Verfahrenskostenhilfe für Scheidung zurückzahlen, wann?

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Vielfach erreicht uns die Frage, ob, wer mit der Scheidung einen hohen Betrag vom Partner wegen des Zugewinnausgleichs erhält, davon sofort seine vorher bewilligte Verfahrenskostenhilfe (VKH) an den Staat zurückzahlen muss. Hier gibt es zwei Fälle zu unterscheiden, und darüber hinaus weitere interessante Dinge, die Ihnen (hoffentlich - wenn nicht, fragen Sie uns gern über das Kontaktformular kostenlos an) die Angst vor einer vom Staat finanzierten Scheidung nehmen, weil Sie die Rückzahlung fürchten. Zurückzahlen müssen Sie, wenn sich "Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verbessert haben" - was aber, wenn dies zwar so käme, aber gleichzeitig auch neue Schulden? Was ist mit dem Geld eines neuen Ehepartners? Wir bereiten in diesem Artikel zahlreiche Szenarien mustergültig für Sie auf!

Wie lange müssen Sie die folgenden Szenarien im Hinterkopf behalten?

Sprich - wie lange nach der Scheidung wären Sie eventuell rückzahlungspflichtig, wenn sich in diesem Zeitraum Ihre Solvenz erhöht?

Bei Scheidung ist es ein wenig anders als bei sonstigen Verfahren mit VKH (es gibt ja nicht nur Scheidungen, die so finanziert werden). Normalerweise sind es 4 Jahre nach Rechtskraft. Bei Scheidungen beginnt die Uhr allerdings erst zu laufen, wenn etwaig vom eigentlichen Verfahren abgetrennte Scheidungsfolgesachen zu Ende verhandelt wurden und Rechtskraft erlangen.

Ist aber nur ein Detail. Wichtiger ist, was sich der Staat unter einer "wesentlichen" Verbesserung Ihrer wirtschaftlichen Lage vorstellt, in der Sie die gewährte VKH zurückerstatten müssten.

Wann ist von einer "wesentlichen Verbesserung" der eigenen wirtschaftlichen Situation auszugehen?

Bei einer Erbschaft oder einem Lottogewinn - gut, das ist klar, kommt aber auch gerade in diesem Zeitraum meist nicht vor. Die Mehrzahl der Leute wird ein Unterschied von 100 EUR im Monat beschäftigen, und darum dreht es sich auch:

Sind 100 EUR (brutto) eine "Verbesserung"?

Änderungen im regelmäßigen Monatseinkommen, die dauerhaft eine Steigerung von mehr als 100 € gegenüber dem bisher angenommenen Einkommen ausmachen, sind nach § 120a Absatz II ZPO von Bedeutung. Hierbei ist der Bruttobetrag entscheidend, da dieser im Gegensatz zum Nettobetrag ohne zusätzliche Berechnungen festgestellt werden kann. Sollten Sie also monatlich mehr als 100 € brutto zusätzlich verdienen, besteht grundsätzlich die Verpflichtung, dies dem Gericht mitzuteilen.

Doch 100 EUR mehr im Monat können auch auf andere Art und Weise entstehen - was dann?

Verringerung Ihrer finanziellen Verpflichtungen

Sollten sich abzugsfähige Lasten verringern oder komplett entfallen, sind Sie ebenso dazu aufgefordert, das Gericht darüber in Kenntnis zu setzen, sobald die Änderung 100 € übersteigt. Dies könnte der Fall sein, wenn Sie 

  • ein Darlehen abbezahlt haben, 
  • keine Unterhaltsverpflichtungen mehr bestehen, 
  • oder Sie durch einen Umzug weniger Miete zahlen müssen.

Einkommen steigt etwas, Ausgaben sinken etwas

Eine signifikante Veränderung Ihrer finanziellen Lage kann auch aus einer Kombination von gestiegenem Einkommen und dem Wegfall von Schulden resultieren. Wenn Ihr Einkommen zum Beispiel um 60 € steigt und gleichzeitig Lasten in Höhe von 50 € entfallen, verfügen Sie netto über 110 € mehr und sind zur Benachrichtigung des Gerichts verpflichtet. Tritt die Reduzierung der Lasten nach der Einkommenserhöhung ein, ist die Änderung erst zu diesem Zeitpunkt relevant.

Einkommen steigt sehr, Ausgaben aber auch

Wenn Ihr Einkommen um 120 € monatlich ansteigt und gleichzeitig neue finanzielle Belastungen von 60 € hinzukommen, sind Sie verpflichtet, das Gericht darüber zu informieren, auch wenn sich Ihr Einkommen netto nur um 60 € erhöht. Ob die neuen Verpflichtungen Ihr Einkommen tatsächlich schmälern, liegt im Ermessen des Gerichts.

Erbschaft und Vermögensverbesserungen

Eine Veränderung Ihrer finanziellen Verhältnisse kann auch durch den Erwerb von Vermögenswerten eintreten, beispielsweise durch eine erhebliche Erbschaft. In solchen Fällen sind Sie dazu verpflichtet, das Gericht zu informieren, was dazu führen kann, dass höhere Zahlungen von Ihnen verlangt werden oder eine Einmalzahlung aus dem Vermögenswert angeordnet wird.

Eine signifikante Verbesserung der finanziellen Lage kann auch durch den Erwerb von Vermögen infolge rechtlicher Schritte resultieren:

VKH vom Zugewinn zurückzahlen?

Die Gretchenfrage vom Anfang, und ein häufig nachgefragtes Thema bei uns. Im Kontext einer Scheidung, wenn ein Ehepartner einen Ausgleich für den Zugewinn leistet, entsteht die Frage, inwiefern dieser Vermögenszuwachs bei der Rückzahlung von Verfahrenskostenhilfe berücksichtigt wird. In solchen Fällen soll das Gericht bewerten, ob eine Anpassung der Entscheidung bezüglich der finanziellen Unterstützung aufgrund des durch rechtliche Schritte erworbenen Vermögens angebracht ist, gemäß § 120a Abs. II ZPO.

Die Notwendigkeit, die gewährte Verfahrenskostenhilfe zurückzuzahlen, falls der Zugewinnausgleich von dem anderen Ehepartner erhalten wird, variiert je nach Art des Verfahrens. Erfolgt der Zugewinnausgleich im Rahmen des Scheidungsverfahrens als verbundene Folgesache und wird gemeinsam mit der Scheidung behandelt, ist eine Rückzahlung der Verfahrenskostenhilfe für den Anspruch auf Zugewinnausgleich normalerweise nicht erforderlich. 

Anders verhält es sich, wenn der Zugewinnausgleich in einem separaten Verfahren, oft zeitlich nach der Scheidung, unabhängig vom Scheidungsverfahren eingefordert wird. In solchen Fällen kann eine Rückforderung der Verfahrenskostenhilfe aufgrund des durch den Zugewinnausgleich erlangten Vermögens erfolgen.

Wird ein/e neu geheiratete/r Partner/in zur Kasse gebeten?

Wenn Sie nach einer Scheidung wieder heiraten, wird das Einkommen Ihres neuen Partners in der Regel nicht berücksichtigt. Dies gilt vor allem dann, wenn Sie über ein eigenes Einkommen verfügen und nicht von finanzieller Hilfe Ihres neuen Partners abhängig sind.

Sollten Sie jedoch keine eigene Erwerbstätigkeit ausüben oder nur über ein geringes eigenes Einkommen verfügen, kann Ihnen gegenüber Ihrem neuen Partner ein Anspruch auf finanzielle Unterstützung im Rahmen des Familienunterhalts sowie auf ein angemessenes „Taschengeld“ zustehen. Wenn Sie dazu aufgefordert werden, aktuelle Nachweise über Einkommen und Vermögen bei Gericht einzureichen, müssen Sie im entsprechenden Formular angeben, ob ein Anspruch auf Unterstützung besteht (auch wenn keine Zahlungen geleistet werden) und im Abschnitt „Ehegatte“ Auskunft über die finanziellen Verhältnisse Ihres Partners geben. Dabei spielt es keine Rolle, dass Ihr neuer Partner mit Ihrer früheren Scheidung in keiner Weise verbunden war. Ziel ist es, Ihre gegenwärtige finanzielle Lage und nicht die vergangene zu bewerten. Wenn also ein Unterhalts- oder Taschengeldanspruch vorliegt, kann dies als Einkommensverbesserung angesehen werden, die Ihre finanzielle Situation um mindestens 100 € brutto erhöht.

Die Offenlegung der finanziellen Verhältnisse Ihres neuen Ehegatten ermöglicht es dem Gericht, die Höhe eines möglichen Anspruchs festzustellen. Dabei werden jedoch nicht nur die Einkünfte, sondern auch Ausgaben, Freibeträge für Ihren Partner und Sie selbst sowie für eventuell unterhaltsberechtigte Kinder in die Berechnung miteinbezogen.

Scheidung mit VKH - jetzt Anspruch prüfen!

Woher erfahren Sie, ob Sie Anspruch auf VKH hätten für Ihre Scheidung? Senden Sie uns gern eine Nachricht, in der Sie Ihr Interesse an einem Kostenvoranschlag für Ihre Scheidung bekunden. Sie erhalten dann einen schriftlichen Kostenvoranschlag anhand Ihrer Angaben. Dabei erfahren Sie automatisch, ob Sie Anspruch auf VKH haben.

Wir freuen uns über Ihre Nachricht!

Foto(s): iurFRIEND

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