Von den Schöffen – die Geschworenen im deutschen Strafprozess

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Bei uns gibt es keine Geschworenen. In Deutschland entscheidet das Gericht über den Schuldspruch und das Strafmaß.

Das Gericht jedoch besteht – außer in sehr kleinen Angelegenheiten – aus mindestens einem Berufsrichter und den Schöffen.

Was dürfen die Schöffen?

Die Schöffen üben während der Verhandlung das Richteramt neben den Berufsrichtern aus (vgl. § 30 I Gerichtsverfassungsgesetz-GVG).

Das heißt, die Schöffen können Fragen stellen und bei Entscheidungen mitwirken. Hierbei hat ihre Stimme ein ebenso großes Gewicht, wie die der Richter.

Interessant ist dies insbesondere, wenn mehr Schöffen, als Berufsrichter anwesend sind. So beim Schöffengericht, welches aus einem Amtsrichter und zwei Schöffen besteht (§ 29 I S.1 GVG). In diesem Fall können nämlich die Schöffen ohne weiteres den Berufsrichter überstimmen – sowohl zugunsten, als auch zulasten des Angeklagten.

Wie wird man Schöffe?

Die Schöffen werden gewählt. Dazu stellt die Gemeinde eine Vorschlagsliste aus ihren Gemeindemitgliedern zusammen (§ 36 GVG).

Nachdem über diese Vorschlagliste verhandelt wurde, wird sie dem Schöffenausschuss zur Abstimmung vorgelegt. Der Ausschuss besteht aus einem Richter, einem Verwaltungsbeamten und sieben weiteren wiederum zu wählenden Vertrauenspersonen.

Der Schöffenausschuss wählt die Schöffen für fünf Jahre.

Wer darf Schöffe werden?

Im Grunde darf jeder Deutsche Schöffe werden, der dazu gewählt wird. Aber manche Personen sind unwählbar (§ 32 GVG) oder sollen nicht zum Schöffen berufen werden (§§ 33, 34 GVG). 

Hierzu gehören beispielsweise Personen, die noch nicht 25 Jahre alt sind, Personen, die über 70 Jahre alt sind, Personen in Vermögensverfall, nicht unerheblich Vorbestrafte und vor allem dürfen Richter, Staatsanwälte, Notare und Rechtsanwälte keine Schöffen werden, der Großteil der Volljuristen also.

Was bedeutet es für die Schöffen?

Zunächst ist es eine große Ehre, Schöffe zu werden. Das bedeutet nämlich, dass einem vom Wahlausschuss ein großes Vertrauen entgegengebracht und vom Gesetzgeber eine objektive Unbedenklichkeit bescheinigt wird.

Gelegentlich kommt jemand auf die Vorschlagsliste, ohne das gewollt zu haben und wird zum Schöffen berufen, ohne Lust darauf zu haben. Dies sollte aber dennoch als Ehre verstanden werden. Schöffendienst ist Dienst an der Gesellschaft.

Was soll das Ganze?

Nun zu der Frage, die sich aufdrängt: Warum das Schöffensystem?

Es ist im deutschen System nicht gewollt, dass die Anwälte versuchen, eine Jury zu überzeugen, um dann nur noch vom Gericht das Strafmaß verbeschieden zu bekommen. Zur Rechtsfindung sollen dem Grunde nach Juristen berufen sein. Juristen sollen sich über das Recht austauschen.

Allerdings möchte der Gesetzgeber auch, dass das Urteil „im Namen des Volkes“ ergeht, weshalb es nur konsequent ist, bei der Urteilsfindung Vertreter des Volkes mitwirken zu lassen.

Volljuristen fehlt oft das Auge für das Menschliche im Fall. Die Schöffen hingegen sind in der Lage, den Fall losgelöst von der sklavischen Schematischen Betrachtung zu würdigen.

Das Gericht soll durch die Schöffen volksnäher und menschlicher werden. Außerdem sollen die Schöffen den zur Entscheidung berufenen Volljuristen einen nicht durch jahrelange Rechtsanwendung getrübten Blick verleihen. 

Ohne die Schöffen gäbe es nur Sachverhalt, Tatbestand und Subsumtion. Mit den Schöffen sitzt die Menschlichkeit mit auf der Richterbank.

Schöffen – manchmal auch „ehrenamtliche Richter“ – gibt es übrigens nicht nur im Strafprozess. Auch andere Gerichtsbarkeiten bedienen sich der Hilfe „von außen“.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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