Wegfall des Fahrverbotes wegen Augenblicksversagens,aus beruflichen Gründen oder wegen langen Zeitlaufs

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Bei Verkehrsverstößen, die eigentlich den Verlust des Führerscheins für mindestens einen Monat nach sich ziehen, hat die Rechtsprechung mehrere Fallgruppen heraus gearbeitet, in denen von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden kann oder sogar muss.

Zunächst ist dies der Fall in den Verkehrssituationen, in denen sich der Betroffene auf ein sogenanntes „Augenblicksversagen" berufen kann. So wurde beispielsweise entschieden, dass sich der Kraftfahrer bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf einen Wahrnehmungsfehler berufen kann, wenn die innerorts angeordnete Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h nur schwer erkennbar war (OLG Bamberg, VA 2010, S. 193). Dies allerdings nur, wenn die nach § 3 III Nr.1 StVO innerhalb geschlossener Ortschaften gültige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h (sogenannte hypothetische Höchstgeschwindigkeit) nicht deutlich, nämlich um ca. 30%, überschritten wurde. Weiterhin wurde einem Verkehrsteilnehmer der Führerschein belassen, der geblitzt wurde, obwohl die Messstelle entgegen der Verkehrsüberwachungsrichtlinien in einem zu geringen Abstand von der Geschwindigkeitsbegrenzung eingerichtet wurde und die Messstrecke bzw. die Überwachungsstrecke nicht aufgrund der örtlichen Gegebenheiten als Unfallschwerpunkt sachlich gerechtfertigt war.

Weiterhin kann aus beruflichen Gründen von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden, wenn der Betroffene glaubhaft machen kann, dass er dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist, um seiner Arbeit weiterhin nachgehen zu können. So wurde dies z.B. für eine Tierärztin entschieden, die ständig mobil bleiben muss (AG Walsrode, DAR 2011, S.223), einen selbständigen Fliesenleger, der ständig überregional Aufträge nachweisen konnte (AG Strausberg VRR 2012, S.355), und sogar für einen Arbeitslosen, der sich in der Phase der Existenzgründung befindet und der zum Zwecke des Werbens von Kunden auf die Nutzung seines Fahrzeuges angewiesen ist, wurde schon der Führerschein gerettet, sprich vom Fahrverbot abgesehen (AG Wuppertal NZV 2011, S. 514 0 zfs 2011, S. 709).

Schließlich kann auch dann von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden, wenn zwischen der Tat und dem Urteil eine recht lange Zeit vergangen ist. "Schon" nach einem Jahr und neun Monaten kann dieser lange Zeitablauf rechtfertigen, vom Fahrverbot abzusehen (OLG Nürnberg, VA 2011, S. 49; OLG Zweibrücken, VRR 2011, S. 394). Jedenfalls aber nach zwei Jahren ist dem Betroffenen aber nach der Rechtsprechung der Führerschein zu belassen (OLG Hamm VA 2012, S. 104), weil nach solch einer langen Zeit die Strafe und damit der angestrebte Mahneffekt nicht mehr „auf dem Fuß" erfolgt.

Weitere Informationen unter: http://www.rechtsanwaltoranienburg.de/verkehrsrecht-wegfall-fahrverbotes-wegen-1-augenblicksversagens-2-aus-beruflichen-gruenden-oder-3-wegen-langen-zeitablaufes/

Von Rechtsanwalt Henning Hartmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht (Oranienburg)


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