgehung dieser Klauseln durch Zwischenschaltung von Gesellschaften oder Treuhandkonstruktionen unwirksam sein kann.
Folgen für die Vertragsgestaltung:
- Vinkulierungsklauseln sollten präzise formuliert werden, um unerwünschte Gesellschaftereintritte zu vermeiden.
- Der Gesellschaftsvertrag sollte klare Zustimmungserfordernisse und Konsequenzen für Verstöße regeln.
- Eine genaue Definition von „Übertragung“ sollte auch mittelbare Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse erfassen.
2. Steuerliche Aspekte
Die steuerlichen Folgen einer Unternehmensnachfolge sind erheblich, insbesondere im Hinblick auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer. Das Steuerrecht bietet jedoch Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG), die unter bestimmten Bedingungen eine weitgehende Steuerbefreiung ermöglichen. Entscheidend ist hierbei die Einhaltung der Behaltensfristen und der Lohnsummenregelungen.
Empfehlung:
- Eine frühzeitige steuerliche Optimierung durch Schenkungen zu Lebzeiten kann Steuerlasten reduzieren.
- Die Wahl der richtigen Rechtsform beeinflusst die steuerliche Behandlung erheblich.
- Eine rechtzeitige Abstimmung mit steuerlichen Beratern ist unerlässlich.
3. Erbrechtliche Fragestellungen
Wenn die Unternehmensnachfolge nicht durch lebzeitige Übertragung geregelt werden kann, muss sie testamentarisch festgelegt werden. Dabei stellt sich die Frage, wie sichergestellt werden kann, dass nach dem Tod des Unternehmers eine geordnete Übergabe erfolgt.
Zentrale Problemstellungen:
- Pflichtteilsrechte: Die Übertragung von Unternehmensanteilen kann zu Pflichtteilsansprüchen führen, die Liquiditätsprobleme für das Unternehmen nach sich ziehen. Hier können Pflichtteilsverzichte oder Stundungsregelungen helfen.
- Bestimmung des Nachfolgers: Um eine geordnete Fortführung des Unternehmens sicherzustellen, kann eine „Statthalterlösung“ gewählt werden. Dabei wird ein vorläufiger Verwalter eingesetzt, bis der endgültige Nachfolger bestimmt ist.
- Formale Anforderungen: Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte die Unternehmensnachfolge klar und widerspruchsfrei im Testament geregelt sein.
Fazit
Die Unternehmensnachfolge ist eine komplexe rechtliche Herausforderung, die sorgfältige gesellschaftsrechtliche, steuerliche und erbrechtliche Planung erfordert. Das Urteil des OLG Hamm zeigt, dass Umgehungsgestaltungen kritisch betrachtet werden und Vinkulierungsklauseln weit ausgelegt werden können. Um Streitigkeiten und finanzielle Belastungen zu vermeiden, sollten Nachfolgeregelungen rechtzeitig getroffen und individuell auf die jeweilige Unternehmensstruktur zugeschnitten werden.
Anwaltliche und steuerliche Beratung ist unerlässlich, um Erhalt und erfolgreiche Fortführung des Unternehmens sicherzustellen und Streit unter den Nachfolgern zu vermeiden.
Rechtsanwalt Johannes Goetz, Partner der Kanzlei Klamert & Partner PartGmbB, München, steht mit jahrelanger Erfahrung in der Beratung und Vertragsgestaltung zur Unternehmensnachfolge zur Verfügung.
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