3 Dinge, die Sie über eine Fremdbluttransfusion wissen sollten

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  1. Eine Fremdbluttransfusion beinhaltet (erhebliche) Risiken.
  2. Dennoch kann sie unumgänglich sein.
  3. Die Blutspende bleibt unverändert wichtig.

Im Detail:

1. Eine Fremdbluttransfusion beinhaltet (erhebliche) Risiken

Seit über 100 Jahren gehört die Transfusion roter Blutzellen bei Blutarmut (Anämie) mittels Blutkonserve (Erythrozyten-Konzentrat, kurz: EK) zum medizinischen Standard. Jährlich werden in Deutschland etwa 4 bis 5 Mio. EKs verabreicht. Wegen der neu bekannt gewordenen erheblichen Risiken wird diese Zahl deutlich reduziert werden müssen. Nicht zuletzt, weil jede Transfusion als eine kleine Organtransplantation gilt.

Die Indikation für eine solche Fremdbluttransfusion kann aus einem akuten Blutverlust (bspw. durch Unfall oder Operation) oder aus einer chronischen Erkrankung (bspw. Anämie, Hämoblastose, Agranulozytose) folgen.

Bisher bekannte Risiken

Zu den bisher bekannten Risiken gehören dabei u.a. insbesondere

  • die HIV-Infektion,
  • die Hepatitis-Infektion,
  • die Verwechselung der Blutkonserven.

Diese Risiken sind aber heute durch sorgfältige Spenderauswahl, molekularbiologische Testverfahren und Organisationsstrukturen so gering wie niemals zuvor.

Weitere Risiken

Die weiteren Risiken sind noch nicht abschließend erforscht. Sie waren bisher in Deutschland auch nur in bestimmten Medizinerkreisen bekannt. Erst durch die Initiative des Universitätsklinikum Frankfurt am Main, das sich über die Medien an die fachliche und nicht fachliche Öffentlichkeit gewandt hat (ARD, 24.11.2014: „Böses Blut – Kehrtwende in der Intensivmedizin“), sind sie nun auch Nichtmedizinern zugänglich gemacht worden.

Die weiteren Risiken für Komplikationen und mögliche Spätfolgen, die in den Zusammenhang mit Fremdbluttransfusionen gebracht werden, sind u.a. insbesondere

  • erhöhte Infektionsgefahr,
  • Nierenversagen,
  • Verschlechterung der Lungenfunktion,
  • Herzinfarkt,
  • erhöhtes Krebsrisiko,
  • erhöhte Sterblichkeit.

Weltweit haben sich mehrere hundert Studien mit diesen Risiken auseinandergesetzt. Allein dem Krebsrisiko und/oder dem Infektionsrisiko haben sich seit 1981 über 150 klinische Studien gewidmet. Die Ergebnisse der Studien sind zwar noch nicht ausreichend, um exakte und belastbare Zahlen zu der konkreten Höhe der Einzelrisiken zu ermitteln. Sie genügen jedoch, um einen einschneidenden Bewusstseinswechsel im Umgang mit den EKs herbeizuführen. Der früher bestehende Grundsatz „Ein EK ist kein EK“ wird allmählich abgelöst durch die Einsicht in die Notwendigkeit höchster Zurückhaltung im Umgang mit EKs.

In Aufklärungsbögen und auf den Blutkonserven selbst wird auf die neu öffentlich gewordenen Risiken bisher nicht hingewiesen. Dies muss und wird sich ändern; nicht nur aus medizinisch-ethischen, sondern auch aus rechtlichen Gründen. Denn streng genommen stellt die Verabreichung von EKs – zumindest bei elektiven, also planbaren Eingriffen – ohne Information über die neu öffentlich gewordenen Risiken einen Aufklärungsfehler dar, der auch zur Haftung führen kann.

2. Dennoch kann die Fremdbluttransfusion unumgänglich sein

Obwohl demnach die EK-Verabreichung mit erheblichen Risiken verbunden sein kann, gibt es Situationen, in denen sie medizinisch geboten und unumgänglich ist. Es ist wichtig, dies nicht aus den Augen zu verlieren.

Denn im Falle einer Notfallindikation (bspw. Notoperation bei akuter lebensbedrohlicher Blutung nach Unfall oder Trauma) oder einer vitalen Indikation (bspw. große Operation mit erwartbar hohem Blutverlust) geht es um Leben und Tod. Ein Patient (bzw. sein Angehöriger), der eine derartige Abwägung vorzunehmen hat, wird sich vernünftigerweise für das Leben und damit für die EK-Anwendung entscheiden und die oben genannten Risiken in Kauf nehmen.

Trotz der erheblichen Risiken bleibt die Fremdbluttransfusion also ein ganz elementarer Bestandteil der Notfallmedizin und wird auch ihren unersetzlichen Platz bei chirurgischen Eingriffen behaupten.

Die Folge der neuen Erkenntnisse wird also nicht die vollständige Vermeidung von EKs sein, sondern die unter Umständen deutlich reduzierte Anwendung der EKs.

3. Die Blutspende bleibt unverändert wichtig

Weil das so ist, kann auch nicht deutlich genug hervorgehoben werden, dass die Blutspende nach wie vor und unverändert wichtig ist.

Es wäre fatal, aus den oben genannten Risiken den Schluss zu ziehen, dass eine Blutspende nicht mehr erforderlich wäre.

Das Deutsche Rote Kreuz gibt an, dass derzeit knapp 3% der Bevölkerung in Deutschland Blut spenden. Dies reiche nicht aus, um 100% der Patienten, die Fremdblut benötigen, zu versorgen. Es bedürfe etwa 6% der Bevölkerung als regelmäßige Dauerspender, wenn die Versorgung mit Blutpräparaten langfristig ausreichend gesichert werden solle.

Selbst wenn die neuen Erkenntnisse nahezu eine Halbierung des Einsatzes von Blutkonserven herbeiführen sollten, bestünde demnach ein höherer Bedarf an Blutspendern, als es sie gegenwärtig gibt.

Malte Oehlschläger, Fachanwalt für Medizinrecht, Anwaltsbüro Quirmbach und Partner, Montabaur


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