Welche Aufgabe in Kindschaftssachen hat eigentlich der Verfahrensbeistand?

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Als Familienrechtsanwältin werde ich häufig gefragt, welche Aufgabe exakt eigentlich die Verfahrensbeistände innehaben, daher möchte ich diese Frage hier gerne für die betroffenen Eltern und Kinder beantworten und klären.

Im Familienrecht sind häufig sog. Kindschaftssachen anwaltlich zu bearbeiten. Unter den Begriff Kindschaftssachen fallen all die Rechtsangelegenheiten bei welchen flankierend zu den Streitigkeiten der Elternteile die Kinder der Parteien direkt betroffen sind. 

Dies sind insbesondere Anträge auf Umgangsregelungen sowie Anträge auf eine ganz oder teilweise Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil zur alleinigen Ausübung. 

Im Detail geht es bei den Anträgen auf Umgangsregelung häufig um Unstimmigkeiten betreffend der Häufigkeit der Umgänge, um beabsichtigte vollständige Umgangsausschlüsse oder um den Wunsch nach Installierung eines Wechselmodells.

Bei den Anträgen auf eine ganz oder teilweise Übertragung des Sorgerechtsauf einen Elternteil zur alleinigen Ausübung ("Alleinsorge") liegen Streitigkeiten zwischen den Elternteilen zu Grunde, die sich insbesondere um die rechtlichen Fragen betreffend des künftigen Aufenthaltsortes der Kinder drehen, um die Zustimmung zu einem Umzug und zur Ummeldung der Kinder sowie um verweigerte Unterschriften betreffend die Schule oder das Reisen. Eher selten sind Streitigkeiten zwischen den Eltern um eine mangelnde Gesundheitsfürsorge sowie um finanziellen Angelegenheiten minderjähriger Kinder ("Sparbuch-Klau") zu erörtern. 

In sämtlichen vorgenannten Rechtsangelegenheiten sind die minderjährigen Kinder unmittelbar betroffen. Die Streitigkeiten der Eltern wirken sich unmittelbar auf das Leben der Kinder aus und werden in ihren Auswirkungen das Leben der betroffenen Kinder unmittelbar beeinflussen und verformen.

Um diese durch die Streitigkeiten der Elternteile drohende Beeinflussung und Verformung des Lebens der minderjährigen Kinder möglichst niedrig und sanft zu halten setzt das Gericht sofort nach Einreichung von Anträgen, nach dessen Inhalten auch Kinder betroffen sind, einen sog. Verfahrensbeistand ein. Das ist sinnvoll und wichtig - denn die Kinder erhalten damit einen eigenen Anwalt, der ausschliesslich ihre Interessen vertritt.

Verfahrensbeistände sind Anwältinnen und Anwälte, die sich darauf spezialisiert und es sich zur Aufgabe gemacht haben, das Wohl der betroffenen Kinder zu erforschen und sodann in einem gerichtlichen Verfahren zu vertreten. Dies geschieht durch Besuche und Gespräche mit den beteiligten Elternteilen, insbesondere aber durch Besuche und Gespräche mit den beteiligten Kindern.

Die Verfahrensbeistände reden mit allen Beteilgten, lassen sich aber, anders als die jeweiligen Anwälte der Elternteile, von keinem der Elternteile parteiisch vereinnahmen. Was die Eltern jeweilig wünschen, wird gehört, aber nicht parteiisch beurteilt. 

Die Verfahrensbeistände versuchen, als eigenständige Anwälte der Kinder, herauszufinden, was dem Wohle der Kinder dient - und nur ihnen! 

Die gewonnenen Erkenntnisse übermittelt der Verfahrenssbeistand sodann im Berichtswege dem Gericht. Die Verfahrensbeistände nehmen auch stets an den betreffenden Verhandlungsterminen persönlich teil. Ihre Einschätzung, was zu Wohle der Kinder die richtige gerichtliche Entscheidung wäre, hat ein Höchstmass an Gewicht. Die Verfahrensbeistände stellen qua ihrer wichtigen Aufgabe das Kindeswohl an allererste Stelle.

Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass Elternteile, die auf Dauerstreit eingestellt sind, den anderen Elternteil beschimpfen und verunglimpfen, Umgangsausschlüsse durchdrücken und den anderen Elternteil am liebsten aus dem Leben der Kinder gänzlich verbannen würden, mit einem Verfahrensbeistand eher auf Kriegsfuss stehen dürften, denn Kinder haben ein gesetzliches Anrecht auf Kontakt mit beiden Elternteilen. Genau hierauf achtet der Verfahrensbeistand.

Es gibt selbstredend Ausnahmen. Manche Elternteile schaden ihren Kindern im Rahmen von Kontakten oder unter Beibehaltung der Mitsorge zunehmend. Auch das erkennt ein besonnener Verfahrensbeistand in der Regel zuverlässig und wird dann einen entsprechenden gerichtlichen Bericht erstellen, und beispielsweise weitere Umgänge nicht befürworten, oder einer Alleinsorgeübertragung zustimmen.

Nach meiner nunmehr drei Jahrzehnte währenden Erfahrung mit familienrechtlichen Rechtsangelegenheiten hat der an das Gericht mündlich oder schriftlich gerichtete Bericht der Verfahrensbeistände im Rahmen einer Kindschaftssache absolutes Gewicht, und ist für den Erfolg eines Verfahrens eindeutig entscheidend.

Da die Richterinnen und Richter nicht persönlich alle Familien in Augenschein nehmen und nicht persönlich den Willen und das Wohl der Kinder umfangreich erforschen können sind die Verfahrensbeistände sozusagen die Sachverständigen der Richterinnen und Richter in einer Kindschaftssache bevor ein Sachverständigengutachten beauftragt wird. Das Wort der Verfahrensbeistände zählt vor Gericht.  

An all dies sollten Sie denken, wenn Sie derzeit oder zukünftig eine Kindschaftssache durchlaufen müssen. 

Rechtsanwältin Christine Schönburg

Ihre Familienrechtsanwältin im Rhein-Main-Gebiet   






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