Zum Wegfall der BU im Zuge des gebesserten Gesundheitszustandes des Versicherten

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Ist bereits der Weg zum Erhalt der BU-Rente für den VN oft ein langer und steiniger Weg, sieht er sich dann alsbald nach einem Anerkenntnis des VR mit dessen Willen zur Nachprüfung der Voraussetzungen der BU konfrontiert.

Dieses Recht hat der VR. Das ist in den dem Vertrag zugrundeliegenden Bedingungen so vereinbart. Manchmal finden sich dazu auch Fristen in den Bedingungen.

Die Nachprüfung kann dadurch ausgelöst sein, dass der VN inzwischen einen anderen Beruf ausübt, von dem der VR annimmt, dass dieser mit dem alten Beruf, in dem der VN berufsunfähig war, vergleichbar ist, und er deshalb den VN auf diesen neuen Beruf nach den Bedingungen verweisen kann. Dazu finden sich mehrere Artikel von mir auf dieser Seite.

Es kann aber auch sein, dass der VR glaubt, dass sich der Gesundheitszustand des VN derart gebessert hat, dass die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliegt.

Wenn der VR die BU verneinen will, hat er ein paar Dinge zu beachten, die der Bundesgerichtshof u. a. in seinem Urteil vom 17.02.1993 – IV ZR 228/91 näher ausgeleuchtet hat.

1.

Der Versicherer ist grundsätzlich an sein Anerkenntnis gebunden. Da er seine Leistungspflicht zunächst anerkannt hatte, kann er nur noch in einem Nachprüfungsverfahren erreichen, dass die anerkannte Leistungspflicht endet.

2.

Für den Wegfall der Voraussetzungen ist der Versicherer in der Beweislast, nicht der VN für den deren Fortbestand.

3.

Unerlässlich dafür, dass die einmal anerkannte Leistungspflicht endet, ist, dass dem Versicherten hierüber eine Mitteilung gemacht wird. Erst die zugegangene Mitteilung lässt die Leistungspflicht wieder entfallen, also nicht schon die tatsächliche Gesundheitsbesserung, was bedeutet, dass die Berufsunfähigkeit nicht rückwirkend aufgehoben kann und schon ausgezahlte Renten wieder zurückverlangt werden können.

4.

Kommt es nicht zu einer Mitteilung oder ist sie rechtsunwirksam, so besteht die anerkannte Leistungspflicht auch dann fort, wenn sich die maßgeblichen Umstände derart geändert haben, dass sie den Versicherer zur Leistungseinstellung berechtigt hätten.

5.

Machen die Bedingungen auch keine Aussage zum Inhalt und Umfang der Erklärung, um die vom VR beanspruchte Rechtsfolge, nämlich das Enden seiner anerkannten Leistungspflicht, zu bewirken, so ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der betreffenden Klausel in den Bedingungen, dass in der Mitteilung eine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben werden muss, warum die Leistungspflicht des Versicherers enden soll. Dazu zählt, dass der Versicherer in seiner Mitteilung die Informationen gibt, die der VN benötigt, um u. a. seine Erfolgsaussichten für ein Klageverfahren abschätzen zu können. Voraussetzung dafür ist die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des VR, seine Rentenleistungen einzustellen. 

6.

Begründet der Versicherer seine Ansicht mit einem Gutachten, das er eingeholt hat, um seiner Beweislast zu genügen, so gehört es zu den Mindestvoraussetzungen für die Nachvollziehbarkeit seiner Entscheidung und damit für die Wirksamkeit (!) seiner Mitteilung, dass er dieses Gutachten dem Versicherten mit der Mitteilung zugänglich macht, sofern es sich nicht bereits in den Händen des Versicherten befindet. Bloße Auszüge aus dem Gutachten oder die Schlussfolgerung des Versicherers, aus dem Gutachten ergebe sich, dass der Versicherte nicht mehr berufsunfähig sei, genügen für die sachgerechte Nachvollziehbarkeit der Entscheidung nicht. Dafür benötigt der Versicherte vielmehr die unverkürzte Äußerung des medizinischen Sachverständigen. Hat der VN das Gutachten nicht erhalten, ist die Mitteilung unwirksam und der VR muss weiterhin leisten. Tut er das nicht, sollte der VN klagen.

7.

Nicht mehr berufsunfähig ist der Versicherte, wenn sich sein Gesundheitszustand maßgeblich gebessert hat. Das bedeutet, dass sich eine Besserung nur mittels Vergleichs zwei verschiedener Zustände feststellen lässt. Maßgebend im Nachprüfungsverfahren ist der Vergleich des Gesundheitszustandes, wie ihn der Versicherer seinem Anerkenntnis ursprünglich zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand des Versicherten im Nachprüfungsverfahren. Allein nur die Darlegung der Feststellungen zu diesem späteren Zeitpunkt ist nur ein Teil und nicht alles Erforderliche des unerlässlichen Vergleiches. Liegt also kein Vergleich vor, ist die Mittelung über die Leistungseinstellung nicht nachvollziehbar und deshalb unwirksam. Der VR muss weiterzahlen. Tut er das nicht, sollte der VN klagen.

8.

Eine etwaig ursprünglich irrtümliche Beurteilung des Gesundheitszustandes, die zum Anerkenntnis geführt hatte, kann der Versicherer im Nachprüfungsverfahren nicht rückgängig machen. Ist dieser Gesundheitszustand unverändert geblieben, dann bleibt der VR in der Leistungspflicht, auch dann, wenn der Gesundheitszustand eigentlich nicht zur BU geführt hätte.

Anmerkung: Hierzu gibt es eine andere Entscheidung des Kammergerichts: Beschluss vom 09.10.2018 – 6 U 64/18, wonach es nicht auf den objektiven Gesundheitszustand beim Anerkenntnis ankommt, sondern nur auf das, was der VR seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hatte – m. E. nicht richtig (von wissentlichen Manipulationen des VN abgesehen). Etwaig sollte hier die Formulierung des ursprünglichen Anerkenntnisses genauer betrachtet werden. 


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