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Recht stürmische Zeiten

  • 6 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Der Herbst ist bekannt dafür, dass es in dieser Jahreszeit manchmal turbulent zugeht. Ist der Sommer bereits überwiegend ins Wasser gefallen, muss auch im Herbst mit einer Zunahme der Luftfeuchtigkeit bis hin zur Tropfenbildung gerechnet werden. Schlechtes Wetter droht deshalb oft auch in rechtlicher Hinsicht - ob nun für Fußgänger, Autofahrer, Hausbesitzer, Modebewusste und viele andere mehr. Damit Sie den Herbst unbeschwert genießen können, hat Ihnen die Redaktion von anwalt.de eine herbstlich bunte Mischung an rechtlich wasserdichten Tipps zusammengestellt.

[image]Vorsicht Pfütze!

Gegen Wasser von oben hilft ein Regenschirm. Doch nicht immer kommt das Nass aus dieser Richtung: Pfützen am Straßenrand können Fußgängern und Autofahrern das Leben schwer machen. So zog ein Passant bis vor das Landgericht (LG) Itzehoe, weil er von einem Auto, das eine Pfütze durchfuhr, patschnass gespritzt worden war. Er war der Ansicht, der Autofahrer hätte die Pfütze mit Schrittgeschwindigkeit durchfahren müssen. Aber das Landgericht Itzehoe entschied zulasten des Fußgängers und zugunsten des Autofahrers (LG Itzehoe, Beschluss v. 24.02.2011, Az.: 1 S 186/10). Nicht auszudenken, welche Folgen ein anders lautendes Urteil für den fließenden Verkehr gehabt hätte und ab jetzt jede Pfütze im Schneckentempo passiert werden müsste!

Aquaplaning einplanen

Bei starken Niederschlägen sollten Auto- und Motorradfahrer trotzdem nicht zu schnell fahren. Sonst kann es sein, dass sie sich schneller niedergeschlagen fühlen, als sie vom Gas gehen können. Spurrillen und verstopfte Straßenabflüsse begünstigen Aquaplaning. Ins Schleudern geraten kann man wegen des tückischen Wasserfilms schon ab einer Geschwindigkeit von 60 km/h. Bund, Länder und Gemeinden haften für Aquaplaningunfälle im Normalfall nicht (LG Mainz, Urteil v. 24.02.2005, Az.: 4 O 76/04). Für fahrlässig verursachte Schäden kommt die Kfz-Versicherung auf. Nur bei grob fahrlässigem Handeln und Vorsatz muss sie nicht zahlen. Will sich die Versicherung aus der vertraglichen Leistungspflicht nehmen, muss sie dann aber beweisen können, dass zum Unfallzeitpunkt auf der Fahrbahn tatsächlich eine Wasserdecke vorhanden war (LG Bielefeld, Urteil v. 15.05.2007, Az.: 6 O 22/06).

Jederzeit bremsbereit

Wenn zum Abend hin oder in den frühen Morgenstunden dicke Nebelschwaden die Landschaft verhüllen, kann diese idyllische Ruhe trügen. Autofahrer müssen dann nicht nur das Sichtfahrgebot beachten. Zu dieser Jahreszeit kann es wild zugehen. In den mit „Wildwechsel“ ausgeschilderten Gebieten und auch generell auf ländlichen Straßen sollte man wegen kreuzenden Wildes besonders konzentriert fahren und jederzeit bremsbereit sein. Über die Teilkaskoversicherung sind Wildunfälle nur beim sog. Haarwild gemäß § 2 Bundesjagdgesetz versichert, also zum Beispiel Rot-, Reh-, Schwarz- und Damwild, Fuchs, Wildschwein, Marder, Wiesel, Hasen und Kaninchen. Die Vollkasko übernimmt auch Schäden mit Federwild, also Fasan, Truthahn etc. Wer einen Unfall wegen eines Eichhörnchens hat, bleibt allerdings auf den Schadenskosten sitzen (LG Coburg, Urteil v. 29.06.2010, Az.: 23 O 256/09).

Wie geronnen, so zerronnen

Doch nicht nur auf den Straßen macht Regen Probleme. Auch Immobilieneigentümern kann ein Rinnsal manchmal wirklich Qualen bereiten. So geschehen in einem Fall beim Landgericht Coburg: Weil eine Regenrinne gebrochen war, musste ein Hauseigentümer sie austauschen und eine Inspektion durchführen lassen. Die Kosten in Höhe von 8700 Euro sollte seine Gebäudeversicherung erstatten. Doch die weigerte sich. Und die Richter gaben dem Versicherer Recht. Denn über die Gebäudeversicherung sind nur Rohrleitungen abgesichert, die an das Abwassersystem des Hauses angeschlossen sind. Weil über die Dachrinne das Regenwasser zum Versickern ins Erdreich abgeleitet wurde, guckte der Hauseigentümer wegen der Regenrinne in die Röhre (LG Coburg, Urteil v. 16.03.2010, Az.: 23 O 786/09).

Nicht alles Gute kommt von oben

Bevor es richtig stürmisch wird, sollten Hauseigentümer das Dach gründlich vom Fachmann kontrollieren lassen, nicht nur wegen Wasserschäden, sondern auch, um möglichst zu verhindern, dass Ziegel herunterfallen und Schaden anrichten. Denn Dachschäden von Dachschäden sind möglich, das zeigt dieses Beispiel: Bei einem Sturm hatte sich ein Dachziegel gelöst, war genau auf einem vor dem Haus geparkten Auto gelandet und beschädigte das Autodach. Bei einem Sturm ab Windstärke 8 inklusive Windspitzen bis zur Stärke 12 gehen Gerichte davon aus, dass das Dach fehlerhaft war und der Gebäudeeigentümer seinen Verkehrssicherungspflichten nicht ausreichend nachgekommen ist. Er muss also nachweisen können, dass er das Dach ausreichend kontrolliert und instand gehalten hat. Nur wenn es sich um extreme Naturereignisse handelt, die auch ein ordnungsgemäß intaktes Dach nicht unbeschadet überstanden hätte, kann ausnahmsweise anderes gelten (LG Koblenz, Urteil v. 22.09.2006, Az. 13 S 16/06).

Schwankender Preis, feste Bestellung

Damit sie für die kälteren Tage gewappnet sind, ordern viele Hauseigentümer jetzt ihr Heizöl. Die Bestellung erfolgt aus praktischen Gründen meist per Telefon, online, per E-Mail oder Fax. Man sollte sich aber gut überlegen, bei welchem Öllieferanten man bestellt. Denn hier gilt die Faustregel: Bestellt ist bestellt. Obwohl solche Bestellungen Fernabsatzgeschäfte sind, hat der Kunde ausnahmsweise kein 14-tägiges Widerrufsrecht. Gemäß § 312d Absatz 4 Nr. 6 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist Heizöl eine Ware, die auf dem Finanzmarkt gehandelt wird und von Kursschwankungen abhängig ist. Die Preise können sich bei Rohstoffen in kürzester Zeit ändern, worauf der Öllieferant keinen Einfluss hat (LG Duisburg, Urteil v. 22.05.2007, Az.: 6 O 408/06).

Ölzeug ist nicht gleich Ölzeug

Anders als beim Heizöl hat man beim Online- oder Telefonkauf von Regenmantel & Co. ein Widerrufsrecht von 14 Tagen. Das ist ein Glück, falls der Schuh mal drückt. Regen, Wind und Nässe kann nur etwas Gutes abgewinnen, wer mit der richtigen Ausrüstung vorgesorgt hat. Naturliebhaber wissen zuverlässige Gummistiefel und den Friesennerz zu schätzen. Mit der Anprobe sollte man es trotzdem nicht übertreiben. Denn wird der Stiefel beschädigt, muss der Käufer unter Umständen Wertersatz leisten, wenn er darüber vor Vertragsabschluss vom Verkäufer ordnungsgemäß belehrt wurde (Bundesgerichtshof, Urteil v. 09.12.2009, Az.: VIII ZR 219/08). Gegen ein paar Kratzer an der Schuhsohle ist bei teuren Lederschuhen nichts einzuwenden. Das gilt wohl auch für Gummistiefel. Und wenn sie passen wie angegossen, steht dem Schlammbad nichts mehr im Wege.

Kuschelalarm vor Gericht

Natürlich geht auch am Kleiderschrank der Wechsel der Jahreszeiten nicht spurlos vorüber. Bei der Inventur werden Bikini, Flipflops und Minirock aus dem Schrank verbannt und haben Pullover, Wollschal und Flanellhose Platz zu machen. Möglicherweise müssen einige Textilien aber zuerst in die Reinigung. Wegen eines Angorapullis kam es vor dem Amtsgericht (AG) Nordhorn zu einem Rechtsstreit, der sich gewaschen hatte. Der Lieblingspulli einer Frau war in der chemischen Reinigung verloren gegangen. Zwar war in den allgemeinen Geschäftsbedingungen die Haftung im Fall des Verlusts des Reinigungsgutes auf das 15-fache des Reinigungspreises beschränkt. Doch das AG Nordhorn sprach ihr den vollen Schadensersatz für den Pullover zu: Nur wenn dem Kunden vor Vertragsschluss eine entsprechende Zusatzversicherung angeboten wird, ist eine solche Haftungsbeschränkung zulässig (AG Nordhorn, Urteil v. 29.05.1985, Az.: 3 C 368/85).

Beim Abheben Abstand halten

Im Herbst ist das Drachensteigen ein Spaß für Groß und Klein. Bei diesem Freizeitvergnügen sollte man wichtige Sicherheitsregeln beachten. Ohne eine Genehmigung der zuständigen Luftfahrtbehörde darf man Drachen nicht höher als 100 Meter steigen lassen, § 16 Luftverkehrsordnung (LuftVO). An Flughäfen, Landeplätzen und Segelfluggeländen ist Drachensteigen in einem Umkreis von drei Kilometern nicht erlaubt, im weiteren Umkreis nur mit einer deutlich niedrigeren Steighöhe. In der Nähe von Strommasten, Bahnstrecken und Straßen ist Drachensteigen ebenfalls tabu. Hier sollte man mindestens das Doppelte der Schnurlänge an Abstand einhalten. Gerade wenn die Drachenschnur nass ist, besteht extreme Gefahr wegen der Hochspannung.

Nicht zu weit aus dem Fenster lehnen

Zur Herbstzeit sind Drachen nicht das Einzige, was in luftige Höhen steigen kann. Das musste ein Münchner erfahren, der während des Sturms Kyrill einen Blick durch die geöffnete Balkontür riskieren wollte. Kaum hatte er seinen Kopf durch die Tür gestreckt, riss der Sturm prompt sein Haarteil mit sich. Die Hausratversicherung musste für den Sturmschaden allerdings nicht einspringen. Über sie sind nur Schäden abgesichert, die im Gebäude abhandenkommen. Dem Mann wurde zum Verhängnis, dass er seinen Kopf über die Gebäudewand hinaus ins Freie gereckt hatte. Dass sich sein restlicher Körper im Haus befand, spielte keine Rolle (AG München, Urteil v. 08.01.2008, Az.: 261 C 29411/07). Ebenso fiel ein Urteil des Amtsgerichts Landsberg am Lech aus: Bei einem Blick durchs geöffnete Fenster war einem Mann die Brille vom Sturm weggeweht worden (AG Landsberg am Lech, Urteil v. 16.06.2009, Az.: 1 C 327/09). Wer etwas zu verlieren hat, sollte sich in der stürmischen Jahreszeit also besser nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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