Wird der „Brexit“ zum Risiko für Limiteds mit Sitz in Deutschland?

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Die Bürger des Vereinigten Königreichs haben sich am 23. Juni in einer Volksabstimmung für den „Brexit“ ausgesprochen, den Austritt Großbritanniens und Nordirlands aus der Europäischen Union. Zwar bestehen noch allerlei Unsicherheiten über den weiteren Fortgang, zwar hat die britische Regierung die Austrittsabsicht formell gegenüber der EU noch gar nicht kundgetan, geschweige denn ist absehbar, in welcher Weise sich EU und Vereinigtes Königreich auf künftige Regeln der Zusammenarbeit außerhalb einer EU-Mitgliedschaft verständigen. Dennoch lohnt sich ein Blick darauf, welche Folgen der Brexit für britische Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland haben könnte, derer sich in den letzten 15 Jahren in der Rechtsform der Limited viele deutsche Unternehmer bedient haben.

Die Änderung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 1999 hat die Möglichkeit eröffnet, sich mit einer Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts haftungsbeschränkt in Deutschland zu betätigen, ohne hierfür das für die Gründung einer deutschen Kapitalgesellschaft notwendige Mindestkapital (von damals 25.000,00 EUR bzw. 50.000,00 DM) aufbringen zu müssen. Diese Anerkennung ausländischer Rechtsformen bezieht sich jedoch nur auf EU-Mitgliedsstaaten oder Vertragsstaaten des europäischen Wirtschaftsraums (EWR), welche sehr ähnliche Regelungen über die Niederlassungsfreiheit enthalten. Hierzulande ansässige Gesellschaften aus Drittstaaten werden nur anerkannt, wenn besondere völkerrechtliche Abkommen bestehen (wie etwa mit den USA). Bis der deutsche Gesetzgeber im Jahr 2008 die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) eingeführt hat, die eine Gründung bereits mit einem Stammkapital von 1,00 EUR ermöglicht, hat die britische Limited in Deutschland einen wahrhaften Boom erfahren, der nach wie vor Wirkung entfaltet. Schätzungen gehen von aktuell rund 9.000 Limiteds in Deutschland aus.

Die künftige Anerkennung der Rechtsform der Limited in Deutschland und damit insbesondere deren Vorteil einer Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter hängt wegen des Brexits nun davon ab, auf welcher Basis die EU ihre Beziehungen zu Großbritannien fortführen wird. Somit ergibt sich für betroffene Unternehmen die Frage, inwieweit sie sich auch in Zukunft auf die Anerkennung ihrer Rechtsform in Deutschland verlassen können. Anderenfalls nämlich würde ein zwangsweiser Wechsel in die Rechtsform der GbR oder der OHG drohen – mit der gravierenden Folge des Wegfalls der Haftungstrennung zwischen dem Vermögen der Gesellschaft und dem Vermögen der Gesellschafter. Es droht demnach die volle persönliche Haftung!

Die Auffassung, wonach solche Unternehmen einen Bestandsschutz für sich reklamieren können, ist in der juristischen Literatur bereits jetzt heftig umstritten. Bis sich EU und Großbritannien nach einem formellen Austrittsgesuch auf ein Abkommen verständigen – oder für den Fall, dass es nicht zu einer Verständigung kommt – besteht also Rechtsunsicherheit. Diese Unsicherheit erstreckt sich dabei über die Haftungsfrage hinaus auch auf steuerliche Aspekte: So kann der Wegfall der rechtlichen Anerkennung der Limited auch zur Aufdeckung und Besteuerung etwaiger stiller Reserven führen.

Wer in Gestalt einer Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland geschäftlich tätig ist, dem ist also zu raten, über einen Rechtsformwechsel in eine deutsche Kapitalgesellschaft oder in eine Kapitalgesellschaft eines anderen EU-Mitgliedsstaats nachzudenken. In Betracht kommen hier ein grenzüberschreitender Formwechsel oder eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine deutsche GmbH. Dies setzt allerdings voraus, dass das Vermögen der Limited – ggf. durch bare Zuzahlungen – einen Mindestbetrag von 25.000,00 EUR erreicht. Einen Wechsel in die mit weniger Stammkapital ausgestattete UG (haftungsbeschränkt) lässt das deutsche Umwandlungsrecht nicht zu. Entscheidender Vorteil einer solchen Umwandlung ist, dass diese grundsätzlich steuerneutral möglich ist. Es liegt an den Gesellschaftern, hier rechtzeitig Vorsorge zu treffen.

Dr. Karsten Amann, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht


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