Was ist ein Tarifvertrag?

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Ein Tarifvertrag ist ein zentraler Bestandteil des kollektiven Arbeitsrechts und regelt die Arbeitsbedingungen für viele Arbeitnehmer. Er wird zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden oder einem einzelnen Arbeitgeber abgeschlossen. Doch was genau ist ein Tarifvertrag, wann gilt er, und welche Rechte und Pflichten ergeben sich daraus für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?

1. Was ist ein Tarifvertrag?

Ein Tarifvertrag ist eine Vereinbarung zwischen einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeber oder einem Arbeitgeberverband, die die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten eines Unternehmens oder einer Branche festlegt. Diese Bedingungen umfassen in der Regel:

  • Lohn- und Gehaltsstrukturen
  • Arbeitszeiten
  • Urlaubsansprüche
  • Regelungen zu Überstunden
  • Zuschläge und Sonderzahlungen (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld)
  • Kündigungsfristen
  • Schutz bei Betriebsänderungen

Tarifverträge gelten in der Regel für einen bestimmten Zeitraum und werden regelmäßig neu verhandelt.

2. Wann gilt ein Tarifvertrag?

Ein Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmer, wenn:

  • Sie Mitglied einer Gewerkschaft sind, die den Tarifvertrag abgeschlossen hat, und der Arbeitgeber dem Arbeitgeberverband angehört, der den Vertrag ausgehandelt hat.
  • Der Arbeitgeber den Tarifvertrag freiwillig anwendet, auch wenn er nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist.
  • Der Tarifvertrag durch den Gesetzgeber für allgemeinverbindlich erklärt wurde. In diesem Fall gilt er für alle Arbeitsverhältnisse der Branche, auch für nicht organisierte Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Arbeitnehmer sollten daher prüfen, ob sie in einem tarifgebundenen Arbeitsverhältnis stehen, um zu wissen, welche Rechte sie aus dem Tarifvertrag ableiten können.

3. Vorteile eines Tarifvertrags für Arbeitnehmer:

Ein Tarifvertrag bietet zahlreiche Vorteile:

  • Bessere Arbeitsbedingungen: Tarifverträge setzen oft höhere Standards als der gesetzliche Mindestschutz, insbesondere in Bezug auf Löhne, Urlaubsansprüche und Sonderzahlungen.
  • Kündigungsschutz: Tarifverträge enthalten häufig längere Kündigungsfristen als gesetzlich vorgeschrieben.
  • Gewerkschaftlicher Schutz: Durch die kollektive Aushandlung haben Arbeitnehmer eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber dem Arbeitgeber.

4. Pflichten des Arbeitgebers bei Tarifbindung:

Wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, muss er die im Tarifvertrag festgelegten Bedingungen erfüllen. Das bedeutet, dass er die im Tarifvertrag geregelten Löhne, Arbeitszeiten und sonstigen Arbeitsbedingungen einhalten muss. Diese Pflichten sind für den Arbeitgeber bindend, und er kann die Arbeitsbedingungen nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers ändern, sofern keine Öffnungsklauseln im Tarifvertrag vorhanden sind.

5. Abweichungen vom Tarifvertrag:

Es ist grundsätzlich möglich, dass im Arbeitsvertrag abweichende Regelungen vereinbart werden. Allerdings gilt nach dem Grundsatz der Günstigkeit: Abweichende Vereinbarungen sind nur dann zulässig, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger sind als die tarifvertraglichen Regelungen. Vereinbarungen, die schlechtere Bedingungen als der Tarifvertrag festlegen, sind unwirksam.

6. Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung:

Neben dem Tarifvertrag können auch Betriebsvereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat geschlossen werden. Diese dürfen jedoch keine Verschlechterungen gegenüber dem Tarifvertrag enthalten. Betriebsvereinbarungen sind in der Regel auf betriebsinterne Themen beschränkt, wie z. B. Arbeitszeiten, Pausenregelungen oder betriebliche Ordnung.

Fazit:

Ein Tarifvertrag bietet sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber eine klare Grundlage für die Arbeitsbedingungen im Betrieb. Arbeitnehmer profitieren von festen Regelungen zu Löhnen, Arbeitszeiten und weiteren wichtigen Aspekten, während Arbeitgeber durch die Tarifbindung ein klares Regelwerk haben, das Rechtsstreitigkeiten vorbeugen kann. Es lohnt sich für Arbeitnehmer, sich über die Geltung von Tarifverträgen in ihrem Arbeitsverhältnis zu informieren, um ihre Rechte und Ansprüche besser zu verstehen.


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