UPDATE Online Coaching: Nichtigkeit des Vertrags (OLG Celle)

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Die Fälle, in denen Betroffene erhebliche Schwierigkeiten haben, sich von den geschlossenen Online-Coaching-Verträgen, die mit hohen Kosten verbunden sind, zu lösen, häufen sich. Bereits im März diesen Jahres haben wir den in den Verträgen häufig vereinbarten Widerrufsverzicht ausführlich thematisiert.


Das OLG Celle hat im März 2023 entschieden, dass Online-Coaching-Verträge nichtig sind, wenn der Coaching-Anbieter nicht über eine entsprechende Zulassung für Fernlehrgängen nach § 12 Fernunterrichtsschutzgesetz verfüge. Es stellte fest, dass die Vorschriften des FernUSG auch für Unternehmer gelten. Damit hat es für viele Betroffene eine Möglichkeit eröffnet, um aus solchen Verträgen herauszukommen.

 
Entscheidung der Vorinstanz

Im letzten Jahr hatte das hatte das LG Stade in diesem Fall (Urt. v. 18.08.2022 - AZ: 3 O 5/22) entschieden, dass der betreffende Coachingvertrag aufgrund von Wucher  sittenwidrig sei und der Vertrag somit nichtig. Es bestehe ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Zahlungsverpflichtung von insgesamt 26.40,00 Euro und der vom Kläger versprochenen Gegenleistung. Sie übersteige den marktüblichen Preis um ungefähr das zehnfache, sodass ein Zahlungsanspruch des klagenden Coaching-Anbieters nicht bestehe. 

Die Beklagte hatte einen Vertrag über ein Online-Coaching mit einer Laufzeit von 12 Monaten mit dem Beklagten geschlossen. Die monatlichen Kosten hierfür betrugen 2.2200,00 Euro netto. Kurze Zeit nach dem Vertragsschluss erklärte die Beklagte sowohl die Anfechtung als auch Widerruf und Kündigung, da sie nicht mehr an dem Vertrag festhalten wollte.

Der Coaching-Anbieter machte geltend, der Beklagten stehe schon kein Widerrufsrecht zu, da sie den Vertrag als Unternehmerin (und nicht als Verbraucherin) geschlossen habe. 

Gerade für Unternehmer war es bislang tatsächlich schwierig aus solchen Verträgen herauszukommen, da sie im Gegensatz zu Verbrauchern kein Widerrufsrecht haben. Dementsprechend legten die Coaching-Anbieter Wert darauf, dass der Vertrag als Unternehmer geschlossen wurde.


Nichtigkeit des Coaching-Vertrags

Der Anbieter des Coachings ist daraufhin in Berufung gegangen. Allerdings war das OLG Celle der Ansicht, das Landgericht habe die Klage (im Ergebnis) zu Recht abgewiesen (Urt. v. 01.03.2023, Az.: 3 U 85/22). Das OLG bezog sich dafür jedoch auf Vorschriften des Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG).

Ein Zahlungsanspruch des Anbieters komme schon deswegen nicht in Betracht, weil der Vertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig sei.

Das Gericht stellte in dem Zusammenhang nämlich nun fest, dass die Regelungen des FernUSG auch dann Anwendungen fänden, wenn es sich um einen Unternehmer handelt. Damit hat es gewissermaßen eine Lanze für die Coaching-Teilnehmer gebrochen.  

Denn nach § 12 Abs. 1 FernUSG bedürfen Fernlehrgänge einer Zulassung durch die zuständige Behörde. Wird ein Vertrag ohne die erforderliche Zulassung geschlossen, so ist dieser gem. § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig.  


Keine Zahlungspflicht 

Über die erforderliche Zulassung für Fernlehrgänge verfügte der Anbieter nicht.  Da der Schutz der Regelungen des FernUSG auch für Unternehmer gelte, sei es unerheblich ob die Beklagte den Vertrag als Verbraucherin oder Unternehmerin geschlossen habe. Die Beklagte müsse daher keine weiteren Zahlungen leisten und könne darüber hinaus auch die bereits gezahlten Kosten vom Coaching-Anbieter zurückfordern.

Es ist davon auszugehen, dass die allermeisten Coaches gerade nicht über die notwendige Zulassung verfügen. Somit hat das OLG im vorliegenden Fall eine neue Möglichkeit dargestellt, um sich von solchen Coachingverträgen zu lösen.


Wann handelt es sich um „Fernunterricht“ i.S.d. § 1 Abs. 1 FernUSG

Voraussetzung für die Anwendung der Regelungen des FernUSG ist, dass es sich bei dem Coaching um überhaupt Fernunterricht handelt. Dies ist nach § 2 Abs 1. FernUSG der Fall, wenn der Lehrende und der Lernende überwiegend räumlich getrennt sind. Dies wird bei Online-Coachings regelmäßig der Fall sein. 
Des Weiteren muss der Lehrende oder sein beauftragter den Lernerfolg überwachen. Diese Voraussetzung sah das OLG als erfüllt, da der Beklagten die Möglichkeit der Rücksprache (in Form von Sprechstunden bzw. WhatsApp-Support) gegeben wurde. Individuelle Prüfungsaufgaben seien dagegen nicht Voraussetzung für eine Überwachung des Lernerfolgs.


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