Verpflichtung der Rechtsschutzversicherung zur Deckung bei Widerrufsfällen

  • 3 Minuten Lesezeit

Worum geht es?

Immer wieder erreichen uns Anfragen von Mandanten, die rechtsschutzversichert sind, mit der Bitte zu klären, ob die Rechtsschutzversicherung verpflichtet ist, Versicherungsschutz gemäß § 125 VVG zu gewähren, in Verbindung mit den jeweils geltenden ARB für die Ausübung des Widerrufs. Wenn Darlehensverträge widerruflich sind, muss der Widerruf als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Darlehensgeber oder der Versicherung erklärt werden. Danach wandelt sich das Vertragsverhältnis in ein Rückabwicklungsverhältnis um und gegebenenfalls, wenn die Bank oder Versicherung an dem Vertrag festhält, muss diese Frage der Widerruflichkeit des Vertrages klageweise geklärt werden. Teilweise übernehmen Rechtsschutzversicherungen die Deckung nicht, und begründen dieses damit, dass die klageweise Durchsetzung der Rechte aus dem Widerruf die Frage ist, die der Deckung der Rechtsschutzversicherung unterliegt.

Was ist richtig?

Der Rechtsschutzfall tritt immer dann ein, wenn die Bank oder Versicherung sich aktiv oder passiv weigert, das Widerrufsrecht des Kunden anzuerkennen und die geforderte Rückabwicklung der Verträge vorzunehmen. Selbst wenn die Bank oder Versicherung nicht reagiert, muss der Kunde davon ausgehen und dieses so verstehen, dass die Rückabwicklung des Vertrages aufgrund des Widerrufs insgesamt abgelehnt wird und die Bank oder Versicherung an den Verträgen festhält. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist für die Festlegung der dem Vertragspartner des Versicherungsnehmers vorgeworfenen Pflichtverletzung der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleiten kann. Das ist im Streitfall die Weigerung der Bank oder Versicherung, den Widerruf anzuerkennen. Die Rechtsschutzversicherungen argumentierten zunächst dahingehend, dass der der Bank oder Versicherung angelastete Verstoß nicht in der versicherten Zeit liegt.

Entgegen dieser Rechtsansicht hat der BGH jedoch festgestellt, dass es für die Bestimmung des Rechtsschutzfalles nicht darauf ankommt, ob der Streit über die Berechtigung des von dem Kunden/Verbraucher erklärten Widerruf darauf beruht, wann die Darlehensverträge abgeschlossen wurden. Da es im Rahmen des Widerrufes um die Rückabwicklung von Verträgen geht, kommt auch die sogenannte Vorerstreckungsklausel nicht zur Anwendung. Die Vorerstreckungsklausel umfasst nur solche Willenserklärungen und Rechtshandlungen, die gerade den Keim des nachfolgenden Rechtsverstoßes in sich tragen. Entsprechend ist im Rahmen der Vorerstreckungsklausel nur auf solche Willenserklärungen oder Rechtshandlungen abzustellen, die der Versicherungsnehmer seinem Anspruchsgegner zur Begründung seines Anspruchs anlastet, oder die nach seinem eigenen Vorbringen den Verstoß des Gegners ausgelöst haben.

Vorliegend lasten die Verbraucher der Bank oder der Versicherung an, den ausgeübten Widerruf und die von ihnen begehrte Rückabwicklung der Verträge nicht anzuerkennen. Der Streit um die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung ist nur eine Vorfrage. Ein rechtlich relevanter Unterschied zwischen einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, dem Fehlen einer gesetzlich vorgeschriebenen Widerrufsbelehrung und dem Vorenthalten einer nach dem Gesetz geschuldeten Vertragsinformation ist nicht erkennbar. Erteilt der Vertragspartner keine Widerrufsbelehrung, fehlt es jedenfalls an einer vorvertraglichen Willenserklärung oder Rechtshandlung. In diesem Fall eine zeitliche Verlagerung des Haftungsausschlusses zu verneinen, ist nicht gerechtfertigt.

Unabhängig von der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung, obliegt es allein der Entscheidung des Darlehensgebers (bei Frage der Widerruflichkeit des Darlehensvertrages), den erklärten Widerruf zu akzeptieren oder nicht. Diese freie Entscheidungsmöglichkeit des Darlehensgebers schließt die Annahme aus, der Rechtskonflikt sei bereits bei Abschluss des Darlehensvertrages vorprogrammiert gewesen. Für den Rechtsschutzversicherungsvertrag und den geschuldeten Deckungsschutz kann es keinen Unterschied machen, ob der Widerruf zeitnah nach Abschluss des Rechtsgeschäftes oder Jahre später erfolgt. Nicht die vermeintliche Fehlerhaftigkeit von Widerrufsbelehrungen, sondern erst das Sinken des Zinsniveaus hat zu einer vermehrten Ausübung der Widerrufsrechte durch Darlehensnehmer geführt.

Es kommt daher nicht für die Frage der Erteilung der Deckung darauf an, ob der Streit über die Berechtigung des vom Verbraucher erklärten Widerrufs darauf beruht, dass die in dem Darlehensvertrag vorhandene Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist.

Vielmehr kommt es darauf an, dass der Verbraucher die Rückabwicklung des Vertrages begehrt, zu deren Berechtigung er sich gerade auf den Erhalt seines Widerrufsrechts beruft. Welcher Art der Pflichtenverstoß bei Abschluss der Darlehensverträge war, ist unerheblich, weil der Versicherungsfall allein auf der Weigerung der Bank/Versicherung beruht, den Widerruf und die darauf gestützte Rückabwicklung anzuerkennen. Für diesen Umstand ist die Deckung zu erteilen.

Was ist zu tun?

Lassen Sie sich umfassend beraten, es macht Sinn, einen Fachanwalt für Bank-und Kapitalmarktrecht zu beauftragen, der sich mit dieser Materie auskennt. Gern sind wir für Sie da.

Anwaltskanzlei BONTSCHEV

Fachanwältin für Steuerrecht / Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Kerstin Bontschev

Beiträge zum Thema