Vermögen bei Scheidung retten

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Bei der Scheidung wird vieles, wenn auch nicht alles, geteilt. Es ist nachvollziehbar, wenn Sie versuchen, Ihr Vermögen bei der Scheidung zu retten. Hierzu gibt es mehrere Optionen. Es sei Ihnen jedoch dringend empfohlen, nur die legalen Optionen zu nutzen und auf alle illegalen Varianten zu verzichten. Andernfalls laufen Sie Risiko, Schadensersatz leisten oder gar strafrechtliche Sanktionen fürchten zu müssen. Sprechen wir also darüber, wie Sie Ihr Vermögen legal bei der Scheidung retten oder zumindest wertschonend einbeziehen können.

Sie leeren Ihr gemeinsames Konto

Haben Sie bei einer Bank ein gemeinsames Konto, handelt es sich wahrscheinlich um ein sogenanntes „Oder-Konto“. Dann kann jeder Ehepartner alleine ohne Rücksprache mit dem anderen über das gesamte Guthaben auf dem Konto verfügen. Da es sich aber um ein gemeinsames Konto handelt, steht Ihnen nur die Hälfte des Guthabens auf dem Konto zu. Ihren Anteil zu entnehmen, kann sinnvoll sein, wenn Sie Ihrem Ehepartner zutrauen, seinerseits das gesamte Konto leerzuräumen.

Sollten Sie selbst das Konto eigenmächtig leerräumen, müssen Sie dem Ehepartner wenigstens die Hälfte des Guthabens erstatten oder alternativ in gegenseitiger Absprache mit sonstigen Zugeständnissen verrechnen. So oder so - auf diesem Weg retten Sie allenfalls die Hälfte des Guthabens bei der Scheidung. Sollten Sie das Konto leergeräumt haben und sehen sich danach außerstande, die Hälfte des Guthabens erstatten, müssen Sie damit rechnen, dass dieser Vermögensvorteil bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs berücksichtigt wird.

Praxistipp

Sie können Ihr eigenes Konto natürlich auch als geheimes Konto führen und das Konto verschweigen. Da Sie Ihrem Ehepartner bei der Abwicklung Ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft im Hinblick auf den Ehegattenunterhalt oder den Zugewinnausgleich aber auskunftspflichtig sind, müssten Sie das Konto irgendwann benennen. Tun Sie dies nicht, setzen Sie sich möglicherweise dem Verdacht des Betruges aus. Auch wenn Ihr Ex-Partner keinen Anspruch darauf hat, dass Sie eine Bankauskunft vorlegen und den Guthabenstand des Kontos offenlegen, sollten Sie sich der Wahrheit verpflichtet fühlen. Letztlich ist es so, dass der Kontostand allein noch keine Information darüber preisgibt, welchen Vermögenszuwachs Sie tatsächlich in der Ehe erzielt haben.

Ihr Eigentum bleibt Ihr Eigentum

Alle Gegenstände, die nachweislich in Ihrem Eigentum stehen, verbleiben auch bei der Scheidung in Ihrem Eigentum. Ihr Ehepartner hat keinen Anspruch darauf, dass Sie diese Gegenstände teilen oder ihn/sie wertmäßig beteiligen.

Der Umstand, dass Sie aufgrund Ihrer Eheschließung normalerweise im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, ändert nichts daran, dass die in Ihrem Eigentum stehenden Gegenstände Ihr Eigentum bleiben. Sie haben also keinen Anlass, Ihr Eigentum beiseite zu schaffen oder zu glauben, Sie müssten Ihr Vermögen bei der Scheidung irgendwie retten. Auch besteht insoweit kein Anlass, zur Rettung Ihres Vermögens den Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausschließen und stattdessen Gütertrennung vereinbaren zu wollen.

Ihr Ehepartner hat an Ihrem Eigentum aber insoweit Anteil, als eventuelle Wertzuwächse an einzelnen Vermögenswerten in die Berechnung des Zugewinnausgleichs einfließen. Daran ändert nichts, dass ein Vermögensgegenstand in Ihrem Eigentum steht. Der Zugewinnausgleich stellt nämlich darauf ab, dass jeder Ehepartner mit seinem Engagement in der Ehe Anteil daran hat, dass der Partner Vermögenszuwächse erwirtschaften kann und den anderen deshalb unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an seinen Vermögenszuwächsen beteiligen muss.

Wie gestalten Sie den Zugewinnausgleich?

Leben Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, steht bei der Scheidung der Zugewinnausgleich an. Beim Zugewinnausgleich werden Ihre Vermögen verglichen. Derjenige, der während der Ehe einen höheren Vermögenszuwachs erwirtschaftet hat, muss dem Partner die Hälfte davon rechnerisch, also nicht den Vermögenswert selbst, abgeben.

Praxistipp: Verzichten Sie nicht auf Vermögenszuwachs – Sie schaden sich nur selbst 

Geht es Ihnen darum, den Zugewinnausgleich zu vereiteln, schaden Sie sich möglicherweise selbst. Jeder Vermögenszuwachs, den Sie nicht nutzen, kommt zwar Ihrem Ehepartner nicht zugute, nutzt Ihnen aber auch nichts. Ein Beispiel: Sie kommen in den Genuss von Insiderwissen und könnten die Aktien eines bestimmten aufstrebenden Unternehmens kaufen. Die Gewinnaussichten sind enorm. Da Sie Ihrem Ehepartner den zu erwartenden Zugewinn aber nicht gönnen, verzichten Sie auf den Kauf der Aktien. Damit ärgern Sie zwar Ihren Ehepartner, schaden sich aber genauso auch selbst.

Allerdings gibt es verschiedene Möglichkeiten, Ihr Vermögen dennoch teilweise aus dem Zugewinnausgleich zu retten: 

  1. Gütertrennung vereinbaren 

Den Zugewinnausgleich können Sie auch gänzlich verhindern, wenn Sie in einem Ehevertrag oder einer Scheidungsfolgenvereinbarung den Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und stattdessen Gütertrennung vereinbart haben. Hier muss Ihr Ehepartner allerdings zugestimmt haben. Zudem bedarf es einer notariellen Beurkundung.  

  1. Modifizierter Zugewinnausgleich

Selbst wenn Sie den Zugewinnausgleich nicht ehevertraglich ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart haben, können Sie den Zugewinnausgleich immer noch so gestalten, dass Ihr Vermögen nicht über Maßen belastet wird. Dazu modifizieren Sie den gesetzlich vorgeschriebenen Zugewinnausgleich individuell. 

So könnten Sie ein bestimmtes Anfangsvermögen vereinbaren oder Ihr Endvermögen auf einen bestimmten Wert festlegen. Statt Bargeld zu übertragen, übertragen Sie Sachwerte. Oder Sie klammern bestimmte Vermögenswerte aus Ihrem Vermögen aus. Genauso gut könnten Sie vereinbaren, den Zugewinnausgleich zu stunden oder in Teilzahlungen zu leisten.

  1. Achten Sie auf den Stichtag zur Berechnung des Zugewinnausgleichs

Wenn Sie Vermögenswerte nicht im Rahmen des Scheidungsverfahrens berücksichtigt wissen wollen, kommt es entscheidend auf den Stichtag an. Um den Zugewinn zu berechnen, wird nämlich auf einen bestimmten Stichtag abgestellt. Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist der Zeitpunkt, an dem Ihr Scheidungsantrag durch das Familiengericht Ihrem Ehepartner amtlich zugestellt wird (§ 1384 BGB). Ihr Scheidungsantrag ist dann „rechtshängig“.

Praxisbeispiel

Sie ziehen aus der ehelichen Wohnung aus und kaufen sich eine Eigentumswohnung. Der Kaufpreis beträgt 100.000 EUR. Steigt der Wert der Wohnung im Trennungsjahr auf 150.000 EUR, ist der Wertzuwachs von 50.000 EUR beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. Sie vermeiden dies, wenn Sie den Kaufvertrag für die Eigentumswohnung erst nach dem Stichtag für die Berechnung des Zugewinnausgleichs (Tag der Rechtshängigkeit Ihres Scheidungsantrags) beim Notar beurkunden.

Möchten Sie den Zugewinnausgleich wenigstens zeitlich beschränken, empfiehlt sich, den Scheidungsantrag frühzeitig nach Ablauf des Trennungsjahres beim Familiengericht einzureichen. Damit erreichen Sie, dass nach diesem Stichtag angeschaffte Vermögenswerte oder Wertzuwächse vorhandener Vermögenswerte nicht in die Berechnung des Zugewinnausgleichs einbezogen werden. Alles, was vor diesem Stichtag liegt, wird hingegen berücksichtigt. Dies bedeutet aber auch, dass Anschaffungen im Trennungsjahr, die im Trennungsjahr einen Wertzuwachs erfahren, beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen sind.

Vorsicht: Was passiert, wenn Sie Vermögenswerte beiseiteschaffen?

Handeln Sie jedoch in der Absicht, Vermögenswerte beiseitezuschaffen und diese Vermögenswerte dadurch dem Zugewinnausgleich zu entziehen, riskieren Sie, dass diese Vermögenswerte trotzdem Ihrem Endvermögen hinzugerechnet werden (§ 1375 BGB). Dies ist der Fall, wenn:

  • Sie nach Ihrer Eheschließung „unentgeltliche Zuwendungen gemacht haben, die nicht einer sittlichen Pflicht oder ein auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen haben“.

Beispiel: Sie kaufen im Jahr nach Ihrer Trennung ein teures Auto und schenken dieses Ihrer neuen Lebensgefährtin. Sie vermindern damit Ihr Vermögen und damit den Zugewinnausgleich.

  • Sie verschwenden Ihr Vermögen.

Beispiel: Sie verkaufen ohne triftigen Grund Ihr Aktienpaket und verprassen das Geld im Luxusurlaub, den Sie sich bei einer objektiven Betrachtungsweise nie leisten würden.

  • Sie hatten offensichtlich die Absicht, Ihren Ehepartner zu benachteiligen, indem Sie im Trennungsjahr Ihr ganzes Geld ausgeben. Dabei werden benachteiligende Handlungen nur berücksichtigt, wenn Sie Vermögenswerte verschwendet oder den Partner ganz offensichtlich benachteiligen möchten. Daran fehlt es, wenn Sie mit dem Geld den eigenen Lebensunterhalt bestreiten oder einen großzügigen Lebensstil führen. Verschwendung wird erst dann angenommen, wenn das Geld im Übermaß und ziellos und unnütz aufgebraucht wird.

Beispiel: In einem Fall des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 12. November 2014, Az. XII ZB 469/13) unterhielt ein Ehemann ein Geldmarktkonto mit einem Guthaben von 52.000 EUR. Das Geld hob er in bar ab und verprasste es. Da der Mann keine nachvollziehbare Begründung über den Verbleib des Geldes angeben konnte, wurde die Hälfte des Betrages als Zugewinn zugunsten der Ehefrau berücksichtigt.

Beantragen Sie den vorzeitigen Zugewinnausgleich

Sie brauchen wegen des Zugewinnausgleichs nicht unbedingt abzuwarten, bis Sie den Scheidungsantrag stellen. Unter Umständen haben Sie Anspruch auf den vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1316 BGB).

Der vorzeitige Zugewinnausgleich kommt in Betracht, wenn Sie mindestens drei Jahre getrennt gelebt haben und Sie damit rechnen, dass Sie einen steigenden Zugewinn erzielen werden. Mit Ihrer Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich legen Sie automatisch den Stichtag für die Berechnung Ihrer Endvermögen fest. Lassen Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten, ob dieser Weg eine Option darstellt.

Wie beeinflussen Sie den Versorgungsausgleich?

Werden Sie geschieden, führt das Familiengericht im Regelfall von Amts wegen den Versorgungsausgleich durch. Daher ändern Sie normalerweise nur dann etwas, wenn Sie den Versorgungsausgleich ehevertraglich ausgeschlossen haben.

Direkt beeinflussen können Sie den Versorgungsausgleich aber nur dadurch, dass Sie die Scheidung frühzeitig einreichen. Auch hier zählt der Tag, an dem Ihr Scheidungsantrag dem Ehepartner durch das Familiengericht förmlich zugestellt und damit rechtshängig wird, als Stichtag für die Berechnung des Versorgungsausgleichs.

Alle Rentenanwartschaften, die nach diesem Stichtag entstehen, werden bei der Berechnung des Versorgungsausgleichs nicht berücksichtigt. Oder umgekehrt: Alle Rentenanwartschaften, die bis zu dem Stichtag (Rechtshängigkeit Ihres Scheidungsantrags) entstehen, fließen in die Berechnung des Versorgungsausgleichs ein.

Vermeiden Sie die streitige Scheidung

Streitige Scheidungen verursachen hohe Gebühren, sind zeitlich nicht kalkulierbar und können Sie Sie emotional enorm belasten. Vor allem riskieren Sie, dass sich Ihre Vermögenswerte allein durch den Kostenaufwand für das Scheidungsverfahren vermindern. Hinzu kommt, dass bei der streitigen Scheidung wegen des Anwaltszwangs bei den Familiengerichten jeder Ehepartner durch einen eigenen Rechtsanwalt vertreten sein und den Rechtsanwalt auch selbst bezahlen muss.

Treffen Sie eine Scheidungsfolgenvereinbarung

Die beste Option, um Ihr Vermögen bei der Scheidung zu schützen, ist daher der Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung. In einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln Sie alle Rechte und Pflichten, die Sie im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung geregelt wissen möchten. Dazu gehören Vereinbarungen über den Zugewinnausgleich oder den Ehegattenunterhalt. Es versteht sich, dass eine Scheidungsfolgenvereinbarung gegenseitige Kompromisse erfordert und kein Partner sich darauf versteifen sollte, nur nehmen zu wollen, aber nichts geben zu müssen. Jede Vereinbarung, die Sie im gegenseitigen Einvernehmen treffen, schützt Ihr Vermögen.

Lassen Sie sich einvernehmlich scheiden

Eine Scheidungsfolgenvereinbarung ist wiederum die beste Voraussetzung, um Ihre Scheidung im gegenseitigen Einvernehmen als einvernehmliche Scheidung abzuwickeln. Bei der einvernehmlichen Scheidung genügt es, wenn Sie allein den Scheidungsantrag stellen und dazu allein einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beauftragen. Ihr Ehepartner braucht lediglich formlos zuzustimmen. Dafür benötigt er/sie keinen eigenen Rechtsanwalt. Sie wickeln Ihre Scheidung damit kostengünstig, zügig und emotional so wenig belastend wie nötig ab.

Praxistipp: Online-Scheidung

Wissen Sie, dass Sie Ihre Scheidung auch online als Online-Scheidung einreichen können? Wenn Sie dazu die Dienste eines Scheidungsdienstleisters in Anspruch nehmen, können Sie sich unbürokratisch an einen im Familien- und Scheidungsrecht erfahrenen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin vermitteln lassen. Sie kommunizieren vorwiegend online und reichen Ihren Scheidungsauftrag und Ihre Unterlagen online ein. Lediglich im mündlichen Scheidungstermin müssen Sie dann noch persönlich vor dem Familiengericht erscheinen und sich durch Ihren Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin vertreten lassen.

Ausklang

Dass Scheidungen immer stark zulasten Ihres Vermögens gehen, ist ein Klischee. Möchten Sie Ihr Vermögen retten, sollten Sie sich rechtlich informieren und beraten lassen, wie Sie die gesetzlich erlaubten Möglichkeiten nutzen können. Mit der richtigen Strategie und dem notwendigen guten Willen werden Sie sicher Wege finden, Ihre Scheidung so abzuwickeln, dass sich daraus neue Perspektiven entwickeln.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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