Wann gelten Anzahlungen als Teil des schädlichen Verwaltungsvermögens im Sinne der Erb- und Schenkungsteuer?

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Von Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Fachberaterin für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.) Elisa Roggendorff (roggendorff@lfr-law.de)


Mit Urteil vom 01.02.2023 II R 36/20 hat der Bundesfinanzhof BFH entschieden, dass geleistete Anzahlungen bei der Bestimmung des Anteils von schädlichem Verwaltungsvermögen für die Ermittlung der Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG grundsätzlich nicht einzubeziehen sind.


Die als Bilanzposition eigener Art erfassten "geleisteten Anzahlungen" dienen der bilanziell zutreffenden Erfassung schwebender Geschäfte.


Anzahlungen sind Vorleistungen auf eine von dem anderen Vertragspartner noch zu erbringende Lieferung oder Leistung. Leistet der Unternehmer eine Anzahlung, so hat er einen Sach- bzw. Dienstleistungsanspruch gegenüber demjenigen, der die Anzahlung erhalten hat. Infolge des Verbots der Bilanzierung von Ansprüchen aus schwebenden Geschäften wird jedoch nicht dieser Anspruch selbst beim Vorleistenden aktiviert, sondern die geleistete Anzahlung.


Die als "geleistete Anzahlungen" bilanzierten Aktiva sind keine "anderen Forderungen" i.S. des § 13b ErbStG und können diesen auch nicht gleichgestellt werden.


Hinter der Aktivierung der geleisteten Anzahlung verberge sich zwar der Anspruch auf die Gegenleistung oder –bei Nichterfüllung durch den anderen Vertragsteil oder bei Wegfall des Vertrags– der Anspruch auf die Rückzahlung (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.1979 – VIII R 145/78, BFHE 128, 243, BStBl II 1979, 625. Das bedeute jedoch gerade nicht, dass die geleistete Anzahlung selbst eine Forderung wäre, so der BFH.

Die Bilanzposition "geleistete Anzahlungen" bezwecke vielmehr, die hinter ihr stehenden Ansprüche nicht zu bilanzieren, weswegen sie nicht mit diesen Ansprüchen gleichgesetzt werden dürfe.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG Münster im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die "geleisteten Anzahlungen" zu Unrecht als Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. berücksichtigt wurden. Es ist nach den Feststellungen des Finanzgerichts nicht ersichtlich, dass die geleistete Anzahlung sich bereits in einen Rückgewähr– oder Schadenersatzanspruch verwandelt hätte.


Der BFH traf die Entscheidung zu der alten Fassung des § 13b ErbStG, welche bis zum 30.06.2016 anzuwenden war. Der Urteilsspruch kann jedoch auf die Neufassung übertragen werden. Im neuen Recht ist der Begriff "andere Forderungen" auch mit einem Klammerzusatz (Finanzmittel) ergänzt. Von der Vorschrift sind somit Forderungen umfasst, die auf Zahlungen gerichtet sind. Offengelassen hat der BFH in seinem Urteil jedoch, ob Anzahlungen auch nicht als Forderungen zu aktivieren wären, wenn sie für Wirtschaftsgüter geleistet worden sind, die ihrerseits Verwaltungsvermögen wären. Diese Entscheidung wäre spannend und für die Praxis hilfreich.


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