Kündigung während der Ausbildung: Welche Regelungen gelten?
- 5 Minuten Lesezeit
Inhaltsverzeichnis
Auch wenn der Beruf und der Ausbildungsweg sorgfältig gewählt wurde, kann es immer passieren, dass man nach Ausbildungsbeginn feststellt, dass die Ausbildung oder die Arbeitsstätte nicht zu einem passt.
In welcher Form muss die Kündigung erfolgen?
Die Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses ist in § 22 BBiG geregelt. Kündigungen müssen schriftlich erfolgen. Das heißt, sie müssen unterschrieben sein und im Original zugehen, also nicht per Fax oder E-Mail. Um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, ist es empfehlenswert, das Kündigungsschreiben per Einwurfeinschreiben oder per Boten zu übermitteln. Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis von beiden Seiten ohne Einhalten einer Kündigungsfrist nur gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Zudem kann noch der Auszubildende mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen möchte. Bei dieser Kündigung und der Kündigung aus wichtigem Grund sind die Gründe anzugeben.
Kündigung in der Ausbildung aus wichtigem Grund
Achtung: Sobald der wichtige Grund zur Kündigung bekannt ist, muss innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntwerden des Grundes gekündigt werden. Sind die Gründe länger als zwei Wochen bekannt, ist die Kündigung unwirksam. Eine Ausnahme gilt für den Fall eines vorgesehenen Güteverfahrens. In diesen Fall verlängert sich die Frist um die Dauer des Güteverfahrens. Bei unter 18-Jährigen, also minderjährigen Auszubildenden, ist zu beachten, dass entweder die Kündigung deren Eltern zugehen muss oder die Kündigung der minderjährigen Auszubildenden mit dem Einverständnis der Eltern erfolgt. Dasselbe gilt bei einem Aufhebungsvertrag.
Ein wichtiger Grund aufseiten des Arbeitgebers liegt vor, wenn sich der Auszubildende straffällig verhält, indem er zum Beispiel den Arbeitgeber bestiehlt oder Arbeitskollegen körperlich verletzt. Bei solchen gravierenden Fällen muss der Auszubildende mit der sofortigen fristlosen Kündigung rechnen. Aber auch vermeintliche Lappalien können bei Wiederholung zur Kündigung führen, wenn der Arbeitgeber dieselbe Pflichtverletzung bereits mehrmals erfolglos abgemahnt hat. In der Regel muss dasselbe Fehlverhalten bereits zweimal abgemahnt worden sein, bevor eine wirksame Kündigung ausgesprochen werden kann. Wer zum Beispiel zweimal abgemahnt wurde, da er unentschuldigt nicht die Berufsschule oder die Ausbildungsstätte besucht hat, kann bei dem dritten unentschuldigten Fernbleiben gekündigt werden.
Ein wichtiger Grund aufseiten des Auszubildenden kann gegeben sein, wenn zum Beispiel Vorschriften nach dem JArbSchG nicht beachtet werden oder der Auszubildende Überstunden umsonst ohne Ausgleich leisten muss. Dabei ist stets der Einzelfall entscheidend und im Zweifel sollte ein Anwalt hinzugezogen werden.
In der Probezeit von heute auf morgen kündbar
In der Probezeit sollen sich Ausbilder und Auszubildender ein gegenseitiges Bild voneinander machen. Nur wenn beide sich bereits im Arbeitsalltag kannten, kann das unter Umständen eine kürzere Probezeit rechtfertigen. Entsprechend ist eine Verlängerung nur zulässig, wenn etwa wegen Krankheit des Azubis noch keine ausreichenden Erfahrungen miteinander gesammelt werden konnten.
Das macht Sinn. Denn aufgrund des gegenseitigen Kennenlernens ist eine feste Bindung noch ausgeschlossen. Der auszubildende Arbeitgeber kann daher den Ausbildungsvertrag in der Probezeit ohne Einhaltung einer Frist auch noch an ihrem letzten Tag kündigen. Einen Kündigungsschutz während der Probezeit genießen im Übrigen nur Schwerbehinderte, Schwangere oder Mitglieder der Auszubildendenvertretung. Ihre Schwangerschaft müssen Auszubildende dabei nicht während der Probezeit offenbaren. Spätestens aber bei einer Kündigung muss das innerhalb von zwei Wochen nach Kündigungserhalt schriftlich erfolgen. Sonst droht auch hier die Kündigung. Erfolgte die Kündigung in Kenntnis der Schwangerschaft ist ihr zu widersprechen.
Besonderer Kündigungsschutz nach Ende der Probezeit
Nach Ende der Probezeit kann nur noch der Auszubildende selbst das Ausbildungsverhältnis kündigen. Das muss stets schriftlich erfolgen. Dabei gilt eine Kündigungsfrist von vier Wochen. Bei Minderjährigen müssen zudem ihre gesetzlichen Vertreter, in der Regel die Eltern, mit der Kündigung einverstanden sein. Der Arbeitgeber kann hingegen nicht in gleicher Weise ordentlich kündigen. Insofern besteht ein einseitiger Kündigungsschutz zulasten des Ausbilders aufgrund des § 22 Bundesbildungsgesetz (BBiG).
Fristlose Kündigung weiterhin möglich
Die Vorschrift lässt aber ausdrücklich die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund zu. Dieser muss allerdings so stark sein, dass eine Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar wird. Dabei spielt auch die bisherige Ausbildungsdauer eine Rolle. Als wichtiger Grund kommt daher etwa nur eine Straftat in Betracht, die sich auf die Ausbildung auswirkt. Ausreichend dafür ist ein Diebstahl oder die Gewaltanwendung im Betrieb. Taugliche Gründe sind aber auch der fehlende Wille zur Ausbildung, etwa das Schwänzen der Berufsschule sowie wiederholtes zu spät oder gar nicht zur Arbeit kommen. Schlechte Prüfungsleistungen allein berechtigen dagegen nicht zur Kündigung. In all diesen Fällen darf die Kenntnis des Arbeitgebers vom Kündigungsgrund noch keine zwei Wochen bestehen. Auch hier gilt: nur eine schriftliche und unterschriebene Kündigung ist wirksam. Der oder die Kündigungsgründe sind darin zwingend anzugeben.
Kündigung in der Ausbildung ohne Zustimmung des Personalrats
Zwei Auszubildende erhoben vor dem Arbeitsgericht Berlin Kündigungsschutzklagen wegen der Kündigungen ihrer Ausbildungsverträge, die ohne Zustimmung der Personalräte erfolgt waren. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg änderte die beiden Entscheidungen des Arbeitsgerichts ab und wies beide Klagen ab.
Die eine Auszubildende fehlte während der ersten 14 Tage der Probezeit 4 Tage aufgrund von Krankheit und verletzte ihre Meldepflichten, indem sie ohne ihren Arbeitgeber zu informieren aus familiären Gründen in die Türkei reiste und erst nach einer Woche wieder zur Arbeit erschien. Der Arbeitgeber folgerte aus diesem Verhalten, dass die Auszubildende für die Ausbildung ungeeignet sei.
Der zweiten Auszubildenden wurde ebenfalls aufgrund mangelnder Eignung durch den Arbeitgeber gekündigt, denn sie fehlte aufgrund von Krankheit in den ersten 14 Tagen des Ausbildungsverhältnisses an 4 Tagen und verletzte dabei ihre vertraglichen Nebenpflichten.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hielt die Zustimmungsverweigerung der Personalräte für unbeachtlich, da nicht zu erkennen war, dass die Arbeitgeber im Rahmen ihrer Eignungsbeurteilungen von unzutreffenden Sachverhalten ausgegangen wären, und die Kündigungen auch nicht aus anderen Gründen unwirksam sein könnten.
(Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.05.2010, Az.: 23 Sa 127/10 und Urteil v. 25.05.2010, Az.: 11 Sa 887/10)
(GUE, WEI)
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Kündigung Ausbildung?
Rechtstipps zu "Kündigung Ausbildung" | Seite 3
-
08.07.2022 Rechtsanwalt Max van der Leeden„Das Arbeitsgericht Siegburg hat mit Urteil vom 17.03.2022 - 5 Ca 1849/21 die Kündigungsschutzklage eines Auszubildenden (Azubi) wegen einer fristlosen Kündigung abgewiesen. Die fristlose Kündigung …“ Weiterlesen
-
24.06.2022 Rechtsanwalt Marcel Seifert„… auf Lohnfortzahlung bestehe nach einer unwirksamen Kündigung weiter. Der Kläger in dem zu Grunde liegenden Fall hatte 2019 eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger in einem Krankenhaus begonnen …“ Weiterlesen
-
17.12.2022 Rechtsanwalt Oliver Worms„… der Ehewohnung klären Sie müssen entscheiden, wie Sie Ihre bislang gemeinsam genutzte eheliche Wohnung künftig nutzen. Sie können beide ausziehen und die Wohnung verkaufen oder den Mietvertrag kündigen …“ Weiterlesen
-
31.10.2023 Rechtsanwalt Oliver Worms„… auch gemeinsam kündigen. Mietwohnung, wenn Sie verheiratet sind Möchte der Ehepartner in der ehelichen Wohnung verbleiben, besteht das gesetzlich verbriefte Recht , den Mietvertrag allein zu übernehmen …“ Weiterlesen
-
08.06.2022 Rechtsanwalt Martin Loibl„Wer eine Arbeitsunfähigkeit vortäuscht muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Die Kündigung ist auch wirksam. Dies hat das Arbeitsgericht Siegburg in seinem Urteil v. 17.3.2022, Az. 5 Ca 1849 …“ Weiterlesen
-
31.05.2022 Rechtsanwalt Malte Jörg Uffeln„… ( Haftung nach § 831 BGB). Der Arzt hat vor der Delegation daher stets zu prüfen: a.das „KÖNNEN“ der Pflegeperson ( Ausbildung) – formelle Fähigkeit b.die „KENNTNIS und ERFAHRUNGEN“ der Pflegeperson …“ Weiterlesen
-
05.06.2022 Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M.„… Ausbildung und haben durch Qualifikation und Anlernen ihren Arbeitsplatz erlangt . Zudem haben viele Arbeitnehmer eine lange Betriebszugehörigkeit und sind entsprechend älter . Ihre Standorte befinden …“ Weiterlesen
-
20.05.2022 Rechtsanwalt Jan Paul Seiter„… die Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung oder die fristlose Kündigung. Das ist jedoch nur der Fall, wenn es sich bei der bewusst wahrheitswidrig beantworteten Frage zunächst um …“ Weiterlesen
-
17.05.2022 Rechtsanwalt Joachim Kerner„… Mitarbeiter für sein Unternehmen haben und nicht etwa spezialisierte Fachkräfte für die Konkurrenz ausbilden. Er hofft also nach Abschluss von Ausbildung bzw. Weiterbildung auf eine gewisse Betriebstreue …“ Weiterlesen
-
13.05.2022 Rechtsanwalt Maximilian Klein„… ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten …“ Weiterlesen
-
10.05.2022 Rechtsanwalt Christopher Tackenberg„… berechtigt ein zweimonatiger Mietrückstand den Vermieter dazu, das Mietverhältnis zu kündigen und eine Räumungsklage anzustreben. Wenn er diese gewinnt, erhält er einen Titel, um mittels Gerichtsvollzieher …“ Weiterlesen
-
10.05.2022 Rechtsanwalt Bernd Gasteiger LL.M.„… wird. Beispiele für Sachgründe: Vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung; Befristung im Anschluss an eine Ausbildung; Vertretung eines anderen Arbeitnehmers; Befristung zur Erprobung …“ Weiterlesen
-
26.04.2022 Rechtsanwalt Kevin Wydra„… Kündigung des Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisses aus. Hiergegen wehrt sich der K im Wege der fristgerecht eingereichten Kündigungsschutzklage. Er ist der Auffassung, dass eine fristlose Kündigung …“ Weiterlesen
-
14.03.2022 Rechtsanwalt Vincent Aydin„Von Raiane Jarchow // Rechtsanwaltsfachangestellte in Ausbildung // Kanzlei am Südstern » Gemäß § 765 Bürgerliches Gesetzbuch stehen die Bürgen gegenüber den Gläubigern für die Erfüllung …“ Weiterlesen
-
08.02.2022 Rechtsanwalt Fabian Heyse„… für einen bestimmten Zeitraum gültig und laufen automatisch aus – ohne Kündigung. Doch viele Befristungen in Arbeitsverträgen sind unzulässig, weil Arbeitnehmer die Befristung nicht ausreichend …“ Weiterlesen
-
23.02.2023 Rechtsanwalt Wolfgang Weiß„… Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen. Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit …“ Weiterlesen
-
27.01.2022 Christian Günther, anwalt.de-Redaktion„… Monate. Und bei nicht rechtzeitiger Kündigung verlängert sich der Vertrag automatisch. Verbraucher sind dadurch oft ein weiteres Jahr an den Vertrag gebunden. Verträge, bei denen das regelmäßig der Fall …“ Weiterlesen
-
01.01.2022 Rechtsanwalt Ansgar Dittmar„… für die Digitalisierung: Ab dem 01. Januar 2022 können Sie sich bequem von zu Hause aus arbeitslos melden! Bislang war das nur für die Meldung direkt nach Erhalt einer Kündigung möglich …“ Weiterlesen
-
30.12.2021 Rechtsanwalt Fabian Heyse„Können Arbeitgeber oder Arbeitnehmer in der Probezeit fristlos kündigen? Welche Kündigungsfristen sind bei einer Probezeitkündigung einzuhalten? Gelten während einer Ausbildung andere Regelungen für …“ Weiterlesen
-
21.06.2022 Rechtsanwalt Mirco Lehr„… mit einer Kündigungsfrist von nur zwei Wochen kündigen. Wie lang darf die Probezeit sein? Arbeitgeber und Arbeitnehmer können frei vereinbaren, ob es eine Probezeit geben soll. Wird eine Probezeit …“ Weiterlesen
-
17.12.2021 Rechtsanwalt Fabian Heyse„… “ haben. Außerordentliche fristlose Kündigungen ohne Grund sind nur während der Probezeit in der Berufsausbildung zulässig, und zwar sowohl durch den Ausbilder als auch durch den Auszubildenden …“ Weiterlesen
-
18.12.2021 Rechtsanwalt Dr. Matthias Dühn LL.M.„… Orientierung geben. 1. Fehler bei der Einstellung und Kündigung von Mitarbeitern: Bei der Einstellung vietnamesischer Mitarbeiter gilt zunächst, dass sich aus Lebensläufen (CVs) im Bewerbungsverfahren …“ Weiterlesen
-
18.03.2024 Rechtsanwalt Florian Rimpf„… zugesichert wurde, oder möchte er sich aus anderweitigen Gründen wieder von dem Vertrag lösen und diesen kündigen, wird ihm dieser Verzicht auf sein Widerrufsrecht entgegengehalten. Rechtliche …“ Weiterlesen
-
10.12.2021 Rechtsanwalt Fabian Heyse„… mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen ordentlich kündigen – ohne Angabe von Gründen. In den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses greift der gesetzliche Kündigungsschutz noch nicht. Für …“ Weiterlesen