Vertretung des Kindes im Vaterschaftsanfechtungsverfahren - geänderte BGH Rechtsprechung
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Nach §§ 1626, 1629 BGB sind Eltern die gesetzlichen Vertreter ihres Kindes. Sie haben die Pflicht und das Recht für ihr minderjähriges Kind zu sorgen, § 1626 Abs. 1 BGB. Die elterliche Sorge umfasst sowohl die Personensorge als auch die Vermögenssorge. Zudem wird nach
§ 1629 Abs. 1 S. 1 BGB auch die Vertretung des minderjährigen Kindes umfasst. Minderjährige Kinder benötigen für nicht lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte die Einwilligung eines gesetzlichen Vertreters, da das Rechtsgeschäfts ansonsten unwirksam wäre.
Steht den Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zu, gilt nach § 1629 BGB das Gesamtvertretungsprinzip, d.h. die Eltern vertreten das Kind gemeinsam. Dabei ist zunächst unerheblich, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Das Kind muss sich die Vertretung der Eltern wie eigenes Verschulden zurechnen lassen, § 278 BGB. Will das minderjährige Kind einen Anspruch vor Gericht geltend machen, benötigen sie dafür auch stets einen gesetzlichen Vertreter, da die Minderjährigen nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 51 ZPO verfahrensunfähig sind. Bei der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs des Kindes bestimmt sich die gesetzliche Vertretung nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB. Danach kann nach der Trennung der Eltern derjenige Elternteil den Unterhaltsanspruch des Kindes geltend machen, in dessen Obhut sich das Kind befindet.
Im Vaterschaftsfeststellungsverfahren bzw. Vaterschaftsanfechtungsverfahren sind gem.
§ 1600 BGB der rechtliche Vater, der mögliche leibliche Vater, die Mutter des Kindes, die anfechtungsberechtigte Behörde und das volljährige Kind selbst anspruchsberechtigt. Um eine Vaterschaftsanfechtung geltend machen zu können, müssen je nach anspruchsberechtigter Person verschiedene Gründe bzw. gewisse Voraussetzungen vorliegen:
Anfechtung durch den biologischen Vater
- Der biologische Vater muss im Empfängniszeitraum mit der Mutter sexuellen Kontakt gehabt haben
- Der rechtliche Vater, hat mit dem Kind keine sozial-familiäre Beziehung, § 1600 Abs. 2 BGB
Anfechtung durch den rechtlichen Vater
- Das Kind wurde vor der Hochzeit geboren
- Die Mutter hatte im Empfängniszeitraum mit einem anderen Mann als dem rechtlichen Vater sexuellen Kontakt
- Der rechtliche Vater war während des Empfängniszeitraums zeugungsunfähig oder hatte keinen sexuellen Kontakt mit der Mutter
- Ein Vaterschaftstest hat gezeigt, dass der rechtliche Vater nicht der biologische Vater ist
Anfechtung durch die Mutter
- Die Mutter war zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht verheiratet
- Die Mutter hat im Empfängniszeitraum mit verschiedenen Männern sexuellen Kontakt
Anfechtung durch das Kind
- Das Kind wurde geboren, als die Mutter unverheiratet war
- Das Kind hat begründete Zweifel, dass der rechtliche Vater der biologische Vater ist
Das minderjährige Kind muss im Verfahren von seinem gesetzlichen Vertreter vertreten werden. Der rechtliche Vater ist dabei von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen.
Der Bundesgerichtshof nahm kürzlich zu einem Fall (BGH, Beschluss vom 24.03.2021 – XII ZB 364/19) Stellung, bei dem der biologische Vater eines minderjährigen Kindes die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes angefochten hat. Die Mutter des Kindes hatte während der Empfängniszeit sowohl mit dem biologischen Vater des Kindes, als auch dem Mann, die sie später heiratete Geschlechtsverkehr. Dieser erklärte noch vor Geburt die Vaterschaft des Kindes und übernahm zusammen mit der Mutter die elterliche Sorge. Der BGH nahm diesen Fall zum Anlass seine bisherige Rechtsprechung zur alleinigen Vertretungsmacht der Mutter bei einem Gerichtsverfahren zu ändern. Da das Verfahren auf Beseitigung der Vaterschaft gerichtet ist, war der rechtliche Vater von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen. Ein Vertretungsausschluss gilt ebenfalls für die mit dem rechtlichen Kindesvater verheiratete Kindesmutter, §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB. In dem Fall heiratete die Mutter den rechtlichen Vater während des Rechtsbeschwerdeverfahren, weshalb auch sie von der Vertretung ausgeschlossen war und ein Ergänzungspfleger für das Kind bestellt wurde. Ist die Mutter hingegen nicht oder nicht mehr mit dem rechtlichen Vater verheiratet, gilt der Vertretungsausschluss nicht, weshalb sie das Kind alleine vertreten kann, Art. 6 Abs. 2 GG. Ein pauschaler Ausschluss der Vertretungsmacht stünde dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen.
Eine Anfechtung durch den leiblichen Vater ist unbegründet, wenn zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater besteht. Die Beziehung muss zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags noch nicht vorgelegen haben.
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