Vermieter oder Unternehmer? Die versteckte Gefahr der Unternehmereigenschaft

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Viele private Vermieter gehen davon aus, dass sie rechtlich als Privatpersonen agieren – schließlich besitzen sie „nur“ ein oder zwei Wohnungen oder ein kleines Mehrfamilienhaus. Doch die Realität sieht anders aus: Gerichte erkennen immer häufiger auch private Vermieter als Unternehmer an, wenn sie ihre Wohnungen planmäßig und professionell vermieten.

Was bedeutet das? Sobald ein Vermieter als Unternehmer eingestuft wird, gelten strenge Verbraucherschutzvorschriften – und das kann Mietern sogar ein Widerrufsrecht von bis zu 13 Monatenermöglichen. Ein Szenario, das dramatische finanzielle Folgen haben kann: Mieter könnten eine Wohnung monatelang nutzen und anschließend die gezahlte Miete zurückfordern!

Doch wann genau gilt ein Vermieter als Unternehmer? Welche Faktoren spielen eine Rolle? Und wie kann man sich davor schützen?


1. Wann wird ein Vermieter als Unternehmer eingestuft?

Grundsätzlich gilt nach § 14 BGB, dass jemand als Unternehmer eingestuft wird, wenn er eine selbstständige, planmäßige und auf Dauer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Diese Definition ist jedoch weit gefasst, und Gerichte interpretieren sie unterschiedlich.

Die entscheidende Frage ist: Betreibt der Vermieter seine Tätigkeit „wie ein Unternehmer“ oder verwaltet er lediglich sein Privatvermögen?

1.1. Kriterien für eine Unternehmereigenschaft

Gerichte haben verschiedene Faktoren entwickelt, anhand derer sie beurteilen, ob eine Unternehmereigenschaft vorliegt. Wichtige Kriterien sind:

Anzahl der vermieteten Objekte: Schon ab zwei bis drei Wohnungen kann eine Unternehmereigenschaft angenommen werden.
Regelmäßige Inserate und aktive Mietersuche: Wer dauerhaft Wohnungen auf Immobilienportalen oder in Zeitungen bewirbt, verhält sich unternehmerisch.
Einsatz von Verwaltern oder Maklern: Wer ein Büro unterhält oder eine Hausverwaltung beauftragt, kann als Unternehmer gelten.
Steuerliche Behandlung: Wer die Vermietung umsatzsteuerlich optimiert oder Sonderabschreibungen nutzt, rückt in Richtung Unternehmertum.
Kurzfristige Vermietung: Besonders riskant sind möblierte oder kurzfristige Vermietungen über Plattformen wie Airbnb – hier wird oft eine gewerbliche Tätigkeit unterstellt.

1.2. Wichtige Urteile zur Unternehmereigenschaft von Vermietern

In mehreren Fällen haben Gerichte Vermieter als Unternehmer eingestuft – oft mit überraschenden Begründungen:

  • OLG Düsseldorf (07.10.2004 – 10 U 70/04):
    Ein Vermieter besaß zwei Reihenhäuser und eine Einliegerwohnung. Das Gericht entschied, dass er aufgrund der planmäßigen und dauerhaften Vermietung als Unternehmer gilt.

  • LG Köln (12.03.2009 – 1 S 202/07):
    Ein Vermieter mit sieben Wohnungen wurde als Unternehmer eingestuft, weil er regelmäßig Inserate schaltete und systematisch Mietverträge abschloss.

  • LG Berlin (19.05.2016 – 65 S 151/16):
    Hier wurde ein Vermieter mit zwölf Wohnungen NICHT als Unternehmer eingestuft, da die Verwaltung der Objekte als private Vermögensverwaltung angesehen wurde.

Fazit: Es gibt keine feste Grenze – aber je aktiver sich ein Vermieter am Markt verhält, desto höher ist das Risiko, als Unternehmer eingestuft zu werden.


2. Welche Folgen hat die Unternehmereigenschaft für Vermieter?

Die Unternehmereigenschaft hat gravierende Konsequenzen. Denn sobald ein Vermieter als Unternehmer gilt, unterliegt er dem Verbraucherschutzrecht. Besonders problematisch: Das Widerrufsrecht für Mietverträge.

2.1. Der „Widerrufsjoker“ – bis zu 13 Monate kostenlos wohnen?

Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht vor, dass Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht haben. Das bedeutet:

  • Wenn ein Mietvertrag per E-Mail, Telefon oder über eine Online-Plattform abgeschlossen wurde, kann der Mieter den Vertrag widerrufen.
  • Falls keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt wurde, verlängert sich die Frist auf bis zu 12 Monate und 14 Tage!
  • Der Mieter könnte dann sogar alle gezahlten Mieten zurückfordern.

Ein besonders brisanter Fall aus Berlin zeigt, wie gefährlich dieses Thema für Vermieter werden kann:

  • LG Berlin (21.10.2021 – 67 S 140/21):
    Ein Mieter hatte seinen Mietvertrag per E-Mail abgeschlossen. Nach fast einem Jahr widerrief er den Vertrag und forderte die gesamte gezahlte Miete zurück. Das Gericht gab ihm Recht – weil der Vermieter ihn nicht über das Widerrufsrecht informiert hatte.

Das Urteil zeigt: Vermieter können tausende Euro verlieren, wenn sie das Widerrufsrecht übersehen.


3. Wie können sich Vermieter schützen?

Um sich vor den Risiken der Unternehmereigenschaft zu schützen, sollten Vermieter folgende Maßnahmen ergreifen:

Widerrufsbelehrung in den Mietvertrag aufnehmen: Falls eine Unternehmereigenschaft nicht sicher ausgeschlossen werden kann, sollte eine Widerrufsbelehrung enthalten sein.
Mietverträge nur persönlich abschließen: Keine Verträge per E-Mail oder Online-Plattformen.
Professionelle Steuer- und Rechtsberatung in Anspruch nehmen: Je nach Vermietungsmodell kann es sinnvoll sein, eine GmbH oder eine andere Rechtsform zu wählen, um Haftungsrisiken zu minimieren.
Aktive Vermarktung begrenzen: Weniger Inserate und kein professionelles Management helfen, als Privatperson eingestuft zu bleiben.


4. Fazit: Private Vermietung kann schnell zur unternehmerischen Tätigkeit werden

Viele private Vermieter sind sich nicht bewusst, dass sie durch die systematische Vermietung schnell als Unternehmer eingestuft werden können. Das hat gravierende Folgen:

Mieter könnten Mietverträge widerrufen und monatelang kostenlos wohnen.
Strenge Verbraucherschutzvorschriften gelten, die Vertragsfreiheit einschränken.
Je mehr Wohnungen vermietet werden, desto höher das Risiko der Unternehmereigenschaft.

Was bedeutet das für Vermieter?

Kleine Vermieter müssen vorsichtig sein – schon wenige Wohnungen können zur Unternehmereigenschaft führen.
Wer Mietverträge digital abschließt, sollte unbedingt eine Widerrufsbelehrung integrieren.
Professionelle Beratung kann helfen, rechtliche und steuerliche Risiken zu vermeiden.

Wer sich frühzeitig informiert, kann teure Überraschungen vermeiden – und seine Vermietung sicher gestalten!


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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