Zur Widerrufsbelehrung bei Nachrangdarlehen
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Während der Gesetzgeber die Einordnung von Nachrangdarlehen in das Vermögensanlagengesetz durch das Kleinanlegerschutzgesetz vorantrieb, überarbeitete er parallel einmal mehr die Regelungen zum Widerrufsrecht für Verbraucher im BGB sowie zu den Informationspflichten und Anlagen im EGBGB mit Wirkung zum 13. Juni 2014. Nunmehr wird in § 312g Abs. 1 BGB u.a. geregelt, dass dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (§ 312b BGB) und bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zusteht, wenn es sich gemäß § 312 Abs. 1 BGB um Verbraucherverträge (§ 310 Abs. 3 BGB) handelt, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Aus § 312d BGB folgt wiederum die Verpflichtung des Unternehmers, bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246a EGBGB zu informieren oder aber nach Maßgabe des Artikels 246b EGBG, wenn es sich dabei um Verträge über Finanzdienstleistungen handelt. Der Unternehmer kann dann zur Erfüllung der Informationspflicht die in Anlage 1 bzw. 3 zum EGBGB vorgesehenen Muster verwenden.
Was gilt dabei für Anbieter von Nachrangdarlehen?
I. Unternehmer, Verbraucher
Die Vorschriften zum Widerrufsrecht im BGB sind nur auf Verbraucherverträge im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB anwendbar, mithin auf solche, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden. Es gelten die gesetzlichen Definitionen in § 13 BGB und in § 14 Abs. 1 BGB.
Grundsätzlich handelt derjenige als Verbraucher, der als natürliche Person handelt. Darüber hinaus wird überwiegend auf den objektiv verfolgten Zweck des Handelnden abgestellt (vgl. BGH VIII ZR 7/09, U. v. 30. September 2009). Soweit beim Nachrangdarlehen als Kapitalanlage eine natürliche Person zum Zwecke der Renditeoptimierung handelt, ist die Verbrauchereigenschaft gegeben.
Auch für die Frage, ob es sich um das Verhalten eines Unternehmers als Gegenpart zum Verbraucher handelt, kommt es auf den objektiven Inhalt des Rechtsgeschäfts an. In aller Regel sind die Nachrangdarlehensnehmer Gesellschaften, die von einer Vielzahl von Anlegern Gelder annehmen, um diese gewinnbringend zu investieren, um daraus wiederum die Verpflichtungen gegenüber den Anlegern erfüllen zu können. Die Unternehmereigenschaft ist insoweit ebenfalls gegeben bzw. liegen damit Verbraucherverträge im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB vor.
II. Entgeltliche Leistung des Unternehmers
Weitere Voraussetzung für die Anwendung des Widerrufsrechts ist gemäß § 312 Abs. 1 BGB, dass die Verbraucherverträge eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Der Anleger müsste also den Nachrangdarlehensnehmer für dessen Leistung bezahlen. Allerdings ist die Hauptpflicht des Nachrangdarlehensnehmers bzw. partiarischen Darlehensnehmers neben der Abnahme des Darlehens die Rückzahlungsverpflichtung. Als weitere Pflicht schuldet er die Zinsen. Dies wiederum erfolgt als Gegenleistung zur Geldhingabe des Anlegers. Im Wesentlichen ist es also so, dass der Unternehmer durch die Zinszahlung die Leistung des Anlegers vergütet, jedoch nicht umgekehrt. Streng genommen ist das Merkmal der entgeltlichen Leistung des Unternehmers damit nicht erfüllt, da die Rollen von Darlehensnehmer und Darlehensgeber bei diesen Anlageformen im Vergleich zum Verbraucherdarlehensvertrag und zum allgemeinen Verbrauchervertrag vertauscht sind.
Allerdings ist verbindliche Auslegung und Anwendung von Rechtsvorschriften allein Aufgabe der Gerichte, und hier dürften im Ergebnis der Anlegerschutzgedanke und die wirtschaftlich-objektive Perspektive auf den Zweck der Verträge maßgeblich sein. Darüber hinaus ist der Begriff des Entgelts richtlinienkonform weit auszulegen, da die zugrunde liegende europäische Richtlinie diese Einschränkung nicht enthält.
So wird der Erwerb einer Beteiligung an einer Anlage- oder Publikumsgesellschaft, auch als mittelbare Treuhandbeteiligung, in den Begriff des entgeltlichen Vertrags gezogen, wenn der vorrangige Zweck des Beitritts in der Kapitalanlage besteht (vgl. EuGH C-215/08, U. v. 15. April 2010; BGH II ZR 269/07, B. v. 12. Juli 2010; BGH II ZR 304/00, U. v. 2. Juli 2001). Auch die Bürgschaft eines Verbrauchers kann als entgeltliche Leistung im Sinne des Widerrufsrechts angesehen werden, was auch für die Schuldverschreibung diskutiert wird. Die BaFin wiederum spricht bei einem (richtig qualifizierten) Nachrangdarlehen, ggf. mit partiarischem Anteil, von einer „Wesensänderung der Geldhingabe hin zur unternehmerischen Beteiligung“, womit es nicht mehr weit ist zur Beteiligung an einer Publikumspersonengesellschaft als Kapitalanlage, wofür EuGH und BGH eine entgeltliche Leistung bereits attestierten. Des Weiteren könnte man anführen, dass die Geldhingabe selbst, die Übernahme des Risikos und unter Umständen das Tragen des Kapitalverlusts das Entgelt des Anlegers sind, mit welchem er die Teilnahme an der Kapitalanlage des Unternehmers aufwiegt.
Bei Nachrangdarlehen dürfte in diesem Sinne grundsätzlich von einer entgeltlichen Leistung des Unternehmers im Sinne des Verbraucherrechts auszugehen sein.
III. Finanzdienstleistung
So stellt sich die Frage, ob der Unternehmer die Informationspflichten zu beachten hat bzw. dasjenige Muster verwenden kann, welches bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen vorgeschlagen wird, oder ob er dasjenige nimmt, welches die Finanzdienstleistungen mit einschließt.
Der Begriff der Finanzdienstleistung ist im BGB weiter bzw. stellt auch den Oberbegriff für Bank- und Finanzdienstleistungen im Sinne des KWG dar. So dürfte hier maßgeblich sein, dass das Nachrangdarlehen oder partiarische Darlehen als Verbrauchervertrag, wenngleich nicht als Verbraucherdarlehensvertrag, zumindest doch im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung (an den Unternehmer) steht. Ferner macht die vom Gesetzgeber vorgeschlagene Belehrung über die Widerrufsfolgen bei Verbraucherverträgen mit Ausnahme der Finanzdienstleistungen bei Nachrangdarlehen wie auch bei anderen Kapitalanlagen wenig Sinn, soweit es um „Lieferungen“ oder Kosten dafür geht. Dies würde verwirren. Auch hier dürfte der Verbraucherschutzgedanke eher zur Anwendung desjenigen Musters führen, welches die Finanzdienstleistung mit einschließt.
IV. Ergebnis
Nachrangdarlehen, so auch partiarische Darlehen oder Mischformen, die natürliche Personen zum Zweck der Kapitalanlage abschließen, sind allgemein als Verbraucherverträge im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB zu qualifizieren. Sofern die Verträge außerhalb von Geschäftsräumen oder im Wege des Fernabsatzes geschlossen werden, steht dem Verbraucher (Anleger) ein Widerrufsrecht zu, über welches richtig belehrt werden muss. Auch wenn Kapitalanlagen im Widerrufsrecht nach wie vor nicht hinreichend abgebildet werden, gebietet der Verbraucherschutz eine Anwendung des Musters in Anlage 3 zu Artikel 246b EGBGB über § 312d Abs. 2 BGB, da Nachrangdarlehen als „Finanzdienstleistungen“ im Sinne des BGB zu qualifizieren sind.
V.i.S.d.P.: Daniel Blazek, BEMK Rechtsanwälte, Dezember 2014.
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