Wer ist testierfähig und wer ist es nicht mehr?
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Die Testierfähigkeit meint die Fähigkeit einer Person ein Testament rechtswirksam zu errichten, zu ändern oder aufzuheben. Gem. § 2229 Abs. 1 BGB kann jeder Minderjährige ab Vollendung des 16. Lebensjahres ein Testament errichten. Bis zur Vollendigung des 18. Lebensjahr ist die Person jedoch beschränkt geschäftsfähig, das heißt ein Testament kann nur in Form eines notariellen Testaments erstellt werden.
Nach § 2229 Abs. 4 BGB scheidet die Testierfähigkeit aus, wenn die Person unter einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, einer Geistesschwäche oder an einer Bewusstseinsstörung leidet. Der Erblasser muss bei Abgabe der Willenserklärung im Vollbesitz der geistigen Fähigkeit sein und muss die Bedeutung eines Testaments und die damit verbundenen Rechte und Pflichten erkennen können. Entscheidend ist für die Testierfähigkeit immer der Zeitpunkt bei Abgabe der Willenserklärung. Dabei ist nicht relevant, ob der Erblasser einen bestimmten Willen schon früher geäußert hat. Es gibt keine abgestufte oder eingeschränkte Testierfähigkeit, entweder ist der Erblasser testierfähig oder er ist es nicht.
Nicht zu verwechseln ist die Testierfähigkeit mit der Geschäftsfähigkeit einer Person. Im Gegensatz zur Testierfähigkeit kann eine Person beschränkt geschäftsfähig sein. Der wesentliche Unterschied liegt in der Dauer. Geschäftsunfähig ist derjenige, der dauerhaft in seiner freien Willensbildung eingeschränkt ist. Eine testierunfähige Person kann unter Umständen regelmäßig geistig eingeschränkt sein, aber zu bestimmten Zeitpunkten einen geistig klaren Moment haben. Geistig klare Momente, auch genannt „lichte Momente“, können insbesondere bei Demenz auftreten. Eine entsprechende Diagnose hat jedoch nicht zwingend eine Testierunfähigkeit zur Folge. Entscheidend ist vielmehr die Art und das Ausmaß der Erkrankung und die Auswirkung auf die Einsichts- und Willensbildungsfähigkeit des Erblassers. Nicht nur Demenz kann zu einer Testierunfähigkeit führen, sondern es gibt eine Vielzahl von Krankheitsbildern auf Grund dessen der Erblasser testierunfähig sein kann, wie etwa bei Psychosen, affektiven Störungen oder chronischem Alkoholkonsum.
Wird eine Testierunfähigkeit behauptet, steht derjenige der die Behauptung aufgestellt hat in der Beweispflicht. Vor Gericht können verschiedene Beweismittel zugelassen werden, wie schriftliche oder mündliche Zeugenbeweise, Sachverständigenbeweise, Krankenakten und Patientendokumente. Im Einzelfall können auch persönliche sowie geschäftliche Korrespondenz, Kalendernotizen, Tagebücher, Kontoauszüge oder Rechnungen des Erblassers als Beweise verwendet werden. Der behandelnde Arzt kann sich im Falle des verstorbenen Erblassers nicht auf seine gesetzliche Schweigepflicht berufen und muss vor Gericht aussagen. Bestehen bereits zu Lebzeiten Zweifel an der Testierfähigkeit, sollte ein Attest des behandelnden Arztes vor Erstellung des Testaments eingeholt werden.
Will der Erblasser kein Testament, sondern einen Erbvertrag erstellen muss er im Gegensatz zum Testament nicht testierfähig sein muss, sondern geschäftsfähig, §§ 104, 2275 BGB. Einen Erbvertrag kann damit nur derjenige schließen, der unbeschränkt geschäftsfähig und damit volljährig ist.
Sowohl bei einem Testament, als auch bei einem Erbvertrag ist die geistige Verfassung des Erblassers entscheidend. So empfiehlt es sich bei einer Diagnose, wie etwa Demenz, den letzten Willen zeitnah zu errichten. Liegt ein Testament vor, welches von einer demenzerkrankten Person erstellt wurde, kann nicht grundsätzlich von der Unwirksamkeit ausgegangen werden. Es bedarf stets einer Gesamtwürdigung aller Umstände im Einzelfall, mitunter ist das Urteil von medizinischem Fachpersonal heranzuziehen.
Gern unterstütze ich Sie bei Rechtsproblemen zu dieser Thematik.
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