VGH Mannheim: Vollständige gerichtliche Kontrolle bei Überprüfung von Befristungsentscheidungen

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Der bekanntlich entscheidungsfreudige 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofes in Mannheim hat nach dem (immer noch anhaltenden) Gesetzesänderungsrausch im Aufenthalt- und Asylrecht einige wichtige Entscheidungen getroffen.

Eine wichtige Entscheidung betrifft die Rückehrentscheidung bzw. Befristungsentscheidung nach der seit 01.08.2015 geltenden Fassung des § 11 AufenthG.

Der VGH Mannheim hält daran fest, dass die Befristungsentscheidung auch nach der seit 01.08.2015 geltenden Rechtslage entgegen des Wortlautes des § 11 III S.1 AufenthG eine gebundene, d.h. voll vom Verwaltungsgericht zu kontrollierende Entscheidung ist

Die Begründung für die nicht wortlautgetreue Auslegung des § 11 III S.1 AufenthG sieht der Senat darin, dass das Bundesverwaltungsgericht nach Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes die Fristbestimmung als gebundene Entscheidung wertete, da die schützenswerten Privaten Interessen durch die Grundrechte (Art. 2/6 GG /Art 8 EMRK) und durch die Verankerung einer Höchstfrist von 5 Jahren im Gesetz aufgewertet wurden und nur durch die vollständige gerichtliche Kontrolle der Dauer der Befristung das Recht auf eine verhältnismäßige Aufenthaltsbeendigung gesichert  werden könne.

Außerdem müsse das Befristungsrecht mit dem Ausweisungsrecht gleichlaufen. Im Ausweisungsrecht gibt es nunmehr – bis auf wenige Ausnahmen – kein Ermessensspielraum mehr. Es wäre nicht systemkonform und widersprüchlich, wenn einerseits beim Ausweisungsrecht der Verwaltung die Hände gebunden wären. Andererseits bei der mindestens ebenso wichtigen Befristungsentscheidung die Verwaltung eine größere autonome Steuerungsmöglichkeit in Form der Ermessensentscheidung an die Hand bekäme.

Hintergrundinformation: Die Zuerkennung eines Ermessensspielraums zu Gunsten der Behörde würde bedeuten, dass der Gesetzgeber es der Ausländerbehörde überlässt, über die widerstreitenden öffentlichen und privaten Interessen im Einzelfall zu entscheiden, d.h. der Gesetzgeber würde der Ausländerbehörde ein „Spielraum“ zukommen lassen, der vom Verwaltungsgericht nicht überprüft werden darf. Also ein Wahlrecht, mit dem sich die Ausländerbehörde zwar nicht willkürlich, aber doch viel freier als bei einer gebundenen Entscheidung, eine mögliche Entscheidung herauspicken kann.

Mitgeteilt von RA Ulrich Hekler

Rechtsanwalt Hekler berät im Bereich des Einbürgerungs- und Ausländerrechtes bundesweit. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Mitglied im Deutschen Anwaltsverein und Mitglied des Arbeitskreises für Ausländer- und Asylrecht.


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