Veröffentlicht von:

Widerruf eines Kreditvertrages auch bei vorheriger Ablösung möglich?

  • 1 Minuten Lesezeit

Darlehensnehmern, die ihre finanzierte Immobilie verkaufen und das Darlehen zurückführen wollen, wird unter Verweis auf die dreimonatige Kündigungsfrist häufig eine Aufhebungsvereinbarung angeboten, mit der man die Kündigungsfrist vermeiden könne. Im Streitfall wird dann diese Vereinbarung von Banken, Sparkassen und sonstigen Kreditinstituten als Grund dafür vorgebracht, dass ein Widerrufsrecht dadurch überholt sei.

Das Landgericht Essen hat im April 2014 diesen Grund zur Ablehnung des Widerrufsrechts eines – nicht durch unsere Kanzlei vertretenen – Bankkunden anerkannt. Ein Widerruf sei nicht mehr möglich, nachdem die Darlehensverträge durch Vertrag aufgehoben und abgewickelt wurden. Durch die Aufhebungsvereinbarung sei also ein neuer Rechtsgrund geschaffen worden. Eine Widerrufsmöglichkeit nach Aufhebung der Darlehensverträge durch vertragliche Vereinbarung sei nach Ansicht des Landgerichts Essen auch aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht geboten.

Diese Entscheidung ist nicht haltbar. Sie verkennt, dass eine Ablösevereinbarung nichts aufhebt, sondern führt lediglich dazu, dass die Bank die vollständige Zinszahlung während der Zinsbindung erhält – nur früher. Damit wird nicht der ursprüngliche Darlehensvertrag beseitigt, sondern lediglich der Vertragsumfang des Darlehensvertrages modifiziert. Zudem verkennt das Gericht, dass ein Verbraucher auch im Wege einer Aufhebungsvereinbarung nicht auf seine zwingenden gesetzlichen Schutzmechanismen, die sich hier in dem Widerrufsrecht widerspiegeln, verzichten kann.

Einem Ausschluss des Widerrufsrechts mittels Aufhebungsvereinbarung stünde auch § 511 BGB entgegen.

In zwei aktuellen Entscheidungen aus Dezember 2014 entschieden zwei Landgericht anders als das Landgericht Essen. Die Landgerichte München und Wiesbaden verurteilten die Sparkasse München und die Sparkasse Wiesbaden dazu, die geleistete Vorfälligkeitsentschädigung an die Bankkunden zurückzuzahlen. Die Landgerichte München und Wiesbaden urteilten, dass gerade bei Darlehensverträgen, die nach 2002 geschlossen wurden, das Widerrufsrecht durch die Rückzahlung eben nicht mehr erlischt.

SH Rechtsanwälte ist eine auf das Bank- und Kapitalanlagerecht spezialisierte Kanzlei in Essen. Die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht unserer Kanzlei vertreten betroffene Bankkunden bundesweit. Gerne stehen unsere Anwälte auch Ihnen rund um das Thema Widerrufsrecht bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung zur Verfügung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von SH Rechtsanwälte

Beiträge zum Thema