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Unverschämte Jameda-Bewertung - Kommentar: BGH, 01.03.2016 - VI ZR 34/15

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Wer einmal „unverschämte Jameda Bewertung“ bei der Suchmaschine Google eingibt, bekommt einen Eindruck davon, wie auf Jameda Ärzte bewertet werden. Zurückhaltung wird da selten geübt. Vielmehr wird der Arzt von einigen Bewertern offenkundig als Dienstleister und Entertainer wahrgenommen. Was auch in den Bewertungskategorien von Jameda zum Ausdruck kommt.

Schon mehrfach habe ich hinsichtlich der Bewertungskategorien bei Jameda meine Bedenken geäußert, die zugegeben in gewisser Weise die Sinnhaftigkeit des Portals Jameda „an sich“ in Frage stellen. Dies soll exemplarisch an den Bewertungspunkten „Entertainment“ und „Behandlung“ erörtert werden.

a) Der Bewertungspunkt: „Entertainment“

Der Bewertungspunkt Entertainment ist nach meiner Meinung einfach albern. Ein Arztbesuch ist kein Besuch im Heide Park und es erschließt sich mir nicht, was genau bewertet werden soll. Welche Lesezirkel Zeitschriften im Wartezimmer ausliegen? Die Bewertung ist schnell geschrieben: „Sehr enttäuscht vom Entertainment, es gab nur die Ausgabe der „Fit for Fun“ aus dem letzten Monat. Bitte dringend ändern!!!!“

Oder „Wie bitte, keine iPads im Wartezimmer…und kein Bio Apfelsaft? Disslike.“ Der Besuch beim Arzt sollte der Heilung dienen und ist kein Happening. Wenn tatsächlich die Ausstattung des Wartezimmers für Patienten von solcher Bedeutung ist, dass dies mit anderen geteilt und bewertet werden muss, dann sagt das mehr über den Bewerter als den Bewerteten aus.

Generell muss man sich fragen, ob hier nicht eine Erwartungshaltung an den Arzt gestellt wird, die Ausdruck einer außer Kontrolle geratenen Anspruchskultur ist. Es gibt Berufe, bei denen die Tätigkeit an sich im Vordergrund steht und auch stehen muss. Der Bewertungspunkt Entertainment macht letztlich nur insoweit Sinn, als der „Entertainment“ Faktor einer Bewertung für den Bewerter zugänglich ist – anders als die „Behandlung“.

b) Der Bewertungspunkt „Behandlung“

In meiner Beratungspraxis wird die Behandlung von unzufriedenen Patienten sehr oft mit „ungenügend“ bewertet. Nach meinem Dafürhalten kann die Behandlung nur dann „ungenügend“ sein, wenn der Arzt eine Behandlung eindeutig nicht „lege artis“ durchgeführt hat. In über fünfzig Bewertungen, welche ich in den letzten 15 Monaten auf Rechtsverletzungen begutachtete, wurde dies aber nur in zwei Fällen so behauptet. In den meisten Fällen wird die Behandlung nach meinem Dafürhalten deswegen schlecht bewertet, um den Schaden für den Bewerteten zu maximieren bzw. um maximale Aufmerksamkeit zu erhalten. Obwohl ich damit der Auffassung bin, dass die Bewertung einer ärztlichen Leistung mit „ungenügend“ eben nur dann angemessen ist, wenn ärztliche Kunstfehler vorliegen, muss eingeräumt werden, dass der BGH, 01.03.2016 – VI ZR 34/15 hier den Bewertern deutlich mehr Spielraum einräumt:

„Entgegen der Auffassung der Revision ist die Vergabe der Note 6 in den Bereichen „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ aus Sicht eines durchschnittlichen Nutzers der Plattform weder dahingehend zu verstehen, dass diese Leistungen überhaupt nicht erbracht worden oder dem Kläger ärztliche Kunstfehler unterlaufen seien, noch dahingehend, dass die vom Kläger erbrachten Leistungen den Anforderungen an eine professionelle Zahnbehandlung in keiner Weise entsprächen und selbst die hierfür erforderlichen Grundkenntnisse des Klägers so lückenhaft seien, dass er diese Mängel auch in Fortbildungskursen in absehbarer Zeit nicht beheben könne. Ein derartiger Aussagegehalt kommt der angegriffenen Bewertung – was der erkennende Senat selbst beurteilen kann (vgl. Senatsurteil vom 18. November 2014 – VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 19 mwN – Chefjustiziar) – nicht zu. Dass mit der Bewertung nicht der Vorwurf eines (objektiven) Behandlungsfehlers verbunden ist, ergibt sich bereits daraus, dass es sich beim Bewertenden – für den durchschnittlichen Leser erkennbar – typischerweise um einen medizinischen Laien handelt, der zur Feststellung eines Behandlungsfehlers regelmäßig überhaupt nicht in der Lage ist. Entsprechendes gilt für die Bewertung der Aufklärung mit der Note 6.“

Ich halte diese Auffassung des BGH für unzutreffend. Letztlich wird argumentiert, dass ein Patient etwas bewerten darf, obwohl ihm die Fachkunde dazu fehlt mit der Begründung, dass alle wissen, dass ihm die Fachkunde fehlt. Das leuchtet mir beim besten Willen nicht ein. Nach meinem Dafürhalten ist dies Ausdruck einer verfehlten Differenzierung zwischen Tatsachen und Meinungsäußerungen – vgl. dazu meinen Artikel: Jameda-Bewertung löschen | Jameda-Eintrag entfernen | Hilfe

Die Erde ist eine Kugel. Dies ist eine Tatsache, die dem Wahrheitsbeweis zugänglich ist. Wenn jemand behauptet, die Erde sei eine Scheibe – diese Menschen gibt es wirklich – wird das nicht deswegen zumutbarer, weil der Äußernde noch nie im Weltraum war – und alle anderen Leser dieser Bewertung dies wissen.

Der BGH verkennt ferner ganz klar die wirtschaftliche Bedeutung dieser Bewertungsprotale für Selbstständige. Darauf möchte ich mit gesondertem Artikel eingehen.

Wenn Sie eine unverschämte Jameda Bewertung erhalten haben, können Sie mich gern zu diesem Thema kontaktieren. Sprechen Sie mich gern zu Thema im Rahmen einer kurzen kostenlosen telefonischen Ersteinschätzung an.


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