Zwangsversteigerung: Darf der neue Eigentümer die Immobilie räumen und entrümpeln?

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Entrümpeln in Eigenregie („kalte Räumung“)?

Wer ein Haus oder eine Wohnung ersteigert hat, möchte diese Immobilie so schnell wie möglich selbst nutzen und nach eigenen Vorstellungen umgestalten. Lästig, wenn dann noch Möbel oder andere Einrichtungsgegenstände des Voreigentümers vorhanden sind. Kann der Ersteher dann einfach einen Entrümpler damit beauftragen, die Immobilie zu räumen? Besser nicht!

Der Fall: Der Ersteher eines Einfamilienhauses hatte es eilig. Als neuer Eigentümer fühlte er sich als Herr im Haus und ließ die Immobilie durch ein privates Unternehmen räumen. Einen Teil der vorgefundenen Einrichtungsgegenstände ließ er durch ein Auktionshaus versteigern. Danach wurde das Haus abgerissen. Die Voreigentümer forderten nun Schadensersatz von ihm: Im Haus hätten sich wertvolle Bilder und Möbelstücke befunden, die teilweise verschwunden, teilweise beschädigt zurückgegeben worden seien. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 23.6.2017, Az. V ZR 175/16) gab ihnen im Prinzip recht:

Zwangsversteigerung betrifft nur das Grundeigentum, nicht die Möbel

Durch den Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren verliert der Vorbesitzer das Grundeigentum, bleibt aber Eigentümer seiner Möbel. Der Ersteher wird neuer Eigentümer des Grundstücks, muss die Möbel und Einrichtungsgegenstände aber an den Voreigentümer herausgeben. Will der neue Eigentümer das Haus räumen, muss er das verbliebene Eigentum des Voreigentümers beachten. Andernfalls kann er sich schadensersatzpflichtig machen.

Grundsatz: Räumung nur durch den Gerichtsvollzieher

Das bedeutet: Der Ersteher erhält vom Gericht den Zuschlagsbeschluss, der ihn als neuen Eigentümer des Hauses ausweist. Mit diesem Zuschlagsbeschluss kann er den Gerichtsvollzieher beauftragen, die Räumung durchzuführen. Der Gerichtsvollzieher dokumentiert dann, welche Gegenstände sich noch in der Immobilie befinden. Er übergibt sie dem Voreigentümer oder gibt sie in Verwahrung. Dadurch werden die Rechte des Voreigentümers an seinen Einrichtungsgegenständen geschützt.

Risiko „kalte Räumung“

Umgeht der Ersteher das gesetzlich vorgesehene Räumungsverfahren, dann macht er sich womöglich schadensersatzpflichtig. Kann nämlich der Voreigentümer plausible Angaben dazu machen, welche Einrichtungsgegenstände sich noch im Haus befunden haben, dann muss der Ersteher nachweisen, dass diese Angaben nicht zutreffen. Behauptet der Voreigentümer etwa mithilfe von Fotos aus besseren Zeiten, dass sich in der Wohnung ein wertvoller Perserteppich befunden habe, dann muss der Ersteher beweisen, dass entweder bei der Räumung überhaupt kein solcher Teppich mehr im Haus war, oder dass zwar ein Teppich vorhanden war, es sich jedoch um eine wertlose Imitation gehandelt hatte.

Selbst wenn der Ersteher dem Voreigentümer den Teppich – fleckig, ausgefranst und mit Brandlöchern – zurückgeben kann, muss er beweisen, dass der Teppich bereits bei der Räumung in diesem traurigen Zustand war. Gelingt ihm das nicht, muss er dem Voreigentümer womöglich Schadensersatz leisten. Die Umgehung des gesetzlichen Räumungsverfahrens kann den neuen Grundeigentümer also teuer zu stehen kommen.

Empfehlung: Sorgfältige Bestandsaufnahme bei der Räumung

Will der Ersteher das gesetzliche Verfahren abkürzen und in eigener Regie eine „kalte Räumung“ vornehmen, dann muss er sorgfältig dokumentieren, welche Gegenstände sich noch im Haus befinden und in welchem Zustand sie sind. Erkennbare Beschädigungen sind zu dokumentieren – im Zeitalter der Digitalfotografie ist das keine große Sache. Kunstgegenstände und wertvolle Möbel sollten auf ihren Wert geschätzt und eingelagert werden.

Mein Tipp: Die Räumung einer ersteigerten Immobilie ist Aufgabe des Gerichtsvollziehers. Er ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Rechte des Voreigentümers zu schützen. Will der Ersteher eine Räumung in eigener Regie vornehmen, muss er die damit verbundenen Risiken in Kauf nehmen. Im eigenen Interesse sollte er dabei sehr sorgfältig vorgehen, eine detaillierte Inventarliste erstellen und den Zustand der vorgefundenen Einrichtungsgegenstände genauestens dokumentieren. 



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