Wirecard AG: anfechtbare Rechtshandlungen nach § 133 InsO

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In Bezug auf anfechtbare Rechtshandlungen bei der Wirecard AG kann die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 7. Mai 2020 – IX ZR 18/19 – wegen der dort vorgenommenen Erhöhung des Anfechtungsniveaus gegenüber Auszahlungen an Gläubiger relevant sein.

Anfechtbar nach § 133 InsO ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner (hier: Wirecard AG) in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (Text § 133 Abs. 1 InsO).

Aufgrund einer Reform zum 5. April 2017 2017 sollte die obige gesetzliche Vermutung nach § 133 InsO bei Ratenzahlungsvereinbarungen entschärft werden (Die Formulierung lautete: Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte, § 133 Abs. 3 S. 2 InsO). 

Sonach bestand die gesetzliche Vermutung, dass der Gläubiger (hier: von Wirecard AG) von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nichts wusste. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 7. Mai 2020 – IX ZR 18/19 – kann diese Vermutung allerdings aufgrund von Umständen, die nicht in der Ratenzahlungsvereinbarung oder Zahlungserleichterung liegen, widerlegt werden.

Zur Widerlegung der Vermutung kann sich der Insolvenzverwalter auf alle Umstände berufen, die über die Gewährung der Zahlungserleichterung und die darauf gerichtete Bitte des Schuldners hinausgehen. Die Vermutung kann auch durch den Nachweis widerlegt werden, dass der Anfechtungsgegner Umstände kannte, die bereits vor Gewährung der Zahlungserleichterung bestanden und aus denen nach der gewährten Zahlungserleichterung wie schon zuvor zwingend auf eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zu schließen war.

Fazit: Sollte also eine Anfechtung von Zahlungen der Wirecard AG an Gläubiger durch den Insolvenzverwalter erfolgen, könnte es sein, dass die angefochtene Zahlung an die Masse zu leisten und diese Forderung dann zur Insolvenztabelle anzumelden ist. Eine Aufrechnung mit eigenen Forderungen soll nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich sein. Die Praxis hat jedoch präventive Möglichkeiten entwickelt, sich der Anfechtung von Rechtshandlungen zu entziehen.



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