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Vater ist Discjockey – Umgang mit Kindern in der Disco?

  • 5 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Sind aus einer zwischenzeitlich geschiedenen Ehe Kinder hervorgegangen, so wird für den Elternteil, bei dem die Kinder nicht dauerhaft leben, ein sogenanntes Umgangsrecht vereinbart. Wie und wo dieses Umgangsrecht ausgeübt wird, ist grundsätzlich Sache des Umgangsberechtigten, wenn dabei das Kindeswohl nicht verletzt wird. Einen Streit über die Ausübung des Umgangsrechts hatte das Kammergericht (KG) Berlin in einem aktuellen Fall zu entscheiden.

Vater hat das Umgangsrecht

Im vorliegenden Fall wohnten die beiden Kinder bei der Mutter und der Vater hatte ein Umgangsrecht, das nach dem üblichen Modell geregelt war: Jedes zweite Wochenende besuchten die Kinder ihren Vater. Problematisch an der Situation ist aber, dass der Mann bereits seit fast 20 Jahren als DJ/Alleinunterhalter tätig ist und daher meist am Wochenende und abends arbeitet.

Kinder an den Arbeitsplatz mitgenommen

Am Freitag, den 24.4.2015, war der Mann abends für eine Veranstaltung, eine Modenschau mit Möglichkeit zum Tanz in einer Gaststätte, gebucht. Allerdings hatte er auch an diesem Wochenende seine Söhne bei sich. Nachdem er seine Exfrau mit Hinweis auf sein Engagement darum gebeten hatte, den Umgang an diesem Wochenende zu verschieben, diese aber dem Wunsch nicht nachgekommen war, nahm er die beiden Kinder kurzerhand mit zur Arbeit.

Für Betreuung war gesorgt

An besagtem Freitagnachmittag holte der Vater die Kinder an einem Spielplatz ab und fuhr mit ihnen und seiner neuen Frau zum Veranstaltungsort. Dort konnten die Kinder ihn beim Aufbau der Musikanlage beobachten und saßen später mit ihm zusammen am Mischpult. Dort verbrachten sie auch die Zeit während der Modenschau und dem ersten Teil des Abendprogramms. Als die Kinder zwischen 21.30 und 22 Uhr schläfrig wurden, begleiteten der Vater und seine Frau die Kinder in einen Raum neben bzw. unterhalb der Bühne, wo beide Kinder unter Betreuung der Frau auf einer Couch einschliefen. Zwischen 22.40 und 23.00 Uhr erschien die Mutter im Kellerraum, wodurch die Kinder aufwachten. Nach dem Ende der Veranstaltung nach Mitternacht brachte der Vater die Kinder sodann mit einem Auto zu sich nach Hause.

Mutter verlangt Festsetzung von Ordnungsgeld

Durch diesen von ihr behaupteten Verstoß gegen die gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung war die Mutter derart aufgebracht, dass sie beim Familiengericht die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Vater beantragte. Sowohl der Antrag vor dem Familiengericht am Amtsgericht Pankow-Weißensee als auch die Beschwerde beim KG Berlin hatten keinen Erfolg.

Ort des Umgangs bestimmt allein der Umgangsberechtigte

Die Richter zeigten Verständnis für den Vater und wiesen den Antrag der Mutter ab. Sie erklärten, dass der Vorwurf der Mutter, der Vater habe durch die Mitnahme der Kinder an den Veranstaltungsort gegen die Umgangsvereinbarung verstoßen, nicht korrekt sei. Es ist in rechtlicher Hinsicht nämlich so, dass allein der Umgangsberechtigte entscheiden darf, an welchem Ort der Umgang stattfindet und wie bzw. auf welche Weise der Umgang ausgestaltet ist. In der Regel findet der Umgang wohl zu Hause statt, dies ist jedoch nicht zwingend. Grundsätzlich kann der Umgang an jedem beliebigen Ort, auch am Arbeitsplatz, sattfinden, wenn dadurch das Kindeswohl nicht gefährdet und für geeignete Betreuung gesorgt ist. Dies war bei dem Veranstaltungsort, an dem der Vater als DJ arbeitete, der Fall, denn es handelte sich lediglich um eine Gaststätte bzw. ein Tanzlokal, in dem sich Kinder nach jugendschutzrechtlichen Bestimmungen aufhalten dürfen, wenn erziehungsberichtigte Personen anwesend sind und die Kinder nicht ohne Begleitung sind. Auch dies war der Fall, da sich zunächst der Vater um die Kinder kümmerte und später die neue Frau des Mannes die Kinder beaufsichtigte.

Nachts ist bei einem DJ später

Die Mutter der Kinder begründete ihren Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgelds außerdem damit, dass der Vater laut der Umgangsvereinbarung während der Umgangszeiten mit den Kindern nachts zu Hause sein müsse, dies aber an besagtem Tag nachweislich nicht war. Auch diesen Punkt wiesen die Richter zurück. Zum einen ist nicht klar, welchen Zeitraum die Eltern in der Umgangsvereinbarung mit „nachts“ meinen, denn nach § 758a Abs. 4 S. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) gilt als Nachtzeit die Zeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr. Für einen DJ ist nachts aber noch nicht 21 Uhr, sodass er folglich auch nicht um diese Uhrzeit mit den Kindern zu Hause sein muss. Zum anderen lasse sich aus der Umgangsvereinbarung gerade nicht entnehmen, dass der Vater mit den Kindern lediglich bei sich zu Hause sein dürfe. Er könne mit den Kindern beispielsweise auch in den Ferien den Umgang an jedem anderen Ort verbringen.

Vater hatte Verschiebung des Termins vorgeschlagen

Im vorliegenden Fall kam noch hinzu, dass der Vater die Mutter wegen seines Engagements um Verschiebung des Umgangstermins am 24.04.2015 gebeten hatte. Solche Verschiebungen waren bis zu diesem Zeitpunkt auch üblich. Die Verschiebung des streitigen Termins hatte die Mutter jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass sie am Abend des 24.04.2015 mit Freundinnen in ihren Geburtstag am 25.04.2015 hineinfeiern wolle. Die Richter erklärten jedoch, dass diese Begründung nicht geeignet sei, die Ablehnung der Verschiebung des Termins zu rechtfertigen. Ihr hätte daher klar sein müssen, dass der Vater ohne die Verschiebung des Termins die Kinder an besagtem Freitag mit zu seinem Einsatzort nehmen muss.

Eltern sollen Beratung beim Jugendamt aufsuchen

Die Richter erinnerten beide Elternteile daran, dass es sich beim Umgang um ein Recht der Kinder gem. § 1684 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelt. Durch den hier verhandelten Fall und andere Vorfälle in der Vergangenheit scheint das Kindeswohl bei beiden aus dem Blick geraten zu sein. Aus diesem Grund wird den Eltern geraten, eine Ehe- bzw. Familienberatung des Jugendamtes aufzusuchen und sich dort aufgrund der beruflichen Tätigkeit des Vaters über eine Anpassung der Umgangsvereinbarung Gedanken zu machen, vor allem dahingehend, ob es nicht sinnvoll und sachgerecht sei, die neue Ehefrau des Vaters oder andere geeignete Personen stärker in die nächtliche Betreuung der beiden Kinder einzubinden.

Fazit: Grundsätzlich darf allein der Umgangsberechtigte über den Ort sowie die Art und Weise der Ausübung des Umgangsrechts entscheiden – dabei muss aber immer das Kindeswohl beachtet werden.

(KG Berlin, Beschluss v. 08.10.2015, Az.: 13 WF 149/15)

(WEI)

Foto(s): ©fotolia.de

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