Verkehrsunfall – was ist zu tun?

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Geschieht ein Verkehrsunfall, gibt es einiges zu beachten. Das gilt für das richtige Verhalten bei der Unfallabwicklung bis zur Meldung bei der Versicherung. Wer bedacht agiert und die richtigen Entscheidungen trifft, kann sich Ärger und Kosten sparen. Worauf es nach einem Verkehrsunfall ankommt – wir haben die wichtigsten Rechtstipps für Sie zusammengefasst.

Was ist zu tun, wenn sich ein Unfall ereignet hat?

Wer an einem Unfall beteiligt ist, ist gesetzlich dazu verpflichtet, sofort anzuhalten und am Unfallort zu bleiben, um die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Anhalten müssen Sie selbst dann, wenn es nicht zu einer Berührung mit dem Unfallfahrzeug gekommen ist. Das Gesetz schreibt ausdrücklich eine Anwesenheitspflicht vor, die nicht durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann. Um der Feststellungspflicht zu genügen, müssen Sie auf Verlangen Ihren Namen und Ihre Adressdaten angeben, die Fahrzeugpapiere und den Führerschein vorzeigen sowie Angaben zu Ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung machen.

Ist der Geschädigte nicht am Unfallort anwesend, weil sich der Unfall zum Beispiel auf einem Parkplatz ereignet hat, müssen Sie eine angemessene Wartezeit einhalten. Die Dauer ist unter anderem abhängig von der Schwere des Unfalls, von der Schadenshöhe und der Tageszeit. Erst nach Ablauf der Wartezeit dürfen Sie den Unfallort verlassen, nicht jedoch ohne Ihren Namen sowie die Kontaktdaten hinterlassen zu haben.

Wichtig! Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, macht sich nach § 142 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar. Neben einer empfindlichen Geldstrafe kann in schweren Fällen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren drohen. Oftmals wird für einen gewissen Zeitraum auch die Fahrerlaubnis entzogen.

Wann und wie müssen Sie die Unfallstelle sichern?

Die Unfallstelle muss unverzüglich gesichert werden. Das geschieht durch das Einschalten der Warnblinkanlage. Anschließend stellen Sie ein Warndreieck auf. Dazu bauen Sie das Warndreieck auf und stellen es an geeigneter Position ab. Bleiben Sie dabei immer am äußersten Rand der Fahrbahn beziehungsweise hinter der Leitplanke und halten Sie das Warndreieck bis zum Aufstellen deutlich sichtbar vor Ihren Körper. Danach kehren Sie zur Unfallstelle zurück. Diese Vorgehensweise gilt übrigens nicht nur für Unfälle, sondern auch wenn Ihr Fahrzeug infolge eines technischen Defekts auf der Straße liegen geblieben ist.

Konkrete gesetzliche Regelungen, in welcher Distanz das Warndreieck aufgestellt werden soll, gibt es nicht. Es gibt jedoch Richtwerte, die innerhalb von Ortschaften eine Distanz von 50 Metern vorgeben, auf Landstraßen 100 Meter und aufgrund der höheren Geschwindigkeit auf Autobahnen 150 bis 400 Meter. Als Orientierung für die ungefähre Entfernung dienen Leitpfosten, zwischen denen der Abstand jeweils 50 Meter beträgt.

Seit 2014 gilt in Deutschland die Pflicht, im Fahrzeug eine Warnweste aufzubewahren. Sobald Sie Ihr Fahrzeug an der Unfallstelle verlassen, sollten Sie diesen reflektierenden Überwurf überziehen. Bei schlechter Sicht und bei Dunkelheit sollten Sie außerdem eine Warnleuchte aufstellen.

Wichtig! Ein Warndreieck ist ein Warnsymbol, das nach § 53a StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) verpflichtend in jedem Fahrzeug mitgeführt werden muss. Wer gegen diese Vorschrift verstößt, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 15 Euro rechnen. Werden eine Unfallstelle oder ein Pannenfahrzeug nicht ausreichend gekennzeichnet, droht ein Bußgeld in Höhe von 30 Euro. Auch versicherungsrechtlich ist die Sicherung der Unfallstelle von Bedeutung. Die Versicherung kann die Haftung bei nicht ausreichender Sicherung auf den Versicherten übertragen. Das gilt auch für mögliche Schäden, die durch die Missachtung der gesetzlichen Sicherungspflichten verursacht wurden, deren Kosten ebenfalls auf den Versicherten abgewälzt werden können.

Wen verständigen Sie nach einem Unfall?

Um den Unfallhergang aufzunehmen, sollten Sie die Polizei rufen. Das ist allein schon aus versicherungsrechtlichen Gründen empfehlenswert. Auf keinen Fall verzichten sollten Sie auf die Polizei, wenn es sich um hohe Sachschäden handelt, wenn ausländische Fahrzeuge am Unfall beteiligt sind oder wenn die Schuldfrage offensichtlich nicht geklärt werden kann. Gibt es Verletzte, sollte auch ein Rettungswagen angefordert werden. Das gilt selbst dann, wenn die Verletzungen augenscheinlich klein beziehungsweise harmlos sind. Tatsächlich lässt sich nicht mit bloßem Auge feststellen, wie schwerwiegend Verletzungen sein können, ganz abgesehen von dem traumatischen Erlebnis des Unfalls.

Wichtig! Veranlassen Sie so früh wie möglich, dass mit der europaweit geltenden Notrufnummer 112 weitere Hilfe angefordert wird. Bei der Notrufmeldung ist es wichtig, W-Fragen zu beantworten: Wer meldet den Unfall? Wo ist der Unfall geschehen? Was ist passiert? Wie viele Menschen sind am Unfallgeschehen beteiligt? Weisen Sie darauf hin, sofern in den Unfall Gefahrengut involviert ist. Warten Sie gegebenenfalls auf Rückfragen, bevor Sie das Gespräch beenden.

Worauf müssen Sie achten, wenn Sie erste Hilfe am Unfallort leisten?

Sofern es Verletzte gibt, bringen Sie diese zunächst aus der Gefahrenzone. Ist ein Verunglückter lebensgefährlich bedroht, wird er mithilfe des sogenannten Rautek-Rettungsgriffs aus dem Fahrzeug gezogen, nachdem Sie sich zuvor ein Bild über den Zustand des Verletzten gemacht haben. Schalten Sie vorab die Zündung des Wagens aus, öffnen Sie den Sicherheitsgut und achten Sie darauf, dass keine Körperteile eingeklemmt sind.

Wichtig! Für den Rautek-Rettungsgriff drehen Sie den Verletzten mit dem Rücken zu sich, und legen Sie seinen Unterarm vor seinen Bauch. Greifen Sie mit beiden Händen durch die Achselhöhe des Verletzten und umfassen seinen Unterarm. Nun können Sie ihn an einen sicheren Ort ziehen.

Anschließend prüfen Sie, ob der Verletzte noch atmet, ob er ansprechbar ist, ob er sich bewegt und ob er gegebenenfalls auf Rütteln an der Schulter reagiert.

  • Die Atemwege des Verletzten machen Sie frei, indem Sie sein Kinn anheben und seinen Kopf nach hinten neigen.
  • Die Seitenlage bewahrt bewusstlose Unfallopfer vor dem Ersticken. Ist die Atmung normal, bringen Sie den Bewusstlosen in eine stabile Seitenlage.
  • Kommt es zu einem Atemstillstand, beginnen Sie unverzüglich mit der Wiederbelebung, bei der Atem spenden im Wechsel mit einer Herzdruckmassage den Kreislauf des Verletzten aufrechterhalten. Auf 30 Mal Herzdruckmassage folgen zwei Mal Beatmen. Das setzen Sie so lange fort, bis der Verletzte wieder selbstständig atmet oder bis professionelle Helfer übernehmen.

Wichtig! Es besteht eine gesetzliche Pflicht, bei Unfällen erste Hilfe zu leisten. Wer zumutbare Hilfe nicht erbringt, kann sich nach § 323c StGB (Strafgesetzbuch) wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar machen. Das gilt auch für Personen, die selbst nicht am Unfallgeschehen beteiligt sind. Darüber hinaus ist es auch strafbar, Personen an der Hilfeleistung zu hindern.

Wie sichern Sie Beweise?

Nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO (Straßenverkehrsordnung) muss nach einem Verkehrsunfall bei geringwertigen Schäden die Unfallstelle zeitnah geräumt werden. Um Verkehrsbeeinträchtigungen zu vermeiden, ist es deshalb sinnvoll, Unfallfahrzeuge an den Straßenrand zu fahren. Insoweit ist eine Abwägung erforderlich zwischen dem entstandenen Schaden und der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer. Insbesondere bei Bagatellschäden ist es nicht zwingend notwendig, die Polizei einzuschalten. Umso wichtiger ist es, den Unfall selbstständig zu dokumentieren, zum Beispiel durch entsprechende Fotobeweise und durch ein eigenhändig erstelltes Unfallprotokoll.

Vor dem Beräumen der Unfallstelle sollten Bildaufnahmen vom Unfallgeschehen aus mehreren Entfernungen und Perspektiven angefertigt werden. Dabei sind Reifenspuren ebenso relevant wie die Lage von Fahrzeugteilen, die auf der Straße markiert werden dürfen. Zu den Inhalten eines Unfallprotokolls gehören unter anderem Unfallort, Unfallzeit, Unfallbeteiligte, eine Beschreibung der Sachschäden, Fahrzeughalter, Fahrzeugtypen und Kennzeichen, die jeweiligen Versicherungen, Zeugen einschließlich der Adressdaten und eine Schilderung des Unfallhergangs.

Wichtig! Nach § 34 Abs. 3 StVO können Sie mit einer Geldbuße belangt werden, wenn Sie Unfallspuren beseitigen, ohne vorab die erforderlichen Beweissicherungsmaßnahmen zu treffen.

Wann müssen Sie Ihre Versicherung informieren?

Zögern Sie nicht, unverzüglich Ihre Versicherung über den Unfall in Kenntnis zu setzen, auch wenn Sie regelmäßig eine Woche Zeit für die Schadensmeldung haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie der Unfallverursacher oder schuldlos in einen Unfall verwickelt sind. Die Schadensanzeige erfolgt schriftlich oder telefonisch. Mitgeteilt werden unter anderem Sachschäden, Personenschäden sowie Name und Adresse des Unfallgegners. Sie können auch wahrheitsgetreu den Unfallhergang schildern. Ihre Versicherung wird dann das Verfahren führen und sich um die Schadensregulierung kümmern.

Wichtig! Eine verspätete Unfallanzeige bei der Versicherung kann zu Nachteilen bei der Schadensregulierung oder zum Verlust des Versicherungsschutzes führen.

Sabrina J. Thewes

Rechtsanwältin

Rechtsanwälte am Malzbüchel


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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