Zu spät ist zu spät – Übertragung des Prioritätsrechts nach Anmeldung

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Die Inhaberschaft von Schutzrechten ist ein häufig stiefmütterlich behandeltes Gebiet. Dabei ist die korrekte und rechtzeitige Übertragung von Rechten an einem Schutzrecht absolut essentiell, um Rechte aus Schutzrechten wirksam nutzen zu können. 

In einem aktuellen Urteil zu einem Europäischen Patent (T 577/11) war dies für den Anmelder fatal. Es kommt häufig vor, dass eine erste Anmeldung z. B. vom Erfinder selbst, einem Tochterunternehmen oder einem Kooperationspartner getätigt wird. Nach der Anmeldung entwickelt sich die Erfindung gut, es werden Kooperationspartner gefunden und es wird beschlossen eine Nachanmeldung, z. B. eine weltweite Anmeldung oder eine europäische Anmeldung einzureichen. Dies soll dann als gemeinsame Anmeldung, im Namen der späteren Firma oder der Muttergesellschaft erfolgen. Für diese spätere Anmeldung wird die Priorität der früheren Anmeldung in Anspruch genommen. Dies ist wichtig, damit der späteren Anmeldung der Anmeldetag der früheren Anmeldung zuerkannt wird (wenn z. B. in der Zwischenzeit Veröffentlichungen erfolgt sind).

Der Anmelder der Nachanmeldung ist daher häufig nicht identisch mit dem Anmelder der früheren Anmeldung und auch nicht ein Rechtsnachfolger dieses früheren Anmelders. Das Recht auf die Priorität steht aber nur dem Anmelder oder seinem Rechtsnachfolger zu. Dieses Recht kann auch übertragen werden.

Im entschiedenen Fall hatte eine italienische Tochter eine Erfindung in Italien angemeldet. Ein Jahr nach der Anmeldung wurde eine weltweite Anmeldung von der Muttergesellschaft getätigt. Wenige Tage nach der Einreichung der Anmeldung schlossen die Muttergesellschaft und die Tochtergesellschaft einen Vertrag, mit dem rückwirkend alle Patentrechte der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft übertragen wurden.

In dem aktuellen Urteil wurde für europäische Patente klargestellt, dass eine solche Übertragung nach dem Anmeldetag der späteren Anmeldung nicht anerkannt wird. Auch die im Vertrag festgelegte Wirkung in die Vergangenheit spielte keine Rolle. Zum Zeitpunkt der Einreichung der späteren Anmeldung war die Muttergesellschaft nicht Inhaberin der früheren Anmeldung. Es lagen auch keine weiteren Belege für eine beabsichtigte Übertragung vor. Die Priorität (und damit der frühere Anmeldetag) wurde daher nicht wirksam in Anspruch genommen.

Im vorliegenden Fall führte die fehlende Priorität zur Vernichtung des inzwischen erteilten europäischen Patents aufgrund einer Veröffentlichung, welche mit gültiger Priorität keine Rolle gespielt hätte.

Schlussfolgerungen

Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass bei jedem Vertrag zu Schutzrechten immer auch das Datum der Unterzeichnung sehr bedeutsam sein kann. Gerade Verträge welche die Inhaberschaft oder Nachanmeldungen betreffen, sollten vor der Einreichung unterschrieben werden, um spätere Probleme zu vermeiden. Es ist außerdem zu empfehlen, dass die Übertragung des Prioritätsrechts oder die Berechtigung für Nachanmeldungen im eigenen Namen explizit erwähnt wird. Auch die Diskussion und Entscheidungen über Nachanmeldungen sollten immer gut dokumentiert werden, so dass noch weitere Belege für eine gewollte Anmeldung durch den Rechtsnachfolger vorhanden sind.

Für weitere Fragen zu Patenten, Marken und Angelegenheiten des gewerblichen Rechtschutzes steht die Kanzlei Patentanwälte Gierlich & Pischitzis Partnerschaft mbB gerne zu Ihrer Verfügung.


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