10 fundamentale IP-Empfehlungen: 9. Nutzen Sie die Markenpsychologie!

  • 10 Minuten Lesezeit

Meine bisherigen IP-Empfehlungen in dieser Serie: 


1. Vermeiden Sie diesen existentiellen Fehler!

2. Kennen Sie Ihre Schutzmöglichkeiten!

3. Priorisieren Sie die frühe IP-Generierung!

4. Folgen Sie einer IP-Strategie!

5. Vergessen Sie den Designschutz nicht!

6. Vergessen Sie das Gebrauchsmuster nicht!

7. Verstehen Sie die vielfältigen Varianten des Schutzes von technischen Erfindungen!

8. Machen Sie sich mit IP-Finanzierung und Monetarisierung vertraut!



Doch nun zur Marke und deren Psychologie:


Natürlich wissen Sie, dass Sie die Marken, Logos, Handelsnamen und Schlagworte Ihres Unternehmens amtlich registrieren sollten, damit Ihre Konkurrenz keine ähnlichen Marken benutzen kann und Verwechslungen und dadurch Rufschädigungen verursacht. Im Übrigen können registrieren Marken im Falle einer Verletzung leichter durchgesetzt werden.


Gut eingeführte und durchsetzbare Marken bieten mehrere Nutzungsszenarien:


Da wäre zunächst der § 14 (2) MarkenG, der Ihnen das gerichtlich durchsetzbare Recht gewährt, Dritten zu untersagen, Ihre registrierte Marke im geschäftlichen Verkehr identisch oder in verwechselbarer Weise zu benutzen. Daneben können Marken als Immaterialgüter verkauft und lizensiert werden oder bei der IP-Finanzierung eingesetzt werden. Schließlich sind Marken eines der beständigsten und wertvollsten Wirtschaftsgüter, das Innovations- und Produktzyklen überdauern und als immaterieller Vermögenswert einen erheblichen Anteil am Unternehmenswert haben kann.


Warum sind Marken wichtig für KMUs?


Der teilweise überragende Wert einer Marke entspringt natürlich nicht nur aus deren Funktion, Ihre Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt identifizierbar und unterscheidbar zu machen. Häufig viel wichtiger als diese wettbewerbsrechtlichen Funktionen sind die verkaufs- und konsumpsychologischen Wirkungen von Marken:


  • Erst durch Marken schaffen Sie Ihren Markt, indem Sie Ihren Kunden einen emotionalen Anknüpfungspunkt bieten. Ihre Marken bündeln den guten Ruf Ihres Unternehmens und Sie treten über Ihre Marken mit Ihren Kunden in eine Beziehung ein, die idealerweise weit über die einer geschäftsmäßigen Anbieter/Kunden-Beziehung hinausgeht.


  • Über Marken steuern Sie Kaufentscheidungen, denn sie generieren Aufmerksamkeit und vermitteln Ihren Kunden positive Emotionen und ein positives Image für Ihre Produkte und Dienstleistungen.


  • Marken schaffen persönliche Bindungen und Loyalitäten zwischen Ihren Kunden und Ihren Produkten, die weit über die Qualitäten Ihrer Produkte und Dienstleistungen hinausgehen. Bei besonders starken Markenbindungen werden aus Kunden „Jünger“, die eine quasi-religiöse Verbundenheit verspüren.  


Die Macht der Emotionen 


Das Kernelement einer erfolgreichen Marke ist immer die Stimulation von positiven Emotionen bei der Zielgruppe. Zum Beispiel haben Sie Ihre Zahnpastamarke kaum aus rationalen Gründen gewählt, etwa weil die am besten vor Karies schützt (was Sie in der Regel gar nicht beurteilen können) oder weil sie am preiswertesten ist. Vielmehr spricht Sie irgendetwas emotional an und Ihnen wird Vertrauen vermittelt  oder ein Gefühl der Zugehörigkeit. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Sie Ihre Zahnpasta wegen eines Versprechens von Frisch und Gesundheit und Freundschaften gewählt haben, oder weil die Marke familiäre Werte vermittelt, die Sie teilen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass  fMRT-Studien nahelegen, dass Marken hauptsächlich aufgrund von Emotionen wirken, und nur nachrangig aufgrund von Fakten und nachprüfbaren Informationen.


Das ist zwar keine neue Erkenntnis, aber dennoch eine, die vor allem Start-Ups und KMUs bei der Markenbildung nicht ausreichend nutzen. Viel zu oft stehen bei deren Marken Sachaspekte im Vordergrund, etwa neue Produktmerkmale oder -eigenschaften, anstatt die Identität oder das Wertesystem der gewünschten Zielgruppe. Ihre Marken sollten vielmehr eine Geschichte erzählen, mit der sich Ihre Zielgruppe identifizieren kann, denn das hat einen überragenden Einfluss auf Kaufentscheidungen.  


Markenidentität 


Markenidentität ist ein Begriff aus dem Marketing. Er bezieht sich auf die individuellen Eigenschaften, die einer Marke die Fähigkeit verleihen, eine Bindung zu Konsumenten herzustellen. 


Der Begriff der "Identität" ist dabei sehr zutreffend, denn im Idealfall wird eine Marke quasi mit menschlichen Eigenschaften aufgeladen, die die Identifizierung mit ihr erlauben und die, ähnlich einer Freundschaft, Vertrauen und Loyalität bewirken.


Die Markenidentität wird geprägt durch verschiedene Aspekte, wie etwa


  1. Visuelle Elemente: Logos, Farben, Schriftarten und Designs, die die Marke repräsentieren.
  2. Kommunikationsstil: Ton, Sprache und Botschaften, die in der Werbung und Kommunikation mit Kunden verwendet werden.
  3. Markenpersönlichkeit: Die emotionalen und menschenähnlichen Eigenschaften, die mit der Marke verbunden sind, z.B. humorvoll, ernst, luxuriös oder bodenständig.
  4. Markenwerte: Die grundlegenden Überzeugungen und Prinzipien, die die Marke vermittelt.
  5. Markenversprechen: Das Versprechen, das die Marke ihren Kunden gibt, in Bezug auf Qualität, Service und Leistung.


Eine erfolgreiche Markenidentität ist emotional kohärent und konsistent mit der kollektiven Identität der Zielgruppe. Dadurch gewinnt sie das Vertrauen der potenziellen Kunden und schafft bzw. stärkt die Beziehung zu ihnen.


Als eine der weltweit erfolgreichsten Marken hat Apple eine einzigartige Markenidentität aufgebaut, die genau die richtige Zielgruppe in genau der richtigen Weise anspricht.


Im Jahr 2006 startete Apple seine "Get a Mac" Kampagne. Die Kampagne umfasste eine Reihe von Werbespots, in denen sich ein leger gekleideter junger Mann mit den Worten "Hi, I'm a Mac" vorstellte, während sein älterer, langweilig wirkender Gesprächsparte mit Blazer und Brille „And I am a PC“ ergänzte. Damit wurde suggerierte, dass Sie mit der Wahl des Computers auch Ihre Identität bestimmen. Natürlich wollen Sie jung und cool sein, und greifen zum Mac. Diese Kampagne, die rein gar nichts über Qualität der Funktionalität aussagte, war ein großer Erfolg für Apple und setzte ein sympathisches emotionales Image, das die Marke seitdem konsistent aufbaut und kultiviert.


Farbe.  Die Farbspsychologie spielt im Marketing eine kaum zu unterschätzende Rolle. Sie rufen bei Verbrauchern Stimmungen, Emotionen und Reaktionen hervor. Blau wirkt zum Beispiel kühl, beruhigend, während Rot eher emotional und aufregend wirkt. Auch wenn die Farbpsychologie ein kulturabhängiges Konzept ist, sollten Sie gut überlegen, welche Farbe am besten bei Ihrer Zielgruppe ankommen, d.h. positiv mit deren (kollektiver) Identität interagieren. In diesem Zusammenhang sind A/B-Tests ein nützliches Instrument, um die Wirksamkeit verschiedener Farbschemata in Ihren Marketingmaterialien zu bewerten.


Wiederholung und Konsistenz.  Zum Aufbau von Vertrauen und Loyalität ist ein konsistenter, stimmiger Markenauftritt wichtig, damit Sie ihre emotionale Botschaft nicht verwässern oder beschädigen. Sie sollten Ihre Marken auf allen Plattformen und in allen Medien einheitlich darstellen, so dass der Wiederholungs- und Gewöhnungseffekt wirken kann. Konsistenz und Wiederholung fördert ein Gefühl der Vertrautheit bei Ihrer Zielgruppe und trägt dazu bei, das Versprechen Ihrer Marke, sei es Qualität, Zugehörigkeit, Image oder etwas anderes, im Bewusstsein Ihrer Zielgruppe zu verankern.


Kreativität und Einzigartigkeit.  Bei der Markengestaltung sollten Sie jedoch keineswegs schematisch vorgehen, denn es gibt keinen Standard für den Aufbau einer überzeugenden Marke. Im Gegenteil, eine kalkulierte Abweichung von der Norm kann Ihrer Marke helfen, sich abzugrenzen und Identität aufzubauen.  



Identität und Zugehörigkeit


Die Psychologie weiß seit langem, dass Identität und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit die stärksten sozialen Konzepte sind, über die wir das Allerwichtigste in unserem Leben definieren, nämlich uns selbst. Deshalb sind Marken dann erfolgreich, wenn deren Markenidentität diese Bedürfnisse bei der gewünschten Zielgruppe positiv unterstützt.


Identität


Der Mensch sieht die Welt immer und unweigerlich durch die Linse seiner Identität. Das Bild der Realität eines Jeden wird abhängig von der eigenen Identität konstruiert, denn jede kognitive Wahrnehmung wird relativ zur eigenen Identität gefiltert, verarbeitet und abgespeichert. Deshalb wird auch die Wahrnehmung von Marken unbewusst auf ihre Kompatibilität mit der eigenen Identität geprüft und jede (Kauf-) Entscheidung ist davon beeinflusst.


Eine erfolgreiche Marke interagiert deshalb mit der (kollektiven) Identität der gewünschten Zielgruppe und steht mit entspricht deren Werten, Überzeugungen und Selbstbildern im Einklang, so dass ein tiefes Gefühl der Verbundenheit und Loyalität geschaffen wird.


Zugehörigkeit


Erfolgreiche Marken erschaffen ein Zugehörigkeitsgefühl bei der Zielgruppe, das deren sozialer Identität anspricht. Die soziale Identität ist die Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen und die Identifikation mit ihren Werten, etwa einer Bildungsschicht, eines Sportvereins, einer politischen Gruppierung, einer intellektuellen Bewegung, eines Berufsverbands etc. Die soziale Identität ist für Marken sehr relevant, denn die Gruppenzugehörigkeit beeinflusst Entscheidungen und Vorlieben des Einzelnen.


Als Beispiel sei die Entscheidung für oder gegen den Kauf von relativ teuren Solarzellenmodulen genannt, denn diese Kaufentscheidung ist Studien zufolge weniger von Wohlstand, Umweltbewusstsein oder politischer Einstellung abhängig, sondern in erster Linie davon, ob die Nachbarschaft Solarzellenmodule auf ihren Dächern hat. 


Viele Werbekampagnen stützen sich deshalb auf die soziale Identität, indem sie Zielkunden suggerieren, dass deren soziale Gruppe(n) das Produkt schätzt. Gesundheitsbewusste Mütter sprechen zum Beispiel eher auf Werbung an, die deren soziale Identität thematisieren, als auf Sachargumente betreffend die familiäre Gesundheit.  



Die Macht der Verhaltenspsychologie


Die Verhaltenspsychologie weiß, dass Menschen ihre Identität zum Ausdruck bringen und sich ihrer vergewissern möchten. Sie möchten, dass ihr Selbstbild bestätigt und wahrgenommen wird. Genau hier setzen erfolgreiche Marken an, denn sie sind einerseits Mittel zur Bestätigung des Selbstbildes und andererseits auch Mittel zu Kommunikation desselben.


Marken vermitteln deshalb häufig Persönlichkeitsmerkmale, die sich der Konsument selbst zuschreibt, etwa jung, technisch versiert, intellektuell, individuell, weltoffen, sexy, cool, umweltbewusst, sportlich, wohlhabend oder ähnliches.


Diese zunächst eher abstrakte Erkenntnis sollte in eine Marketingstrategie einfließen, die einige der nachfolgenden Elemente einbeziehen sollte:


1. Verstehen Sie das Entscheidungsumfeld Ihrer Kunden: Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Kunden und berücksichtigen Sie den Kontext, in dem sie Ihr Produkt oder Ihrer Dienstleistung nutzen. Ihre Marke sollte sie in diesen Kontext einfüge.


2. Verstehen Sie den „Mind Set“ der Entscheidungsfindung: Ermitteln Sie die Emotionen Ihrer Kunden beim Gebrauch Ihres Produkts oder Ihrer Dienstleistung, etwa Wünsche, Ziele, Motivationen. Ihre Marke sollte diese Emotionen bedienen bzw. befriedigen.


3.  Führen Sie Marktforschung durch:  Sammeln Sie Daten über Ihre Zielgruppe, die Ihnen zielgerichtete Marketingmaßnahmen erlauben.


4.  Bauen Sie eine Community rund um Ihre Marke auf, um das Zugehörigkeitsgefühl Ihrer Kunden zu fördern. Durch Angebote in den sozialen Medien oder Events gelingt es Ihnen, dass Ihre Kunden untereinander in Kontakt treten und sie in Ihr Marketing zu integieren, um so Zugehörigkeit und Identifikation zu schaffen.


5.  Nutzen Sie Storytelling:  Erzählen Sie eine Geschichte, die eine emotionale Bindung zu Ihren Kunden aufbaut. Storytelling vermittelt Werte, Mission und Identität Ihrer Marke auf eine Weise, die für Kunden attraktiv und zwanglos zu konsumieren ist. Nutzen Sie die Möglichkeiten des Online-Marketing, wie etwa Video- und Blogbeiträge sowi andere Inhalte in den sozialen Medien.


6.  Nutzen Sie „Social Proof“, also die Neigung von Menschen, den Entscheidungen anderer zu folgen. Die einfachste Weise, sich dieses psychologische Konzept zunutze zu machen, sind authentische Erfahrungsberichte von Kunden, Rezensionen oder Befürwortungen von Meinungsmachern und Branchenexperten in den Medien.


7.  Nutzen Sie das Macht der Knappheit, denn Menschen schätzen etwas umso mehr, je mehr es nur in begrenzter Menge vorhanden zu sein scheint. Das Gefühl der Dringlichkeit und der Exklusivität betreffend Ihre Produkte oder Dienstleistungen wird Kunden zum schnelleren und entschiedeneren Handeln bewegen. Zeitlich begrenzte Angebote und exklusive Deals helfen Ihnen dabei, Ihre Marke emotional von denen der Konkurrenz zu unterscheiden.


8.  Schaffen Sie besondere Markenerlebnisse, um in einem gesättigten Markt herauszustechen. Dies erreichen Sie etwa durch außergewöhnlichen Kundenservice, innovative Produktangebote oder ansprechende, kreative Marketingkampagnen. Indem Sie die Erwartungen Ihrer Kunden immer wieder übertreffen, stärken Sie Bindung langfristige Loyalität.


Fazit


Wenn Sie auch nur einen Aspekt aus diesem Artikel mitnehmen, dann sollte die die überragende Bedeutung von Identität und Zugehörigkeit sein. 


Wirksame Markenidentitäten werden nicht ein für alle Mal kreiert, sondern über Jahre erschaffen. Nutzen Sie als Start-Up oder KMU von Anfang an und konsequent die kurz angerissenen Möglichkeiten der Marken- und Verhaltenspsychologie, um tiefe Bindung zu ihren Kunden aufzubauen und deren Loyalität zu verdienen. Begehen Sie nicht den Fehler vieler Start-Ups, die diesen Aspekt anfangs vernachlässigen, vielleicht mit ad hoc Marken an den Markt gehen und dann wichtige Marktchancen verspielen.


Mit den hier angesprochenen Schlüsselkonzepten können Sie eine starke Markenpräsenz aufbauen und stabile Kundenbindungen schaffen, die zu langfristigem Wachstum und Erfolg führen.


Bei Klunker IP sind wir zwar Markenanwälte und keine Marketingexperten, aber sprechen Sie mich trotzdem bei Bedarf an, wir stehen in Kontakt mit Fachleuten, die Ihnen diesbezüglich helfen können.  


Was die rechtliche Seite betrifft, Sie wissen ja bereit aus früheren Beiträgen (hier, hier), dass es besonders für KMUs und Start-ups sehr wichtig ist, Marken und andere Schutzrechte frühzeitig anzumelden, um potenziellen Konflikten und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen. Eine eingetragene Marke ist ein wertvolles immaterielles Vermögensrecht, das den Wert Ihres Unternehmens steigert und bei Investoren und Kunden Vertrauen schafft.


Klunker IP Patentanwälte


Wenn Sie eine Marke anmelden wollen oder eine strategische Beratung benötigen, sprechen Sie uns an. Wir sind IP-Experten und helfen Ihnen gerne dabei, die Verfügbarkeit zu prüfen, die Unterscheidungskraft herzustellen und die Verwechselungsgefahr auszuschließen. 

Seit 1985 sind wir für unsere Mandanten weltweit in allen Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes tätig und bieten seitdem Einzelerfindern, Start-Ups, KMUs und Konzernen maßgeschneiderte Lösungen an.

Gerne entwickeln wir auch für Sie eine Markenstrategie, die die emotionale Bindung Ihrer Kunden an Ihr Unternehmen und Ihre Produkte und Dienstleistungen fördert. 

Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir stehen Ihnen als vertrauenswürdiger Partner gerne zur Seite.

Foto(s): Lexica Commercial License

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