Waldorf Frommer: AG Leipzig zu den strengen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast

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Waldorf Frommer: Das Amtsgericht Leipzig zu den strengen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast in einem Filesharing-Verfahren – bloße Nennung der Mitnutzer reicht nicht zur eigenen Entlastung.

Amtsgericht Leipzig vom 04.03.2015, Az. 102 C 4646/14

Die Beklagte hatte sich gegen die geltend gemachten Ansprüche insbesondere mit den Einwänden verteidigt, dass sie für die Urheberrechtsverletzung nicht verantwortlich sei und neben ihr selbst auch ihre beiden Kinder und der Lebensgefährte Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten.

Für die Anschlussinhaberin habe es zuvor keine Anhaltspunkte gegeben, um von einer missbräuchlichen Verwendung des Internetanschlusses auszugehen. Auch seien ihre Kinder über den ordnungsgemäßen Umgang mit dem Medium eingewiesen und belehrt worden.

In seiner Entscheidung hat das Amtsgericht Leipzig klargestellt, dass die Beklagte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine sekundäre Darlegungslast trifft, im Rahmen derer weitergehender Vortrag zu leisten ist.

Die pauschale Angabe der Zugriffsmöglichkeit der Familienmitglieder reicht zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast jedenfalls nicht aus. Darüber hinaus hat der Anschlussinhaber zur Entkräftung der tatsächlichen Vermutung den Sachverhalt zu beweisen, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes ergibt, so das Gericht:

Vielmehr ist ein konkreter Sachvortrag, sowohl bezogen auf die genannten Tatzeitpunkten als auch bezogen auf das allgemeine Benutzerverhalten erforderlich“. Eine Beweislastumkehr sei damit nicht verbunden: „Die Beklagte hat jedoch den Sachverhalt nachzuweisen, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufes ergibt. Der gesamte Sachvortrag der Beklagten aus der Klageerwiderung ist jedoch von der Klägerin bestritten worden.

Somit geht das Gericht davon aus, dass andere im Haushalt lebende Personen dem Urheberrechtsverstoß nicht begangen haben. Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Entscheidungen vom 12.05.2010 („Sommer unseres Lebens“) sowie vom 15.11.2012 („Morpheus“) sowie vom 08.01.2014 („Bearshare“) ist davon auszugehen, dass die Beklagte als Anschlussinhaber die sekundäre Darlegungslast trägt.

Dieser entspricht sie dadurch, dass sie im Rahmen des Zumutbaren auch Nachforschungen anstellt und einen alternativen Geschehensablauf wahrscheinlich erscheinen lässt, aus dem sich ergibt, dass allein ein anderer die Rechtsverletzung begangen haben könnte. […] Die rein theoretische Möglichkeit der Rechtsverletzung durch weitere Personen genügt der sekundären Darlegungslast der Beklagten nicht. Der Beklagte muss dabei die Vorgänge in Bezug auf die Internetnutzung in seinem Haushalt schildern, die die Klägerin nicht kennen und auch nicht ermitteln kann.

Ohne konkreten Sachvortrag wäre anderenfalls die Durchsetzung von Ansprüchen eines Urhebers grundsätzlich ausgeschlossen, sobald sich im Haushalt mehrere Personen befinden oder der Anschlussinhaber lediglich pauschal auf die Nutzungsmöglichkeit anderer Personen verweisen kann. Konkrete Umstände, die eine Rechtsverletzung durch eine andere Person, als die Beklagte wahrscheinlich erscheinen lassen, sind dabei nicht vorgetragen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 2.8.2013 AZ 6 U 10/13). Dies ergibt sich auch aus der aktuellen Rechtsprechung der örtlich zuständigen Berufungskammer (vgl. Urteil vom 05.06.2014, Az.0 5 S 620/13).“

Auch gegen die Höhe der geltend gemachten Forderungen bestanden keinerlei Bedenken. Zur Höhe des Schadenersatzes führt das Amtsgericht aus:

„Unter Berücksichtigung dessen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für eine unbegrenzte weltweite und kostenlose Downloadmöglichkeit für einen vollständigen Film vereinbart hätten, ist gem.§ 287 ZPO davon auszugehen, dass dieser Betrag nahezu den gesamten finanziellen Erfolg der Produktion erreichen musste, so dass der von der Klägerin angenommene Schadensbetrag von 600 Euro angemessen ist.“

Das Amtsgericht Leipzig verurteilte die Beklagte im Ergebnis antragsgemäß zur Zahlung der geforderten Rechtsanwaltskosten, von Schadensersatz und zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreits.

Das Amtsgericht Leipzig ist aufgrund seiner Spezialzuständigkeit in Urheberrechtsstreitigkeiten für alle Gerichtsbezirke des Bundeslandes Sachsen zuständig.

Eine Vielzahl weiterer aktueller Gerichtsentscheidungen finden Sie unter:

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