Zulässigkeit von Internetbewertungen – so schützen Sie den guten Ruf Ihres Unternehmens

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Einleitung

Potentielle Kunden, seien es Verbraucher oder Unternehmer, informieren sich inzwischen vor jedem Vertragsschluss im Internet über das Unternehmen, mit dem sie ein Geschäft eingehen möchten. Dabei legen sie großen Wert auf die Meinung anderer Kunden.

Negative Bewertungen, nicht selten sogar anlasslos verfasst, können dazu führen, dass potentielle Vertragspartner von einem Vertragsschluss mit Ihrem Unternehmen absehen. Hintergrund dessen ist, dass Bewertungen meist eine sehr hohe Reichweite haben und beispielsweise über Google prominent abrufbar sind.

Ein Vorgehen gegen unwahre und rufschädigende Behauptungen im Internet ist daher maßgeblich für den wirtschaftlichen Erfolg eines jeden Unternehmens.

Neben den Bewertungsmöglichkeiten, die es bei Amazon und Ebay gibt, verfügen häufig auch Online Shops über eine Bewertungsrubrik. Es gibt jedoch auch Bewertungsportale wie Jameda (Bewertungsportal für Ärzte), Kununu und Xing (Bewertungsportale für Arbeitgeber), die ausschließlich der Meinungsbildung von potentiellen Kunden, Patienten oder Arbeitnehmern dienen.

Bewertungen können zudem anonym, zu jeder Zeit und von jedem Ort vorgenommen werden. Dies hat zur Folge, dass negative und vor allem auch unberechtigte Bewertungen schwerwiegende Folgen für den Ruf eines Unternehmens haben können.


Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen:

  • Unter welchen Voraussetzungen sind Internetbewertungen zulässig?
  • Kann der Plattformbetreiber zur Löschung verpflichtet werden und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
  • Wie wird mit anonymen Bewertungen oder „1-Sterne-Bewertungen“ umgegangen, die keine weiteren Ausführungen des Äußernden enthalten?

Auf diese Fragen möchten wir nachfolgend antworten:


Unter welchen Voraussetzungen sind Internetbewertungen zulässig?

Für die Bewertung der Zulässigkeit einer Äußerung muss man sich zunächst die unterschiedlichen Interessen anschauen, die bei Bewertungen im Internet aufeinandertreffen.

Auf Seiten des Verfassers einer Bewertung steht die Meinungsfreiheit, welche durch Art. 5 Abs. 1 GG garantiert wird. Die Meinungsfreiheit erlaubt es dem Äußernden, öffentlich seine ehrliche Meinung über ein Unternehmen oder beispielsweise einen Arbeitgeber zu äußern.

Das Unternehmen dagegen muss jedoch Behauptungen, die unwahr sind, nicht dulden. Sie werden durch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt, können sich jedoch auch auf den sozialen Geltungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) berufen, wenn die Äußerung dazu geeignet ist, das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen. Ein Eingriff in den Gewerbebetrieb ist dann gegeben, wenn


„durch inhaltlich unrichtige Informationen oder Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, geschwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihm abgehalten werden.“ (BGH, Urteil vom 16.12.2014, Az. VI ZR 39/14 – Unternehmenskritik)


Maßgeblich für die Zulässigkeit einer Internetbewertung ist die Frage, ob es sich bei den einzelnen, in der Bewertung enthaltenden Behauptungen, um Meinungsäußerungen oder um Tatsachenbehauptungen handelt.

Meinungsäußerungen oder Werturteile sind gekennzeichnet durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder des Meines im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung. Im Gegensatz zu Tatsachenbehauptungen sind Meinungsäußerungen nicht dem Beweis zugänglich, da stets ein subjektiver Bezug zwischen dem Äußernden und dem Inhalt seiner Äußerung besteht. So handelt es sich beispielsweise bei dem Satz


„Dieses Buch ist spannend.“


um eine Meinungsäußerung. Die Äußerung hängt klar vom subjektiven Empfinden des Äußernden hängt.

Meinungen sind nicht überprüfbar im Sinne von wahr oder falsch und es kommt auch nicht auf die „Qualität“ der Meinung an, also ob sie rational, begründet oder grundlos oder ob sie von anderen als nützlich oder schädlich empfunden wird.

Die Tatsachenbehauptung dagegen ist dem Beweis zugänglich, es kann also objektiv geklärt werden, ob die Tatsachenbehauptung wahr oder unwahr ist. So ist die Aussage


„Dieses Buch hat 250 Seiten.“


objektiv überprüfbar, was sie zu einer Tatsachenbehauptung macht.

Die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung kann mitunter, anders als in den obigen Beispielen, schwierig sein. Das gilt vor allem, wenn es sich um gemischte Äußerungen handelt, die sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungselemente beinhalten.

Pauschal kann man sagen, dass unwahre Tatsachenbehauptungen unzulässig sind, während bei wahren Tatsachenbehauptungen eine Abwägung der oben genannten Interessen vorgenommen werden muss. Auch bei einer Meinungsäußerung muss im Regelfall eine Interessenabwägung vorgenommen werden, es sei denn, es handelt sich um einen der wenigen Ausnahmefälle, beispielsweise um Schmähkritik.


Kann der Plattformbetreiber zur Löschung verpflichtet werden und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Als Unternehmen kann ein besonderes Interesse daran bestehen, nicht unmittelbar gegen den Bewertenden vorzugehen. Manchmal wurde die Bewertung sogar anonym oder unter einem Pseudonym abgegeben, sodass ein Vorgehen gegen den Bewertenden gar nicht möglich ist. Es besteht insbesondere auch keine Pflicht, vorrangig gegen den Verfasser der Bewertung vorzugehen.

Ein Portalbetreiber haftet zunächst in den Fällen, in denen er sich die fragliche Bewertung zu eigen gemacht hat. Ein zu-eigen-machen liegt vor, wenn der Betreiber des Bewertungsportals nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist. Dies dürfte bei Bewertungsportalen eher die Ausnahme sein, so dass eine Haftung wegen zu-eigen-machens in aller Regel nicht in Betracht kommt.

Denkbar ist jedoch eine Haftung als sog. mittelbarer Störer. Der Betreiber ist zwar selbst nicht für die Bewertung verantwortlich, schafft durch die Bereitstellung der Bewertungsplattform jedoch erst die Möglichkeit für die Bewertungen und damit für Rechtsverletzungen. Daraus lässt sich aber keinesfalls die Pflicht des Plattformbetreibers ableiten, alle Bewertungen die im Rahmen seines Angebotes gemacht werden, proaktiv auf Rechtsverletzungen zu überprüfen. Insoweit findet sich in Art. 6 Abs. 1 DSA (Digital Service Act, vormals § 10 S. 1 TMG) eine Haftungsprivilegierung.

Eine Verantwortlichkeit kommt danach erst in Betracht, wenn der Betreiber Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt hat und die behauptete rechtswidrige Tätigkeit oder rechtswidrige Inhalte offensichtlich sind. Wird der Bewertungsplattformbetreiber mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß bejaht werden kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn die Zulässigkeit einer Meinungsäußerung im Streit steht (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2016, Az. VI ZR 34/15 – jameda.de II).

Wird eine Persönlichkeitsrechtsverletzung im Rahmen einer Bewertung behauptet, besteht nicht selten das Problem, dass sich die Rechtsverletzung nicht ohne Weiteres feststellen lässt. Grund dafür ist, dass die Frage der Zulässigkeit einer Bewertung wie oben dargestellt von einer Interessenabwägung abhängt. Diese Abwägung kann mitunter schwierig sein und setzt fundierte Rechtskenntnisse voraus, die bei den Portalbetreibern nicht immer gegeben sind. Auch sind die Aufklärungsmöglichkeiten begrenzt.


Wie wird mit anonymen Bewertungen oder „1-Sterne-Bewertungen“ umgegangen, die keine weiteren Ausführungen des Äußernden enthalten?

Erfolgsversprechend kann ein Vorgehen gegen einen Plattformbetreiber insbesondere dann sein, wenn der Nutzername des Bewertenden nicht in der Kundenkartei des Unternehmens geführt, die Bewertung anonym abgegeben wurde oder es sich bei der in Frage stehenden Bewertung um eine „1-Sterne-Bewertung“ ohne Text handelt.

In diesem Fall kann das Unternehmen das Bestehen des Kundenkontakts (bzw. Behandlungskontakt) zwischen ihm und dem anonymen Bewerter bestreiten (OLG München, Hinweisbeschluss, Az. 18 U 2352/18; 1. Instanz: LG München II, Urteil vom 08.06.2018, Az. 10 O 3560/17) und den Plattformbetreiber dazu auffordern, die Kundeneigenschaft des Bewertenden auf Plausibilität zu prüfen und – sollte diese nicht gegeben sein – die Bewertung umgehend zu löschen.

Der Betreiber ist auf diese Aufforderung hin verpflichtet, Kontakt zum Bewertenden aufzunehmen und sich objektive Beweismittel wie Rechnungen oder Auftragsbestätigungen vorlegen zu lassen, welche den Kunden bzw. Behandlungskontakt belegen. Werden keine oder nur unzureichende Unterlagen vorgelegt, wird die Bewertung in der Regel gelöscht.


Fazit

Die Zulässigkeit einer Internetbewertung ist von der Einstufung der darin enthaltenden Äußerungen als Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen sowie von einer mitunter komplexen Interessenabwägung abhängig. Im Falle einer unzulässigen Bewertung kann gegen den Äußernden direkt oder aber, bei Vorliegen der besonderen Voraussetzungen, gegen den Betreiber der Bewertungsplattform vorgegangen werden.

Wir helfen Ihnen bei der Beseitigung zu Unrecht erfolgter Internetbewertungen. Hierbei gehen wir gegen den Verfasser einer Bewertung oder aber gegen den Plattformbetreiber vor. Unsere Tätigkeit umfasst dabei außergerichtlich die Erstattung einer Strafanzeige gegen den Verfasser, die Erteilung eines qualifizierten Hinweises an den Plattformbetreiber und Abmahnung der Beteiligten. Weiterhin setzen wir Ihre berechtigten Interessen auch gerichtlich mittels einstweiliger Verfügung und im Klageverfahren durch.


Unsere Expertise im Medienrecht

  • Wir helfen Ihnen, Ihre Reputation oder die Reputation Ihres Unternehmens zu wahren
  • Wir sorgen für die Löschung ruf- und geschäftsschädigender Äußerungen innerhalb von Internetbewertungen mit den Mitteln der Abmahnung, der Unterlassungserklärung, der einstweiligen Verfügung sowie mit einer Klage im Medienrecht
  • Wir unterstützen Sie beim Ausbau der Bekanntheit und der Wertschätzung Ihres Unternehmens und Ihre Produkte oder Dienstleistungen
  • Wir sind ein erfahrenes Team aus Rechts- und Fachanwälten mit Spezialisierung auf das Medienrecht. Wir beraten bundesweit. Unsere Standorte finden Sie in Koblenz und Bonn.  

Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt zu uns auf (Ansprechpartnerin: Rechtsanwältin Anne Jörg-Gessinger).


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