Was ist eine Anklage?

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In vielen Fällen wird ein Anwalt erst hinzugezogen, nachdem ein Mandant eine Anklageschrift erhalten hat. Das ist insbesondere dann ernüchternd, wenn sich derjenige zuvor keiner wirklichen Schuld bewusst war und dachte, dies in einem kurzen Antwortbrief an Polizei oder Staatsanwaltschaft selbst darstellen zu können.


Natürlich ist an dieser Stelle noch nicht aller Tage Abend und man kann den Rechtsstreit noch gestalten. Dennoch ist bereits ein wichtiger Teil des Verfahrens abgeschlossen, nämlich das sogenannte Ermittlungsverfahren. Bis dahin ist die Staatsanwaltschaft die „Herrin des Verfahrens“. In der Anklageschrift hat sie das Ergebnis ihrer Ermittlungen zusammengefasst.


Für den Anwalt ist dabei der Anklagesatz besonders wichtig. Was dieser enthalten muss, ist in § 200 Absatz 1 StPO zusammengefasst. Neben der Tatsachenumschreibung enthält der abstrakte Teil des Satzes auch den angenommenen Straftatbestand, die angenommene Zurechnungsform und angenommene Schuldform. Ebenso ist in der Anklageschrift das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen erfasst. Was darunter zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in § 200 Abs. 2 StPO erfasst, nämlich die Tatsachenermittlungen zu Details, die angenommenen Beweisgründe für den Verdacht, die rechtlichen Wertungen zur Schuldfrage, Ausführengen zur Rechtsfolgenprognose der Staatsanwaltschaft und Ausführungen zur sachlichen Zuständigkeit des Gerichts. Letzteres führt in der Folge zum Antrag der Eröffnung des Hauptverfahrens bei dem Gericht, das die Staatsanwaltschaft für zuständig hält.


Damit hat die Anklage zwei wichtige Funktionen: Zum einen soll die Anklage informieren. Derjenige, der nun vom Beschuldigten zum Angeschuldigten wird, soll verstehen, welche Straftat die Staatsanwaltschaft als verwirklicht ansieht. Zum anderen – und das ist aus rechtlicher Sicht bedeutender -  legt die Staatsanwaltschaft sich fest, gegen welche Tat sie im Detail vorgehen möchte, indem sie sich auf Tatzeit, Tatort und Tatbild festlegt. Nach § 151 StPO ist diese Festlegung die Voraussetzung einer gerichtlichen Untersuchung. Den Grundsatz kennen viele Mandanten unter dem Sprichwort „Wo kein Kläger, da auch kein Richter“. Spannend für die Verteidigung ist es dabei, auf welche Taten sich die Staatsanwaltschaft im Rahmen einer vorgeworfenen Tatserie festgelegt hat. Ein Mehr an Taten würden in der Folge eine neue Anklage oder Nachtragsanklage (§ 266 StPO) erfordern.


Dies zeigt, dass ein wichtiger Gestaltungsraum bereits vertan ist, wenn die Anklageschrift bereits dem Mandanten zugestellt wurde. Denn allein die  Entscheidung, ob ein Schweigen oder eine Verteidigungsschrift vorzugswürdig ist, ist eine wichtige Aufgabe bereits im Ermittlungsverfahren. Vorherige Aussagen klarzustellen ist schwierig. Jede Stellungnahme sollte dabei im Blick haben, was hierdurch gegebenenfalls auch zugestanden wird. Dabei sollte auch so formuliert werden, dass das Gegenüber (in dem Fall Polizei und Staatsanwaltschaft) auch genau das versteht, was man sagen möchte. Der frühe Dialog mit einem Anwalt hilft dabei.


Und wie immer gilt: Spätestens nach Anklage sollte dann ein Anwalt hinzugezogen werden, damit dieser noch eine Stellungnahme im sogenannten Zwischenverfahren abwägen kann.




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