Weiteres Kapitalanleger-Musterverfahren beim OLG Stuttgart gegen die Porsche SE

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch einen Beschluss vom 16.06.2020 (Az. II ZB 10/19) entschieden, dass das beim Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig anhängige Kapitalanleger-Musterverfahren (KapMuV) gegen die Volkswagen AG zur Verletzung von Publizitätspflichten im Zusammenhang des sog. Dieselskandals einem weiteren KapMuV beim OLG Stuttgart gegen die Porsche SE nicht entgegensteht.

 

Worum geht es in der Sache?

Mit einem KapMuV vor dem OLG Braunschweig soll geklärt werden, ob die Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem als VW-Abgasskandal bezeichneten Sachverhalt ihre Publizitätspflichten verletzt hat. Die Porsche Automobil Holding SE ("Porsche SE") ist an der Volkswagen AG beteiligt. Im Jahr 2007 stellte die VW neue Dieselmotoren (EA 189) vor, die sie ab dem Jahr 2008 verbaute. Am 22. September 2015 veröffentlichte die VW eine Ad-hoc-Meldung, der zufolge diese Dieselmotoren Auffälligkeiten bezüglich ihres Stickoxidausstoßes aufwiesen. Deshalb wurde verkündet, man beabsichtige, im dritten Quartal des Geschäftsjahres ca. 6,5 Mrd. Euro ergebniswirksam zurückzustellen. Ebenfalls an diesem Tag informierte die Porsche SE in einer Ad-hoc-Meldung hierüber und teilte mit, dass bei ihr infolge der Kapitalbeteiligung an VW ein entsprechender ergebnisbelastender Effekt zu erwarten sei. In der Zeit ab Mitte September 2015 brachen die Aktienkurse der Stamm- und Vorzugsaktien der Volkswagen AG und der Porsche SE ein.

 

Worum geht es vor den Gerichten?

Das Landgericht (LG) Stuttgart hat dem OLG Stuttgart zur Herbeiführung eines Musterentscheids Feststellungsziele vorgelegt, mit denen die unmittelbare Betroffenheit der Porsche SE von Vorgängen aus dem Bereich der Volkswagen AG, hieraus folgende Ad-hoc-Mitteilungspflichten, und Fragen der Wissenszurechnung geklärt werden sollen. Das OLG Stuttgart hat ein weiteres KapMuV im Hinblick auf das vor dem OLG Braunschweig anhängige KapMuV für unzulässig erklärt. Die Entscheidung in einem weiteren KapMuV sei von der Entscheidung des OLG Braunschweig über die Feststellungsziele des dortigen KapMuV abhängig und beide Verfahren beträfen mit den Vorgängen bei der Volkswagen AG denselben Lebenssachverhalt. Gegen diese Entscheidung haben sich Kapitalanleger mit Rechtsbeschwerden gewandt.

 

Was sagt der BGH?

Der BGH hat die Entscheidung des OLG aufgehoben und zur Entscheidung über die Bestimmung eines Musterklägers an das OLG zurückverwiesen. Ein weiteres KapMuV sei wegen der Sperrwirkung des Vorlagebeschlusses gem. § 7 Satz 1 KapMuG ausgeschlossen, soweit die Entscheidung über die Feststellungsziele in einem bereits eingeleiteten Musterverfahren die Prozessgerichte in den Verfahren, die im Hinblick auf die Feststellungsziele des weiteren Musterverfahrens nach § 8 Abs. 1 KapMuG auszusetzen wären, bindet. Bei Schadensersatzansprüchen, die auf das Unterlassen einer öffentlichen Kapitalmarktinformation gestützt werden, hat eine Entscheidung über die Feststellungsziele eines bereits eingeleiteten Musterverfahrens nur dann bindende Wirkung für andere Prozesse, wenn diese dieselbe öffentliche Kapitalmarktinformation betreffen.

Das KapMuV vor dem OLG Braunschweig sperre danach das Verfahren vor dem OLG Stuttgart nicht, weil Gegenstand der Feststellungsziele des vor dem OLG Braunschweig eingeleiteten Musterverfahrens Schadensersatzansprüche wegen öffentlicher Kapitalmarktinformationen der Volkswagen AG sind, während das Verfahren vor dem OLG Stuttgart öffentliche Kapitalmarktinformationen der Porsche SE betreffen soll. Dass Vorgänge bei der Volkswagen AG jedenfalls mittelbar in beiden Verfahren von Bedeutung sind, ist nicht entscheidend.


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