Videoüberwachung im Mietrecht: Ein Balanceakt zwischen Sicherheit und Privatsphäre

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Gut "Big Brother im Treppenhaus? Wenn Vermieter zu Kameraüberwachung greifen"
In diesem Artikel geht es um die rechtlichen Grenzen der Überwachung in Mietobjekten.

Die Frage der Videoüberwachung in Mietobjekten ist ein komplexes Thema, das sowohl rechtliche als auch ethische Aspekte berührt. In den letzten Jahren hat die Zahl der Wohnungseinbrüche nach einem coronabedingten Rückgang wieder zugenommen. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik wurden im Jahr 2023 bundesweit 77.819 Wohnungseinbrüche erfasst, was einem Anstieg von etwa 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Angesichts dieser Entwicklung und anderer Probleme wie Vandalismus und Vermüllung erscheint die Installation von Überwachungskameras für viele Vermieter als naheliegende Lösung. Doch die rechtlichen Anforderungen für solche Maßnahmen sind hoch.


Rechtliche Grundlagen und Interessenabwägung


Die Zulässigkeit von Videoüberwachung in Mietobjekten basiert auf einer sorgfältigen Abwägung verschiedener Interessen:

1. Schutz des Eigentums und der Sicherheit: Vermieter und Mieter haben ein berechtigtes Interesse am Schutz ihres Eigentums und ihrer persönlichen Sicherheit.

2. Schutz der Privatsphäre: Mieter, Besucher und Passanten haben ein Recht auf den Schutz ihrer Privatsphäre und ihrer persönlichen Daten.

Grundsätzlich ist eine Videoüberwachung nur mit Einwilligung aller betroffenen Mieter zulässig. Eine Mehrheitsentscheidung reicht nicht aus, da bereits ein einzelner Mieter die Installation verhindern kann. Zudem kann jeder Mieter seine einmal erteilte Zustimmung jederzeit widerrufen.


Ausnahmen und besondere Umstände

In bestimmten Fällen kann eine Videoüberwachung auch ohne Zustimmung aller Mieter gerechtfertigt sein:

1. Schwerwiegende Straftaten: Bei wiederholten schweren Straftaten, wie beispielsweise Einbrüchen, kann eine Videoüberwachung auch ohne Mietereinwilligung zulässig sein. Allerdings muss der Vermieter nachweisen, dass weniger einschneidende Maßnahmen (z.B. verbesserte Beleuchtung, Kontrollgänge) erfolglos geblieben sind.

2. Video-Gegensprechanlage: Die Installation einer Video-Gegensprechanlage am Hauseingang ist in der Regel auch ohne Zustimmung aller Mieter zulässig, da hier das Sicherungsinteresse die geringfügige Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte überwiegt. ( § 4 Absatz 1 S.1 Nr 2 und Absatz 2 BDSG) 


Verhältnismäßigkeit und technische Anforderungen


Bei der Installation von Überwachungskameras müssen Vermieter stets die Verhältnismäßigkeit beachten:

- Die Kameras dürfen nur auf das eigene Grundstück gerichtet sein und keine öffentlichen Bereiche oder Nachbargrundstücke erfassen.

- Die Speicherung von Aufzeichnungen muss auf das notwendige Minimum beschränkt sein.

- Der Zugriff auf die Aufnahmen muss vor Unbefugten geschützt werden.

- Auch Kamera-Attrappen unterliegen ähnlichen rechtlichen Einschränkungen wie funktionsfähige Kameras.


Datenschutzrechtliche Aspekte

Die Videoüberwachung unterliegt den strengen Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Vermieter müssen sicherstellen, dass:

- Die Überwachung transparent gemacht wird, z.B. durch deutlich sichtbare Hinweisschilder.

- Die Datenverarbeitung auf das notwendige Maß beschränkt bleibt.

- Die Rechte der betroffenen Personen gewahrt werden, einschließlich des Rechts auf Auskunft und Löschung.


Fazit

Die Installation von Überwachungskameras in Mietobjekten ist ein sensibles Thema, das einer sorgfältigen Abwägung bedarf. Vermieter sollten sich der rechtlichen Komplexität bewusst sein und im Zweifelsfall rechtlichen Rat einholen. Eine offene Kommunikation mit den Mietern und die Suche nach einvernehmlichen Lösungen können helfen, Konflikte zu vermeiden und gleichzeitig die Sicherheit zu erhöhen. Letztendlich muss jeder Fall individuell betrachtet werden, um eine Balance zwischen dem Sicherheitsbedürfnis und dem Schutz der Privatsphäre zu finden. Bevor sie Kameras installieren, versuchen sie erst einmal, die Störungen mit weniger einschneidenden Maßnahmen zu verhindern, etwa durch abschließbare Türen, nächtliche Beleuchtung mit Bewegungsmelder und Kontrollgänge des Hausmeisters. Waren alle Ihre Bemühungen nicht erfolgreich, kommt es weiterhin zu Straftaten und Beschädigungen des Eigentums, dann denke ich werden sie auch das Gericht von der Notwendigkeit einer Kamera überzeugen können. 


Mein Tipp: Versuchen Sie eine Zustimmung aller Mieter zu erreichen

Obwohl es in der Praxis schwierig sein kann, eine vollständige und dauerhafte Zustimmung aller Mieter zur Videoüberwachung zu erlangen, ist es ratsam, einen proaktiven Ansatz zu wählen. Informieren Sie alle Mieter im Vorfeld umfassend über das geplante Vorhaben, erläutern Sie die Gründe und Vorteile und holen Sie deren schriftliches Einverständnis ein. Diese transparente Vorgehensweise ermöglicht es Ihnen, potenzielle Einwände frühzeitig zu klären. Erfahrungsgemäß neigen Mieter, die einmal ihre Zustimmung erteilt haben, dazu, diese beizubehalten, sofern keine schwerwiegenden Gründe dagegen sprechen.




Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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