18-jährige beraubt 91-jährige - Schwere der Schuld im Jugendstrafrecht

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Wann und warum Jugendstrafrecht?


Warum gibt es das Jugendstrafrecht mit seinen abweichenden Regelungen? Im Jugendgerichtsgesetz (JGG) sind andere Sanktionen sowie Verfahrensvorschriften für Jugendliche geregelt. So soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Jugendlichen grundsätzlich noch nicht die Verantwortungsreife eines Erwachsenen besitzen. 


Für Jugendliche im Alter von 14-17 gilt das Jugendstrafrecht immer. Unter Umständen gilt das Jugendstrafrecht zudem auch für Heranwachsende im Alter von 18-20 Jahren. Die Sanktionen im Jugendstrafrecht können in Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und die Jugendstrafe unterteilt werden. Die härteste Sanktion, die Jugendstrafe, ist im § 17 JGG normiert und wird bei schädlichen Neigungen beim Jugendlichen oder bei der Schwere der Schuld verhängt:


„Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.“


Überfall einer 91-jährigen


Wann die Schwere der Schuld festzustellen ist, musste der Bundesgerichtshof (2 StR 122/23) in seinem Beschluss vom 02. August 2023 entscheiden. Nach den vorliegenden Feststellungen plante eine der drei Angeklagten, der 91-jährigen Geschädigten, die sie über einen Pflegedienst kennenlernte, Geld zu entwenden. Mit ihrer Tochter und ihrer 18-jährigen Nichte fasste sie den Plan, bei einem der gelegentlichen Besuche den Schlüssel zu entwenden. Mit diesem sollten die zwei weiteren Angeklagten (Tochter und Nichte) dann in die Wohnung eindringen und das Geld entwenden. 


Das setzten sie dann auch in die Tat um, wobei die beiden Angeklagten zusätzlich einen Hammer mitnahmen und der Geschädigten diesen vorhielten, um ihr Angst zu machen und jegliche Gegenwehr zu unterbinden. Bei der Tat konnten sie 1.500,00 € erbeuten. Vor der Tat äußerte die 18-jährige Angeklagte gegenüber der anderen Angeklagten Zweifel und innere Ablehnung in Bezug auf die Tat. Die beiden Angeklagten, die die Tat durchführten, verurteilte das Landgericht wegen besonders schweren Raubes. Bei der 18-jährigen Angeklagten wurde die Schwere der Schuld abgelehnt und keine Jugendstrafe verhängt.


Entscheidung des Bundesgerichtshofes


Die Ablehnung der Schwere der Schuld beanstandete die Staatsanwaltschaft in der eingelegten Revision. In seinen Urteilsgründen erklärte der Bundesgerichtshof zunächst, dass bei der Beurteilung der Schuldschwere eine jugendspezifische Gesamtabwägung vorzunehmen ist, wobei die Schwere der Schuld nicht vorrangig anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat festzustellen ist. Vielmehr kommt es vor allem auf die innere Tatseite an. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat kann aber Schlüsse auf die innere Tatseite zulassen. 


Das Landgericht Aachen lehnte die Schwere der Schuld bei der Angeklagten ab, da diese sich innerlich ablehnend gezeigt hat. Dem stimmt der Bundesgerichtshof jedoch nicht zu, da dies mit den weiteren Urteilsgründen nicht in Einklang steht. Demnach beruht die zögerliche Haltung, die das Landgericht festgestellt hat, vielmehr auf der Furcht vor einer Entdeckung als der Empathie zu der Geschädigten. Das stellte das Landgericht in ihren Ausführungen zu schädlichen Neigungen selber fest.


Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht


Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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