Augen auf die Straße bei Tempo 200!

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Die Autobahn ist ein deutsches Heiligtum – bis heute wird das Fahren ohne Geschwindigkeitsbegrenzung vehement verteidigt. So konnte sich trotz zahlreicher Vorstöße ein generelles Tempolimit bislang nicht durchsetzen. Dennoch werden Fahrer bei hohen Geschwindigkeiten regelmäßig mit in die Haftung genommen, schneller als man glaubt, wird ein verantwortungsloses Handeln unterstellt.

Das Oberlandesgericht Nürnberg entscheid nun mit Urteil vom 02.05.2019 (Aktenzeichen 13 U 1296/17), wer sich bei 200 Stundenkilometern auf der Autobahn nicht voll auf das Verkehrsgeschehen konzentriert, sondern stattdessen das Informationssystem des Wagens bedient, handelt grob fahrlässig und muss nach einem Unfall die Reparaturkosten anteilig zahlen.

Der Fahrer hatte einen Mercedes Benz CLS 63 AMG angemietet und im Fall eines Schadens eine Haftungsbeschränkung ohne Selbstbeteiligung vereinbart. Doch auch dies konnte ihn nicht retten, da die Beschränkung nicht galt, wenn der Schaden am Fahrzeug grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Die Autoversicherung hatte den Fahrer verklagt, nachdem dieser bei einer Geschwindigkeit von 200 Stundenkilometern auf der Überholspur das Infosystem des Autos benutzte und aus diesem Grund von der Fahrbahn abkam. In der Folge stieß der Wagen in die Mittelleitplanke und wurde enorm beschädigt. Die Versicherung verlangte die Hälfte des Schadens ersetzt.

Das OLG Nürnberg gab der Versicherung recht und verurteilte den Fahrer zur Zahlung der geforderten 12.000 Euro. In der Vorinstanz war die Versicherung noch unterlegen und legte Rechtsmittel ein. In der Berufungsinstanz stellten die Richter fest, dass der Beklagte die verkehrserforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt habe. Der Anhalteweg und die kinetische Energie bei einer Kollision seien gegenüber einer Geschwindigkeit von 130 Stundenkilometer mehr als verdoppelt. Entsprechend könnten schon minimale Fahrfehler zu schweren Unfällen führen.

An dem Ergebnis könne auch die fehlende Geschwindigkeitsbegrenzung nichts ändern. Vielmehr sei die Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung zu beachten, die vorgibt, dass bei höheren Geschwindigkeiten die Unfallgefahren selbst unter Idealbedingungen so erheblich zunehmen, dass sie bei verantwortungsbewusster Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr dort nicht gefahren werden sollten. Wird die Richtgeschwindigkeit also überschritten, müsse ein besonderer Fokus gesichert sein. Ein kurzer Blick von der Fahrbahn auf das Infosystem sei bereits ausreichend, um eine objektiv schwere und unentschuldbare Pflichtverletzung zu begründen.


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