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Fußgängerzone: Rechtliches zu Auto, Fahrrad, Segway & Co.

  • 6 Minuten Lesezeit
Miriam Heilig anwalt.de-Redaktion

Die Fußgängerzone gleicht vielfach einem Hindernisparcours. Als Fußgänger wird man beim Stadtbummel immer wieder durch Radfahrer oder Skater bedrängt, muss parkenden Autos ausweichen, stolpert im Menschengewusel über am Boden sitzende Straßenkünstler oder wird von hartnäckigen Informationsblättchenausteilern verfolgt. Was man als gemütlicher Fußgängerzonenbummler dulden muss und was dagegen nicht erlaubt ist, hat die Redaktion von anwalt.de in einem zweiteiligen Überblick zusammengefasst.

[image]Die Fußgängerzone im rechtlichen Sinne

Der Fußgängerbereich, wie die Fußgängerzone laut Straßenverkehrsordnung (StVO) heißt, ist eine Verkehrsfläche, die generell nur von Fußgängern genutzt werden darf. Anderen Verkehrsteilnehmern ist die Zufahrt prinzipiell untersagt, es sei denn, die Nutzung wird ihnen durch entsprechende Beschilderung erlaubt.

Ist die Fußgängerzone auch für andere Verkehrsteilnehmer, also z. B. für den Lieferverkehr oder Fahrradfahrer, freigegeben, sind diese den Fußgängern gegenüber untergeordnet. Sie müssen auf die Fußgänger Rücksicht nehmen, ihre Geschwindigkeit dem Fußgängerverkehr anpassen und wenn nötig, warten, bis die Fußgänger den Weg freigeben.

Trotz des generellen Zufahrtsverbots gelten in vielen Fußgängerzonen Ausnahmeregelungen für Entsorgungs- und Reinigungsfahrzeuge und Einsatzwagen.

Befahren und Parken

Die Fußgängerzone ist hinsichtlich des Gemeingebrauchs auf den Fußgängerverkehr beschränkt. Das Befahren der Fußgängerzone mit dem Pkw ist grundsätzlich unzulässig, genauso wie das Halten und Parken. Denn das überschreitet den Gemeingebrauch und bedarf daher einer Sondernutzungserlaubnis. Gleiches gilt für die Benutzung (Befahren, Halten, Parken) des Fußgängerbereiches mit Krafträdern.

Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist das Vorliegen von Gründen, die das öffentliche Interesse an dem Zufahrts- und Parkverbot in der Fußgängerzone überwiegen. Dabei wird nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abgewogen. Das Schutzgut darf durch die Sondernutzungserlaubnis nicht wesentlich beeinträchtigt werden, denn die Sicherheit des Fußgängerverkehrs hat in einer Fußgängerzone besonderen Vorrang.

Bleibt ein Fahrzeug betriebsbedingt in einer Halteverbotszone liegen, beispielsweise wegen Motorschaden oder Reifenpanne, wird dies mangels gewollter Fahrtunterbrechung nicht mit Bußgeld bestraft (OLG Frankfurt, Beschluss v. 30.09.1987, Az.: 2 Ws (B) 230/87 (OWiG)) und hat in der Regel nicht das Abschleppen des Fahrzeugs zur Folge. Doch ist es im Falle von Fußgängerzonen fraglich, ob das betroffene Fahrzeug denn überhaupt in den Fußgängerbereich hätte hineinfahren dürfen.

Anwohner

Oftmals sind Fußgängerzonen zu bestimmten Uhrzeiten für den Lieferverkehr freigegeben. „Lieferverkehr“ beinhaltet aber nur den geschäftsmäßigen Transport von Waren und Gegenständen. Der private Anliegerverkehr ist damit also nicht gemeint. Zwar wird Anwohnern gegenüber dem Gemeingebrauch ein gesteigerter Anliegergebrauch zugesprochen, doch dieser erstreckt sich lediglich auf die notwendige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Straßennetz. Darin eingeschlossen ist jedoch nicht die bequeme oder leichte Erreichbarkeit des Grundstückes mit dem eigenen Fahrzeug oder der Anliegerverkehr. Das Recht auf Anliegergebrauch umfasst also nicht den Schutz vor Erschwernissen des Zugangs, die sich aus der örtlichen Lage ergeben (BVerwG, Urteil v. 08.09.1993, Az.: 11 C 38.92), weshalb auch Anwohner zum Befahren einer Fußgängerzone eine Ausnahmegenehmigung benötigen.

Die Einrichtung einer neuen Fußgängerzone kann den Mieter bzw. Pächter zur Mietzinsminderung berechtigen, wenn der vertragsgemäße Gebrauch dadurch erheblich gemindert wird. Das ist z. B. der Fall bei Gebäuden, die extra wegen ihrer verkehrsgünstigen Lage und der unmittelbaren Nähe zu Tagungs- und Kongressräumlichkeiten zum Zweck des Kurbetriebs angemietet wurden, und bei denen es nun an den wichtigsten Voraussetzungen fehlt (LG Frankfurt, Urteil v. 10.06.1975, Az.: 2/7 O 726/74). Dagegen berechtigen die unweigerlich mit der Einrichtung einer neuen Fußgängerzone verbundenen Beeinträchtigungen wie Straßenbauarbeiten nicht zur Kündigung des Mietverhältnisses und sind entschädigungslos zu dulden (OLG Düsseldorf, Urteil v. 18.11.1997, Az.: 24 U 261/96).

Übrigens: Wird eine neue Fußgängerzone angelegt, müssen sich die Anwohner der betroffenen Straßenteile an den Kosten für den Umbau beteiligen, nicht dagegen Anlieger, deren Grundstück nicht an die Fußgängerzone grenzt.

Lieferverkehr

Ist die Fußgängerzone für den Lieferverkehr in bestimmten Zeiträumen freigegeben, müssen sich Händler und Lieferanten auch an diese Zeiten halten. Für ein Befahren des Fußgängerbereiches z. B. zur Warenanlieferung außerhalb der festgelegten Zeiten benötigen auch sie eine Ausnahmegenehmigung. Die Erteilung der Genehmigung wird streng geprüft.

So ist es beispielsweise laut dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim einem Lieferanten zumutbar, seinen Betrieb derart zu organisieren, dass eine Anlieferung der Waren (Sportartikel) innerhalb der zulässigen Lieferzeit erfolgen kann. Umwege und zusätzlicher Zeitaufwand sind dabei in Kauf zu nehmen (VGH Mannheim, Urteil v. 20.03.1991, Az.: 5 S 1791/90).

Bei der Anlieferung von schnell verderblichen Lebensmitteln - insbesondere Fleisch- oder Wurstwaren - oder auch Arzneimitteln ist dagegen die Erteilung der Ausnahmegenehmigung wahrscheinlicher. Auch Handwerker erhalten unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmegenehmigungen.

Ist das Befahren der Fußgängerzone zu bestimmten Uhrzeiten gestattet oder hat man eine Sondernutzungserlaubnis erhalten, müssen sich Fahrten durch den Fußgängerbereich trotzdem auf das zeitlich und sachlich Notwendige beschränken. Die Fußgängerzone ist bei der nächstmöglichen Ausfahrt wieder zu verlassen, auch wenn dadurch erhebliche Umwege gemacht werden müssen.

Fahrräder und moderne Fortbewegungsmittel

Fahrräder

Fußgängerzonen sind grundsätzlich nicht für den Fahrzeugverkehr geöffnet, also auch nicht für Radfahrer. Allerdings werden oftmals nicht nur für den Lieferverkehr, sondern auch für den Radverkehr durch das Anbringen von Zusatzschildern Ausnahmen gemacht. Trotzdem gilt: Fußgänger haben im Fußgängerbereich absoluten Vorrang - auch gegenüber Radfahrern. Radfahrer dürfen ebenso wie Pkw nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren und Fußgänger weder behindern noch gefährden.

Allerdings dürfen Fahrräder in Fußgängerzonen durchaus abgestellt werden. Denn aus dem sich aus § 12 StVO ergebenden Halte- und Parkverbot kann kein Verbot für das Abstellen von Fahrrädern im Fußgängerbereich abgeleitet werden (VG Braunschweig, Urteil v. 25.01.2005, Az.: 5 A 216/03).

Radfahrer, die verbotswidrig durch eine Fußgängerzone fahren, können keinen Anspruch auf Schmerzensgeld gegenüber der Kommune geltend machen, wenn sie über Betonpoller stürzen. Denn sie müssen stets mit Hindernissen rechnen und ihre Geschwindigkeit insoweit anpassen, dass jederzeit die Möglichkeit zum Anhalten besteht (OLG Thüringen, Urteil v. 30.10.2001, Az.: 3 U 559/01).

Roller

Erwachsene dürfen nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einer Fußgängerzone allerdings Tretroller, die durch Abstoßen bewegt werden, benutzen, solange sie dadurch Fußgänger nicht gefährden oder wesentlich behindern (OLG Oldenburg, Beschluss v. 21.06.1996, Az.: Ss 186/96).

Motorisierte Roller sind dagegen Kraftfahrzeuge nach der StVO. Sie dürfen daher nicht in Fußgängerzonen gefahren werden.

Inlineskates und Skateboards

Die rechtliche Einordnung der Inlineskates war lange Zeit umstritten. Einige sahen sie als Fahrzeuge an, andere meinten, sie müssten wie Fußgänger behandelt werden, und wieder andere ordneten sie dem Bereich „Sport und Spiel“ zu. Mit dem Urteil vom 19.03.2002 (Az.: VI ZR 333/00) stellte endlich der Bundesgerichtshof (BGH) klar, dass Inlineskates keine Fahrzeuge im Sinne der StVO sind, sondern unter Berücksichtigung einer möglichst geringen gegenseitigen Behinderung und Gefährdung aller Verkehrsteilnehmer vielmehr als „ähnliche Fortbewegungsmittel“ i. S. d. § 24 Abs. 1 StVO behandelt werden müssen. Dementsprechend wurden auch die gesetzlichen Regelungen angepasst und Inlineskates explizit in den Wortlaut integriert.

Inlineskates sind also besondere Fortbewegungsmittel nach § 24 Abs. 1 StVO. Für sie gelten daher die Regeln des Fußgängerverkehrs nach § 25 StVO. Das bedeutet, dass Inlineskater im öffentlichen Verkehr Fußgänger- bzw. Gehwege benutzen müssen, jedoch Radwege für sie tabu sind. In Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen darf man ebenfalls mit Inlineskates fahren, allerdings ist hier Rücksichtnahme gegenüber Fußgängern und ggf. Schrittgeschwindigkeit geboten.

Skateboards sind ebenfalls ähnliche Fortbewegungsmittel i. S. d. § 24 Abs. 1 StVO. Sie ähneln wohl am ehesten den Rollern, da man sich ebenfalls durch Abstoßen fortbewegt. Skateboarder unterliegen also genauso wie Inlineskater den Vorschriften des Fußgängerverkehrs. Skateboarden ist also straßenrechtlich auch in Fußgängerzonen zulässig. Allerdings gilt für Skateboarder ebenso das Rücksichtnahmegebot gegenüber Fußgängern und ggf. die Reduzierung der Geschwindigkeit auf Schritttempo.

Segways

Technische Neuerungen scheinen Gesetze immer wieder zu überfordern. So auch im Falle der Segways, deren straßenverkehrsrechtliche Einordnung ebenfalls lange strittig war. Doch seit 2009 existiert die sogenannte Mobilitätshilfenverordnung (MobHV), die das max. 20 km/h schnelle Einpersonentransportmittel mit elektrischer Antriebs- und Balancetechnik, zwei parallel angeordneten Rädern und einer Lenk- bzw. Haltestange klar als Kraftfahrzeug im Sinne der StVO klassifiziert.

Gefahren werden dürfen Segways auf Schutzstreifen, Radfahrstreifen, Radwegefurten und Radwegen. Nur wenn diese nicht vorhanden sind, dürfen Fahrbahnen benutzt werden (§ 7 Abs. 2 und 3 MobHV). Möchte man mit dem Segway in die Fußgängerzone fahren, muss man gemäß § 7 Abs. 5 MobHV seine Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr anpassen. Auf Fußgänger muss Rücksicht genommen werden, sie dürfen weder behindert noch gefährdet werden.

(HEI)


Das ist noch nicht alles an Rechtlichem zum Thema Fußgängerzone. Lesen Sie nächste Woche im zweiten Teil der Serie wichtige Informationen zu Werbung und Verkauf in der Fußgängerzone sowie zu Straßenkunst, Straßenmusik und Bettelei.

Bis dahin genießen Sie die hoffentlich fahrzeugfreie Fußgängerzone!

Foto(s): ©iStockphoto.com

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