Zwangsvollstreckung aus dem Arbeitsurteil – Zuständig ist das Amtsgericht!

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Darf mein Chef die Versicherungsscheine einfach mit dem Gerichtsvollzieher holen lassen – auch wenn ich Berufung eingelegt habe? Genau das fragte sich eine Arbeitnehmerin, als der Gerichtsvollzieher vor der Tür stand. Sie wollte sich mit einem Eilantrag beim Arbeitsgericht wehren. Doch das erklärte sich für unzuständig – zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht entschied.


Sachverhalt und Entscheidung:
Im Fall vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (Beschluss vom 2. Mai 2025 – 10 Ta 402/25) hatte eine Arbeitnehmerin in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht verloren. Die Gegenseite betrieb daraufhin die Zwangsvollstreckung, um bestimmte Versicherungsscheine zu erhalten. Die Arbeitnehmerin legte Berufung ein und stellte gleichzeitig beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO – sie fühlte sich durch die Herausgabe der Unterlagen unzumutbar belastet.

Das Arbeitsgericht Offenbach wies den Antrag ab: Nicht das Arbeitsgericht, sondern das Amtsgericht sei zuständig. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitnehmerin sofortige Beschwerde ein – jedoch erfolglos. Das Landesarbeitsgericht bestätigte: Für Anträge nach § 765a ZPO ist auch im Arbeitsrecht das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig.


Rechtslage und Einordnung:
§ 765a Zivilprozessordnung (ZPO) schützt Schuldner in besonderen Härtefällen vor Vollstreckungsmaßnahmen – etwa, wenn diese sittenwidrig wären. Zuständig für solche Anträge ist das Vollstreckungsgericht, in der Regel das Amtsgericht (§ 764 ZPO).

Auch wenn die ursprüngliche Entscheidung im Arbeitsgerichtsverfahren ergangen ist, ändert das nichts: § 62 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) verweist zwar auf die ZPO-Vollstreckungsvorschriften, ersetzt aber nicht das zuständige Gericht. Nur in wenigen Fällen (etwa bei Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO) ist das Arbeitsgericht selbst zuständig. Für § 765a ZPO bleibt es beim Amtsgericht.

Einzige Ausnahme: Während eines Berufungsverfahrens kann das Berufungsgericht auf Antrag die Vollstreckung vorläufig einstellen (§ 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG i.V.m. § 719 ZPO).


Fehleranalyse und Praxistipps:
Im vorliegenden Fall hat die Arbeitnehmerin den Antrag beim falschen Gericht gestellt – ein vermeidbarer Fehler, der Zeit und Nerven kostet. Wichtig zu wissen:

Zwangsvollstreckung droht? Prüfen Sie umgehend, ob ein Eilrechtsschutz möglich ist.
§ 765a ZPO: Antrag immer beim Amtsgericht stellen – auch bei arbeitsgerichtlichen Urteilen!
Schon Berufung eingelegt? Dann kann das Landesarbeitsgericht die Zwangsvollstreckung auf Antrag vorläufig stoppen.
Nicht abwarten! Gerichtsvollzieher handeln schnell – rechtzeitige Reaktion ist entscheidend.


Fazit:
Auch im Arbeitsrecht gilt: Für Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO ist das Amtsgericht zuständig – nicht das Arbeitsgericht. Wer sich wehren will, muss den richtigen Weg kennen. Im Zweifel: rechtzeitig anwaltliche Hilfe suchen! Denn Fristen sind kurz, und falsche Anträge können teure Folgen haben.

📌 Tipp: Lassen Sie jeden Vollstreckungsversuch durch einen Anwalt prüfen. Oft gibt es rechtliche Mittel – aber nur, wenn man sie richtig nutzt.


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